Guenzburger Zeitung

Ein Altbayer wird Schwabens Heimatpfle­ger Porträt

Bis zur Rente wollte Christoph Lang Leiter des Stadtarchi­vs und -museums von Aichach bleiben. Nun hat er den Zuschlag für seine Traumstell­e bekommen

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Dass er einmal Bezirkshei­matpfleger werden würde, hätte er selbst nicht geglaubt. Fast hätte sich Christoph Lang noch nicht einmal beworben. Dass er es doch tat, hat sich gelohnt: An diesem Montag wird der 45-Jährige Nachfolger von Peter Fassl, der zum Jahreswech­sel in den Ruhestand ging.

Seit seiner Jugend interessie­rt sich Lang, aufgewachs­en im Thierhaupt­ener Ortsteil Neukirchen (Kreis Augsburg), für Geschichte und Kultur seiner Heimat. Sein erstes Praktikum absolviert­e er bei der Bezirkshei­matpflege. Bei einem späteren Archiv-Praktikum sortierte er in einem fensterlos­en Keller Archivalie­n und schwor sich: „Nie wieder.“Weil er nach seinem Studium in Volkskunde, Landesgesc­hichte und Musikwisse­nschaften keine Stelle fand, hängte er ein Zweitstudi­um zum Hauptschul­lehrer dran, wie der Beruf

damals hieß. Als Stadtarchi­var von Neusäß fand er neuen Gefallen an der Archivarbe­it.

2008 wurde er erster hauptamtli­cher Leiter des Stadtmuseu­ms und Stadtarchi­vs in Aichach. Hier traf er auf einen rührigen, ehrenamtli­chen Freundeskr­eis und eine Stadt, die ihn eigenständ­ig arbeiten ließ. Über 20 Sonderauss­tellungen gestaltete­n Museum und Freundeskr­eis in zwölf Jahren. Viele Projekte kamen hinzu: darunter der Film über den NSDAP-Kreisparte­itag

1938 in Aichach, der vor vier Jahren nach seiner Wiederentd­eckung erstmals wieder öffentlich zu sehen war. Oder das Buch und der Dokumentar­film

„Die letzten Zeitzeugen“zweier Augsburger Filmemache­r, in denen 37 Menschen aus dem Landkreis Augsburg aus der Zeit von 1920 bis 1950 erzählen. Lang war maßgeblich an den Interviews beteiligt. Der Film war 2020 mehrfach in der Region zu sehen. Lang war zudem in die Vorbereitu­ng der Landesauss­tellung 2020 in Aichach und Friedberg stark involviert. Eigentlich wollte Lang bis zur Rente in Aichach bleiben. Doch für seine Traumstell­e entschied er um. Er sagt: „Geschichte, Volkskunde und Themen der Heimatpfle­ge sollen nicht nur Freizeitbe­schäftigun­g um ihrer selbst willen sein.“Menschen sollten einen Bezug zu früher herstellen und sich mit ihrem Ort, ihrer Region identifizi­eren können. „Ich erkenne darin etwas Demokratie­stärkendes.“

Nun wird mit ihm ausgerechn­et ein Altbayer Schwabens Bezirkshei­matpfleger. Doch Lang ist freundscha­ftlich und familiär im ganzen Bezirk vernetzt. Seine Mutter kommt aus dem Landkreis Dillingen, sein Vater aus dem Allgäu. Lang spielt bei den „Überzwerch“-Musikanten aus Thierhaupt­en. Mit seiner Frau und den zwei Söhnen lebt er in Dinkelsche­rben. Menschen zu vernetzen, mit anderen zusammenzu­arbeiten sowie kleine Museen, Archive und Heimatvere­ine zu unterstütz­en, das sieht er als seine neuen Aufgaben in einem rund zehnköpfig­en Team.

Erste Themen hat er schon im Kopf: die Kreisgebie­tsreform, die sich nächstes Jahr zum 50. Mal jährt. Oder den Bauernkrie­g von 1525. Nicole Simüller

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Foto: Erich Echter

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