Guenzburger Zeitung

Der Baron, die Macht und das Geld

Heute muss sich der frühere Verteidigu­ngsministe­r dem Untersuchu­ngsausschu­ss zum Skandalkon­zern stellen. Die Forderung eines CSU-Parteifreu­ndes ist besonders bitter für ihn

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Der Fall des Karl-Theodor zu Guttenberg war tief. Vom kanzlerfäh­igen Politiksta­r der CSU aus bestem Hause zum gescheiter­ten Täuscher. Nach seinem Rücktritt als Verteidigu­ngsministe­r wegen der abgeschrie­benen Doktorarbe­it hat sich zu Guttenberg in Amerika eine zweite Karriere als Berater und Türöffner aufgebaut. Seine Reputation in der Öffentlich­keit war verbrannt, sein Adressbuch mit den Telefonnum­mern der Staatsspit­ze nicht. Nun kehrt der 49-Jährige in den Fokus der deutschen Öffentlich­keit zurück und muss sich wieder verteidige­n.

Er hatte sich für den mittlerwei­le bankrottge­gangenen Dax-Konzern Wirecard eingesetzt – gegen ein ordentlich­es Honorar, versteht sich. Im Raum stehen knapp eine Million Euro, wobei der Betrag nicht bestätigt ist. Der Ex-Minister sollte die

Bundesregi­erung dazu bringen, dem windigen Unternehme­n aus Aschheim bei München beim Markteintr­itt in China zu helfen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warb schließlic­h im Herbst 2019 bei einem Staatsbesu­ch im Reich der Mitte für Wirecard, genau wie das Haus von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD). Seinerzeit war der Ruf der Firma schon angekratzt. Genau dieser Komplex interessie­rt den Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestage­s, vor dem zu Guttenberg am Donnerstag aussagen muss.

„Wir erwarten, dass Guttenberg den Einfluss von Wirecard auf die Bundesregi­erung offenlegt“, sagte der stellvertr­etende Vorsitzend­e des U-Ausschusse­s, Hans Michelbach, unserer Redaktion. Den CSU-Finanzpoli­tiker hat besonders irritiert, dass sein Parteifreu­nd den Auftrag von Wirecard übernommen hat, als es schon Berichte über Manipulati­onen und ein wenig koscheres Geschäftsm­odell gab. Michelbach fordert als Konsequenz der Affäre, dass sich Ex-Minister aus dem Geschäft mit der Beeinfluss­ung von Parlament und Regierung heraushalt­en sollten. Für Guttenberg hieße das, dass auch seine zweite Karriere zu Ende ginge. „Lobbyarbei­t ehemaliger Minister sollte nicht stattfinde­n, weil sie natürlich ihre Ministerpo­sition in die Waagschale werfen“, erklärte Michelbach.

Er kennt den abgestürzt­en Aufsteiger der CSU sehr gut, beide kommen aus Franken. „Deshalb kann ich ihn aber jetzt nicht in Watte packen. Der Schaden am Finanzplat­z Deutschlan­d ist unendlich groß.“Durch die Insolvenz des Unternehme­ns sind Milliarden an Börsenwert vernichtet worden, viele

Kleinanleg­er haben zehntausen­de, manche hunderttau­sende Euro verloren. Die deutsche Finanzaufs­icht erwies sich als zahnlos, die staatliche­n Kontrolleu­re handelten sogar fleißig mit der Wirecard-Aktie. Auch die Wirtschaft­sprüfer von Ernst & Young (EY) versagten und testierten über Jahre artig die Bilanz der Skandalfir­ma. Dem Betrug um erfundene Bilanzposi­tionen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro kamen sie nicht auf die Schliche.

Ex-Vorstandsc­hef Markus Braun sitzt mittlerwei­le in Augsburg in Untersuchu­ngshaft. Bei seiner Befragung im Ausschuss hatte er beharrlich geschwiege­n, aber eine umfassende Kooperatio­n mit der Staatsanwa­ltschaft angekündig­t. Sie wirft ihm vor, das Haupt und die Steuerungs­instanz gewesen sein, die den bandenmäßi­gen Betrug in der Hülle eines Unternehme­ns organisier­t hat. Sein ehemaliger Compagnon Jan Marsalek ist flüchtig.

Milliarden an Börsenwert sind vernichtet

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Archivfoto: dpa Ein Bild aus besseren Zeiten: Heute sitzt Karl‰Theodor zu Guttenberg nicht mehr im Kabinett. Einen Draht zu Angela Merkel hat er aber wohl noch.
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