Charakter fürs Kino
Michael Gwisdek gestorben
Berlin Mit „Familie Wöhler auf Mallorca“war Michael Gwisdek im Februar 2019 ein Quotensieger im Fernsehen. Mehr als vier Millionen schalteten den ARD-Film ein. Das war typisch für Gwisdeks Karriere: Er war ein Charakterkopf – und zwar einer, bei dem die Leute gerne zuschauten. Und war so bereits zu DDR-Zeiten ein Star, erst am Theater, dann im Kino.
Der 1942 geborene Gastwirtssohn aus Berlin-Weißensee lernte das Schauspielhandwerk an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“– wie viele prominente Kollegen. Sein komödiantisches Talent brachte ihm bald Rollen im Kino ein. Entscheidend waren zwei Arbeiten: Die Literaturverfilmung „Dein unbekannter Bruder“(1982) und das Boxer-Drama „Olle Henry“(1983). Beide Filme gefielen den Zensoren nicht, warfen sie doch ein Schlaglicht auf die Verlogenheit der ostdeutschen Gesellschaft zwischen verordnetem Duckmäusertum und sinnfreier Propaganda. Das Publikum aber, darin geübt, zwischen den Zeilen zu lesen, feierte die Filme und den Hauptdarsteller. 1988 gab Gwisdek sein Regiedebüt mit „Treffen in Travers“, mit seiner damaligen Frau Corinna Harfouch und ihm selbst in den Hauptrollen.
Auch nach der Wiedervereinigung war er im deutschen Kino präsent, in Filmen wie „Good Bye, Lenin“, „Boxhagener Platz“oder „Oh Boy“. 1999 erhielt Gwisdek einen Silbernen Bären als bester Hauptdarsteller in Andreas Dresens „Nachtgestalten“. Seine TrophäenAusbeute war groß und reicht vom Deutschen Filmpreis über den Deutschen Fernsehpreis bis hin zum Grimme-Preis. Denn auch im Fernsehen – „Tatort“etwa oder „Bella Block“– sah man ihn häufig.
Am Dienstag ist er im Alter von 78 Jahren gestorben, nach „kurzer schwerer Krankheit“, wie seine Familie mitteilte.