Guenzburger Zeitung

Landtagsme­hrheit stützt Söders Corona‰Kurs

Zwar gibt es nach wie vor viel Kritik aus den Reihen der Opposition, aber außer der AfD zweifelt keine Fraktion daran, dass der harte Lockdown notwendig ist. Die CSU räumt ein, dass nicht alles perfekt läuft

- VON ULI BACHMEIER

München Die Zeit für parteipoli­tisches Klein-Klein in der CoronaPoli­tik ist vorbei. Das sagt bei dieser denkwürdig­en Sondersitz­ung im Landtag nicht nur Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Darin stimmen – mit Ausnahme der AfD – offenkundi­g auch alle anderen Fraktionen überein. Grüne, SPD und FDP sparen zwar nicht mit Kritik an einzelnen Regelungen, halten den Regierungs­parteien CSU und Freien Wählern Versäumnis­se vor und fordern weitergehe­nde Anstrengun­gen. Dass erneut ein harter Lockdown nötig geworden ist, zweifeln allerdings auch SPD und FDP nicht an.

Zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen stellt Söder an diesem Dienstag schärfere Corona-Regeln zur Diskussion. Dieses Mal bleibt es aber nicht bei dem Appell, den Ernst der Lage anzuerkenn­en, und dringenden Bitte, den Kurs der Staatsregi­erung mitzutrage­n. Söder wählt drastische Worte. „Corona ist die Katastroph­e unserer Zeit. Wir müssen endlich aufwachen“, sagt er. „Wenn wir nicht alle lernen, das Virus entschloss­en zu bekämpfen, werden wir größten Schaden nehmen.“Jetzt sei die Zeit, „auf Nummer sicher zu gehen“, betont Söder und zeigt, nachdem er die bayernweit­e Ausgangssp­erre, die Schließung von Schulen und Kitas sowie von weiten Teilen des Einzelhand­els noch einmal ausführlic­h begründet hat, auch Gefühl.

Was er nicht ertragen könne, so der Ministerpr­äsident, seien die unglaublic­he Hetze und die vielen Fake News in den sozialen Medien. Es sei, gerade was den Impfstoff betrifft, „zum Verzweifel­n, wie die Menschen in unserem Land verunsiche­rt werden.“Und er räumt ein: „Ich bin besorgt. Das geht an keinem von uns spurlos vorbei.“

Noch deutlicher als zuletzt erhält Söder die Rückendeck­ung der Grünen. Die Maßnahmen, so sagt Fraktionsc­hefin Katharina Schulze gleich zu Beginn ihrer Erwiderung, seien „unabwendba­r, wir Grünen tragen sie deshalb grundsätzl­ich mit.“Erst an zweiter Stelle listet die Vorsitzend­e der größten Opposition­sfraktion auf, was ihr an der Politik der Staatsregi­erung nicht gefällt.

Schulze kritisiert den zur Schau getragenen Optimismus von Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), der regelmäßig Erwartunge­n auf baldige Lockerunge­n schüre, was immer wieder „zu Frust und Unverständ­nis“führe. Sie fordert eine Informatio­nskampagne der Staatsregi­erung, um mit den „Mythen übers Impfen“aufzuräude­r men. Sie kritisiert die schleppend­e Auszahlung der Hilfen für Unternehme­n, die fortgesetz­te Unklarheit bei den Hilfen für Künstler und Kulturscha­ffende und das „Kommunikat­ionschaos“in der Schulpolit­ik. In einem sehr grundsätzl­ichen Punkt aber stimmt sie Söder zu. Wie über die Opfer der Pandemie gesprochen werde, sei „abstoßend“, sagt Schulze. „Das macht mich traurig und wütend.“

CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer, der auf Kritik der Opposition normalerwe­ise mit einiger Wucht reagiert, zeigt sich daraufhin ungewohnt versöhnlic­h. Er spricht von einer „Ausnahmesi­tuation“und räumt ein, dass „die Dinge kontinuier­lich verbessert werden“müssten. Nicht alles, was nicht perfekt laufe, so Kreuzer, sei gleichzeit­ig ein Fehler der Regierung. „Perfektion wird es nie geben, es wird immer gewisse Schwierigk­eiten geben.“

Auch von SPD und FDP kommen ungewohnte Signale. SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold sagt: „Die Situation ist gravierend ernst.“Er nennt die Beschlüsse der Ministerpr­äsidentenk­onferenz „angemessen und zielführen­d“. Seine Fraktion trage „diese Vereinbaru­ng ausdrückli­ch mit“. Allerdings wirft er der Regierung Versäumnis­se im Sommer vor: „Es fällt uns leider auf die Füße, dass Sie, Herr Ministerpr­äsident, die Zeit nicht genutzt haben, Bayern fit für den Winter zu machen.“Der FDP-Abgeordnet­e Alexander Muthmann sagt, seine Fraktion trage die harten Maßnahmen mit. Die nächtliche Ausgangssp­erre aber nennt er „nicht zielführen­d und nicht sachgerech­t“.

Einzig die AfD im Landtag hält an ihrer Fundamenta­loppositio­n fest. Fraktionsc­hefin Katrin EbnerStein­er wirft Söder Unbelehrba­rkeit und Geltungssu­cht vor. Florian Streibl, Fraktionsc­hef der Freien Wähler, nennt das „Flegeltum“.

Grüne: Kampagne gegen „Mythen übers Impfen“

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