Mehrheit will keinen Schlussstrich
Studie zu Aufarbeitung der DDR-Geschichte
Berlin 30 Jahre nach der Wiedervereinigung will eine große Mehrheit der Deutschen keinen Schlussstrich bei der DDR-Aufarbeitung ziehen. Nach einer Forsa-Umfrage halten es 83 Prozent für wichtig oder sehr wichtig, sich weiter mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen – etwa in öffentlichen Diskussionen oder im Schulunterricht, wie die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SEDDiktatur am Dienstag mitteilte. Sie hatte die Studie in Auftrag gegeben.
Demnach bejahen gerade Jüngere unter 30 Jahren, die erst nach dem Ende der DDR geboren wurden, die Geschichtsaufarbeitung. Bei den 22bis 29-Jährigen seien es 93 Prozent. Insgesamt halten bei den westdeutschen Befragten 88 Prozent die weitere Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit für wichtig oder sehr wichtig. Bei den Ostdeutschen sind es laut Umfrage mit 80 Prozent etwas weniger.
Die Geschäftsführerin der Stiftung, Anna Kaminsky, meinte zu dem Ergebnis: „Historisches Wissen
Historisches Wissen als „beste Medizin“
ist die beste Medizin gegen den nach wie vor verbreiteten Einheitsfrust.“56 Prozent der Befragten stimmen der Aussage „voll und ganz“sowie „eher“zu, die Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur stärke die Demokratie. Aber auch hier gibt es laut Umfrage Unterschiede: Im Osten sind das 45 Prozent, im Westen 59 Prozent.
In der Umfrage meinen 18 Prozent, in der Bundesrepublik würden die Freiheitsrechte derzeit ähnlich beschnitten wie zuvor in der DDR. Im Osten finden dies mit 29 Prozent mehr als im Westen mit 16 Prozent. Eine deutliche Mehrheit von 80 Prozent der Befragten teilt diese Auffassung aber nicht. Bei der Frage nach dem Zusammenwachsen sind in Ostdeutschland laut Befragung 72 Prozent der Ansicht, dass das Trennende noch überwiegt, während im Westen noch 44 Prozent dieser Ansicht sind. Geschäftsführerin Kaminsky meinte, die Geschichte der Einheit werde zu oft als Verlustoder Defizitgeschichte erzählt. Die Realität der DDR-Wirtschaft werde dabei ebenso ausgeblendet wie die Lebensläufe jener Ostdeutschen, für die das Jahr 1990 zu einem Aufbruch geworden sei.