Guenzburger Zeitung

Republikan­er geben Trump verloren

Nach seiner Bestätigun­g durch das Wahlleute-Gremium rechnet Joe Biden scharf wie nie zuvor mit den Umsturzver­suchen seines Vorgängers ab. Nun erkennt auch Senats-Mehrheitsf­ührer Mitch McConnell seinen Sieg an

- VON KARL DOEMENS

Washington Sechs Wochen lang hat er gezögert. Auch nach der Abstimmung im Wahlleuteg­remium ließ er noch eine ganze Nacht verstreich­en. Selbst Russlands Präsident Wladimir Putin hatte dem neuen US-Präsidente­n schon gratuliert, als der republikan­ische Mehrheitsf­ührer Mitch McConnell am Dienstag endlich ans Rednerpult des Senats trat und sich ins Unvermeidl­iche zu fügen begann. Neun Minuten lang pries er das segensreic­he Wirken von Donald Trump. Dann räumte er ein: „Viele von uns haben ein anderes Ergebnis erhofft, aber (…) das Electoral College hat gesprochen. Ich möchte dem gewählten Präsidente­n Joe Biden gratuliere­n.“

Das extrem späte Einlenken des einflussre­ichsten Republikan­ers, der als eiskalter Machtpolit­iker gilt, sagt viel über den Einfluss aus, den Donald Trump dank seiner fanatisier­ten Anhängersc­haft immer noch in seiner Partei besitzt. Es markiert politisch aber wohl das endgültige Aus für die Bemühungen des NochPräsid­enten, das Wahlergebn­is per Gerichtsen­tscheid oder durch einen

Putschvers­uch ins Gegenteil zu verkehren. Bereits am Montag reichte der lange Zeit höchst loyale Justizmini­ster William Barr seinen Rücktritt ein, nachdem er vor wenigen Tagen erklärt hatte, dass er keine Beweise für massiven Wahlbetrug kenne. In seiner Rede wiederholt­e auch McConnell Trumps Behauptung des Wahlbetrug­s mit keinem Wort. Er betonte vielmehr, dass der verfassung­srechtlich vorgesehen­e Prozess abgelaufen und das Electoral College einen neuen Präsidente­n gewählt habe.

Am Montag hatten 306 der 538 Wahlleute für Biden gestimmt, auf Trump entfielen 232 Stimmen. „Der gewählte Präsident ist kein Fremder im Senat“, spielte McConnell auf die mehr als 30-jährige Tätigkeit von Biden an: „Er hat sich selbst dem Dienst an der Öffentlich­keit für viele Jahre verschrieb­en“. Der Republikan­er verkniff sich nicht, auf die „Differenze­n“hinzuweise­n, die seine Partei mit Vizepräsid­entin Kamala Harris habe, erklärte dann aber: „Die Amerikaner können stolz sein, dass unsere Nation zum ersten Mal eine weibliche Vizepräsid­entin hat.“

McConnells Ton klang geschäftsm­äßig, als er das Land auf ein „neues Kapitel der überpartei­lichen Zusammenar­beit“einstimmte. Genau auf diese Möglichkei­t der Kooperatio­n setzt nun Joe Biden. Am Montagaben­d hatte er eine bemerkensw­erte Rede gehalten, in der er hart wie nie zuvor das Treiben Trumps kritisiert­e und gleichzeit­ig das Land in staatsmänn­ischem Ton zur Versöhnung aufrief. „Unsere Demokratri­e – bedrängt, herausgefo­rdert und bedroht – hat sich als widerstand­sfähig erwiesen, als wahr und stark“, erklärte der 78-Jährige in seinem Heimatort Wilmington nach dem Abschluss des Wahlverfah­rens in den 50 Bundesstaa­ten. Er erinnerte daran, dass Trump vor vier Jahren ebenfalls 306 Stimmen erhielt und damals von einem „Erdrutschs­ieg“sprach: „Nach seinen eigenen Maßstäben illustrier­en diese Zahlen also einen klaren Sieg.“

Die Bemerkung blieb nicht der einzige Seitenhieb des künftigen Präsidente­n gegen seinen renitenten Vorgänger. Bislang hatte Biden bei seinen Auftritten Trumps Namen allenfalls beiläufig erwähnt und es vermieden, auf dessen Provokatio­nen direkt einzugehen. Doch nun lieferte er eine ebenso scharfe wie nüchterne Abrechnung mit Trumps Treiben seit dem Wahltag. Detaillier­t listete Biden auf, welche Schritte Trump unternahm, um das Ergebnis zu überprüfen, dass er von 80 Richtern im Land abgewiesen wurde und dass Nachzählun­gen in mehreren Bundesstaa­ten ebenfalls am Ergebnis nichts änderten.

„Gleichwohl hat nichts diese substanzlo­sen Behauptung­en über die Rechtmäßig­keit der Ergebnisse gestoppt“, monierte Biden. Dass tatsächlic­h die Justizmini­ster von 18 Bundesstaa­ten und 126 republikan­ische Abgeordnet­e gegen die Auszählung in den Swing States klagten, nannte er „einen extremen Vorgang, wie wir ihn noch nie erlebt haben“. Letztlich sei es darum gegangen, mehr als 20 Millionen Amerikaner ihrer Stimme zu berauben: „Zum Glück hat der Supreme Court dieses Ansinnen sofort und vollständi­g zurückgewi­esen.“

Eindringli­ch forderte Biden das Land auf, „ein neues Kapitel“aufzuschla­gen. Es sei nun die Zeit für Versöhnung und Heilung. Trump dürfte dem Appell kaum folgen und bis zur offizielle­n Amtsüberga­be am 20. Januar weiter wüten. Aber die für ihren Opportunis­mus berüchtigt­en Republikan­er dürften dem Pöbler im Weißen Haus nach dem Schwenk von McConnell nicht mehr bedingungs­los folgen.

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Foto: Patrick Semansky, dpa Joe Biden ist fest auf Kurs Richtung Wei‰ ßes Haus.

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