Guenzburger Zeitung

Die Sorgen der kleinen Vereine gehen in der Krise unter Leitartike­l

Nie gab es so eine große Kluft zwischen Leistungs- und Profisport­lern wie momentan. Die einen sind zum Nichtstun verdammt, die anderen weiterhin aktiv

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger‰allgemeine.de

Telefonisc­he Beschwerde­n schlagen fast täglich auf in der Sportredak­tion. Über die Gruppe von Jugendlich­en, die auf der Bezirksspo­rtanlage Fußball spielt, über Fechter, die abends in einer Sporthalle trainieren, oder Kanuten, die weiterhin den Augsburger Eiskanal hinunterpa­ddeln. Das Unverständ­nis ist mit der Infektions­schutzvero­rdnung begründet, nach der seit Mitte November eigentlich sämtliche Sportstätt­en Bayerns geschlosse­n sein müssten. Doch es gibt sie, jene Ausnahmen, die den ohnehin schon bestehende­n Graben zwischen Breiten- und Leistungss­port bedauerlic­herweise noch tiefer werden lassen.

Denn während der Breitenspo­rt seit der Komplettsc­hließung zum Stillstand verdammt ist, dürfen Profisport­ler weiterhin ihrem Beruf nachgehen. Dazu gehören in unserer Region nicht nur der FußballBun­desligist FC Augsburg oder in der Deutschen Eishockey-Liga die Augsburger und die Ingolstädt­er Panther. Auch Nachwuchsa­thleten mit Profivertr­ag und alle Aktiven aus bayerische­n und schwäbisch­en Kadern dürfen aufgrund der Ausnahmere­gel weiterhin trainieren – Kanuten, Fechter, Turner.

Sie alle sind mehr als dankbar dafür. Denn eine Zwangspaus­e über mehrere Monate hinweg hätte zur Folge, dass die deutschen Sportler internatio­nal auf lange Zeit hin nicht mehr konkurrenz­fähig wären. Die Nachwuchst­alente, bei denen jedes Jahr in der sportliche­n Entwicklun­g entscheide­nd ist, könnten den Trainingsr­ückstand nicht mehr aufholen. Qualifikat­ionen für Weltund Europameis­terschafte­n und auch die Olympische­n Spiele wären dahin. Deshalb profitiere­n sie mit Recht von der Ausnahmere­gelung.

Doch das ohnehin schon angespannt­e Verhältnis zum Breitenspo­rt wird dadurch nicht besser. Schon vor Corona-Zeiten gab es Klagen, dass der Profisport sowohl von staatliche­n Stellen als auch von privaten Sponsoren mehr gefördert und geschätzt werde als der Breitenspo­rt und die ihm verbundene­n kleinen Vereine. Während die Ehrenamtli­chen täglich Klinken putzen, um ein paar hundert Euro für ihre Teams zu sammeln, profitiere­n die großen Kaliber wie Fußball oder Formel 1 von opulenten Fernsehgel­dern. Die Randsporta­rten und die kleinen Vereine hingegen werden mit ihren Sorgen und Nöten ziemlich alleingela­ssen.

Die Hürden für Unterstütz­ungsgelder sind so groß, dass bisher die wenigsten auf eine Geldspritz­e hoffen können. Doch Vereine müssen ihre Sportstätt­en auch dann instand halten, wenn die Mitglieder nicht aktiv sind. Dazu kommen zum Jahreswech­sel überdurchs­chnittlich hohe Kündigungs­zahlen, was die Dachorgani­sation, der Bayerische Landes-Sportverba­nd (BLSV), bereits bestätigt hat. Wenn über Monate hinweg kein Angebot genutzt wird, braucht ein Mitglied schon eine gehörige Portion Treue, um den jährlichen Beitrag zu zahlen.

Selbst den erfinderis­chen Vereinen, die mit digitalen Angeboten ihre Mitglieder­bindung aufrechter­halten wollten, warf man Knüppel zwischen die Beine. Denn einerseits erhielten Schulkinde­r bis vor kurzem zwar noch Sportunter­richt in den Vereinshal­len, den Übungsleit­ern aber war es strikt verboten, alleine in einer sonst leeren Sportstätt­e Trainingsv­ideos zu streamen.

Vorgaben, die bei den Vereinen zu Recht auf Unverständ­nis stoßen. Ebenso wie die Tatsache, dass sie mit großem finanziell­en Aufwand schlüssige Hygienekon­zepte entwickelt­en, denen die Politik dann aber kein Vertrauen entgegenbr­achte. Selbst Outdoor-Anlagen wurden geschlosse­n. Doch wenn im Leistungss­port Lösungen möglich sind, müsste das durchaus auch in verschiede­nen Bereichen des Breitenspo­rts gelingen. Vielleicht nicht unbedingt im harten Lockdown, doch sicherlich in der Zeit danach.

Kündigungs­zahlen steigen über den Jahreswech­sel

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