Soldaten zeigen Extremisten an
In der Bundeswehr wächst die Aufklärungsbereitschaft in den eigenen Reihen
Berlin Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, sieht in der Truppe eine wachsende Bereitschaft, aktiv gegen rechtsextreme und rassistische Äußerungen vorzugehen. „Wir sehen das an den meldepflichtigen Ereignissen: Ein Hitlergruß wird angezeigt, eine Schmiererei oder ein eingeritztes Hakenkreuz“, sagte Högl der dpa über die Bilanz für 2020. „Es ist positiv, dass das jetzt gemeldet wird“, betonte sie. Dies zeige, dass Soldatinnen und Soldaten aufmerksam seien und es in solchen Fällen Widerspruch gebe.
Im vergangenen Jahr hatten mehrere Vorfälle Schlagzeilen gemacht. Für Unruhe sorgte auch, dass Munition und Sprengstoff fehlte – wegen Schlamperei oder weil diese entwendet worden waren. Högl, die ihr Amt im vergangenen Jahr angetreten hatte und als Anwältin der Soldaten gilt, fordert, jeden Fall genau zu untersuchen. „Wir müssen diejenigen stärken, die jeden Tag fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und ihren Dienst leisten“, sagte Högl. „Ich bin dafür, dass man jedes Kennverhältnis, jede Chatgruppe, jede Verbindung, die man ausmacht, genau untersucht. Wer steht mit wem in Verbindung – und gibt es nicht doch etwas, das man als Netzwerk bezeichnen könnte?“
Der Militärische Abschirmdienst habe als Bundeswehr-Nachrichtendienst „eine gewaltige Aufgabe“. Sie nannte die Sicherheitsüberprüfungen zu Beginn der Laufbahnen und im weiteren Betrieb, wenn besondere Voraussetzungen erfüllt werden müssen. „Das dauert alles viel zu lange. Da ist also Reformbedarf“, sagte Högl.
Eine zentrale Aufgabe sei es, die Soldaten zu identifizieren, die extremistische Tendenzen entwickelt haben. „Das ist nicht trivial. Es geht um eine Vielzahl von Einzelfällen: Wir sehen es im gesteigerten Meldeaufkommen. Es gibt immer mehr, was jetzt auch angezeigt wird. Das ist gut und richtig. Dem muss der MAD konzentriert nachgehen“, sagte Högl. Der MAD habe dabei die Aufgabe, seine Erkenntnisse auch gerichtsfest zu machen. Er arbeite anders als das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter, die ein allgemeines Lagebild erstellten.
„Nicht wenige zweifeln daran, ob wir überhaupt einen speziellen Nachrichtendienst für die Bundeswehr brauchen. Ich sehe das nicht so: Wir brauchen den MAD. Wir müssen ihn personell stärken, damit er schlagkräftiger wird“, sagte Högl. „Ich halte es für notwendig, dass der MAD einen breiten Blick in die Truppe hat. Mit der neuen Präsidentin Martina Rosenberg wurde ein wichtiges Signal gesetzt.“
Sie wünsche eine bessere Zusammenarbeit mit den zivilen Behörden. Dies gelte insbesondere in zwei Fällen: Wo Soldatinnen und Soldaten die Bundeswehr verlassen, wechsele die Zuständigkeit vom MAD hin zum Bundesamt für Verfassungsschutz. „Häufig findet keine Übergabe statt. Wenn Personen auffällig geworden sind, sollte es eine reguläre Übergabe an die zivilen Landesämter für Verfassungsschutz geben. Handlungsbedarf sehe ich auch im Bereich der Reservisten“, sagte Högl.