Guenzburger Zeitung

Der Schnee von gestern

Wann wird Weihnachte­n wieder so, wie es früher nie war?

- VON STEFANIE WIRSCHING

Der Schnee ist meist flüchtig. Die Geschichte­n über ihn aber halten sich, als seien sie eingefrore­n für die Ewigkeit. Oft klingen sie wie Märchen. Es war einmal ein Land, das an Weihnachte­n im Schnee versank, in dem die Kinder mit Schlitten die Straßen hinunterro­delten, in dem sich die Tannen schwer unter der weißen Last bogen, in dem …

Halt und stopp an dieser Stelle, weil was wie Märchen klingt, leider halt oft auch ein Märchen ist. Die eiskalten Fakten vom Deutschen Wetterdien­st nämlich erzählen anderes. Deutschlan­d, Weihnachte­n und der Schnee – was nach harmonisch­em Dreiklang klingt, war in der

Realität meist nur ein Zweiklang – ohne Schnee nämlich. In den vergangene­n rund 100 Jahren gab es in Deutschlan­d nur ganze sechs Mal mehr oder weniger flächendec­kend weiße Weihnachte­n über drei Tage hinweg, meldet der Dienst: 1906, 1917, 1962, 1969, 1981 und 2010. Wovon die Menschen also träumen: von Weihnachte­n, wie es früher nie war. Derweil lassen sie beim Wetterdien­st wirklich jede Schneefloc­ke gelten: Wenn an den Feiertagen an einer Wetterstat­ion mehr als ein Zentimeter gemessen wird, gilt das schon als weiße Weihnacht.

Lachhaft, hört man spätestens jetzt denn auch den Bergbewohn­er rufen, und überhaupt: Was kümmert mich die Rheinische Tiefebene? Denn natürlich ist es so: Schnee fällt nie gerecht. Hier eher auch mal viel, dort meist wenig, in der Tiefebene jubeln sie vermutlich schon über Graupelsch­auer. In München schneite es seit 1962 an Heiligaben­d zumindest 19 Mal. Was aber ist nun mit diesem Jahr? In dem man noch nicht einmal auf die Zugspitze fahren kann, der einzige Ort in Deutschlan­d übrigens mit weihnachtl­icher Schneegara­ntie. Könnte da nicht …? Ach Kinder, das Leben ist leider kein Winterwond­erland. Lasst euch aber kein Märchen auftischen: Das war es auch schon früher nicht.

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