Bayern will Schulen nicht komplett öffnen
Der Lockdown wird wohl verlängert. Doch wie soll es mit den Kindern weitergehen?
Augsburg/Berlin Zumindest in einer Sache scheinen sich die Bundesländer einig: Auch nach dem 10. Januar wird Deutschland im Lockdown bleiben. In einer Telefonkonferenz der Staatskanzlei-Chefs am Samstag zeichnete sich eine klare Linie ab. „Der Lockdown muss bis Ende Januar verlängert werden“, fordert auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder auf Twitter. „Vorschnelle Lockerungen würden uns wieder weit zurückwerfen.“Am Dienstag trifft sich Söder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und seinen Länderkollegen, um über die Verlängerung des Lockdowns zu sprechen. Möglich wäre sogar eine Verlängerung um vier Wochen. Zwar ist die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen Tagen gesunken – das liegt aber laut Experten an den Feiertagen. Weniger Menschen werden getestet, die Gesundheitsämter sind schlechter besetzt. Zugleich liegt der Inzidenzwert für Deutschland noch immer bei fast 140 – Ziel ist es, unter 50 zu kommen.
Weit weniger Konsens gibt es indes in der Frage, wie es nach den Weihnachtsferien an den Schulen weitergehen soll. Die Politik tut sich schwer, einen einheitlichen Weg zu finden – die Abwägung zwischen Infektionsschutz und Bildungsauftrag kommt zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Schon am heutigen Montag, also einen Tag vor den Ministerpräsidenten, treffen sich die Kultusminister der Länder. BadenWürttembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) wirbt offensiv für eine Öffnung von Kitas und Grundschulen nach dem 11. Januar. Und das unabhängig von den Inzidenzwerten. Rückendeckung erhält sie vom Verband der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen Baden-Württemberg. Dessen Vorsitzende Nina Großmann sagt: „Wir haben schon nach dem ersten Shutdown eine dramatische Zunahme der Fälle von Schulverweigerung bemerkt.“Schüler aller Altersgruppen gewöhnten sich während der Pandemie zu Hause an das Nichtstun und fühlten sich bei der Rückkehr auf die Schulbank überfordert. Die Hauptmotivation der Schüler zum Lernen seien die sozialen Beziehungen, sei es zu den Mitschülern, sei es zum Lehrer.
Bayern hingegen kann sich komplett offene Schulen nicht vorstellen. „Wenn ich mir die aktuellen Infektionszahlen ansehe, gehe ich nicht von einem allgemeinen Präsenzunterricht für alle aus“, sagt Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) unserer Redaktion. Er setzt auf einen Kompromiss. Piazolo will in den Grundschulen nach den Ferien den sogenannten Wechselunterricht fortsetzen. Das bedeutet, dass die Schüler abwechselnd daheim und in der Schule lernen. Viele Schulen hatten dieses Modell im Dezember schon praktiziert, meist pendelten die Kinder dabei tageweise zwischen Zuhause und Klassenzimmer. „Wechselunterricht wäre für die Jüngsten eine Möglichkeit, wenigstens teilweise in persönlichem Kontakt mit den Lehrkräften zu bleiben“, sagt der Kultusminister. Sollten die Beratungen nicht den bayerischen Vorstellungen entsprechen, kann sich Piazolo sogar einen Sonderweg für die Schulen vorstellen. „Bildung ist Ländersache, es kann durchaus sein, dass Bayern am Ende eigene schulpolitische Vorstellungen umsetzt.“
Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach spricht sich gegen einen normalen Schulbetrieb aus. „Mit der Einstellung hätten wir uns das alles hier sparen können“, sagte Lauterbach dem SWR. Die Rückkehr zu Präsenzunterricht wäre etwa mit Blick auf das medizinische Personal auf Intensivstationen unverantwortlich. Den Menschen, die dort arbeiteten, könne man eine solche Haltung nicht vermitteln. »Leitartikel und Wirtschaft