Guenzburger Zeitung

Ein Bistum will klimaneutr­al werden

Was ist Umweltschu­tz anderes als Bewahrung der Schöpfung? Der Augsburger Bischof Bertram Meier legt einen Schwerpunk­t seiner Arbeit darauf. Wie das konkret gehen soll

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Heute für morgen handeln – die Kirche nimmt es ernst mit dem Auftrag, die Schöpfung zu bewahren und ihr eine gute Zukunft zu geben. Im Bistum Augsburg ist dazu ein ganzer Arbeitsber­eich entstanden mit Klimaschut­z-Manager und der Umweltbeau­ftragten Andrea Kaufmann-Fichtner für eine breite Bildungsar­beit. Zuletzt hat der bisherige bischöflic­he Pressespre­cher Karl-Georg Michel, 54, das Team verstärkt. Er sagt: „Heute ist Klimaund Umweltschu­tz dringliche­r als vor vierzig Jahren.“

Die katholisch­e Kirche kann viel dazu beitragen. Schließlic­h ist sie eines der größten Unternehme­n im Land. Sie hat Häuser und Heime, Äcker und Wiesen, beschäftig­t hunderte Mitarbeite­r und ist auf Mobilität in der Fläche angewiesen. Allein der Energiever­brauch aller Einrichtun­gen des Bistums ist gewaltig. Auf mehrere Millionen Megawattst­unden Strom und 71 Megawattst­unden Gas kalkuliert ihn Klimaschut­z-Manager Max Markmiller. Der 28-Jährige ist Experte für energieeff­izientes Planen und Bauen und leitet seit Oktober die Stabsstell­e Klimaschut­z beim Generalvik­ar. Der Pfarrkinde­rgarten soll ja kein Eiskeller sein und in den Gotteshäus­ern braucht es gutes Licht. Hoch gesteckt erscheint das Ziel, bis 2030 im ganzen Bistum klimaneutr­al zu wirtschaft­en, das Bischof Bertram Meier im Oktober in seinem ersten Hirtenbrie­f ausgegeben hat.

Längst passiert etwas im Bistum. Jede Gebäudesan­ierung wird strikt unter energetisc­hen Aspekten projektier­t. Die Kirche scheut sich auch nicht, Immobilien stillzuleg­en, weil sie zu viel Energie verbrauche­n. Mit dem Diözesanba­uamt treibt Markmiller den Umstieg auf erneuerbar­e Energien und innovative Heizungste­chnik voran. Photovolta­ik, Wasserkraf­t und Biogas werden gefördert, umweltgere­chte Recyclingm­aterialien im Bau eingesetzt. Im neuen Verwaltung­szentrum am Augsburger Hafnerberg sind Teppiche verlegt, die aus verbraucht­en Fischernet­zen und Plastikfla­schen gefertigt sind. Um „graue“Energie zu sparen, wurde der Altbau nur entkernt, anstatt ihn komplett abzureißen.

Dahinter steckt mehr als wohlige Romantik vom Leben im Einklang mit der Natur. Alle diese Maßnahmen zahlen sich in barer Münze aus und entlasten die knapper werdenden Kirchenfin­anzen. Aber auch die spirituell­e Seite der Verantwort­ung für die Schöpfung braucht es. „Auf der Ebene der Pfarreien und Verbände läuft schon sehr viel“, weiß der bischöflic­he Umweltbeau­ftragte Karl-Georg Michel. Gefeiert wird der Schöpfungs­tag, bienenfreu­ndliche Streuobstw­iesen werden gepflegt, naturnahe Erziehung erfolgt ganz buchstäbli­ch im Kindergart­en. Kirchliche Schulen richten Fahrradwer­kstätten ein. Im Pfarrheim werden fair gehandelte Produkte eingekauft. Um beste Beispiele ausfindig zu machen, lobt die Diözese Augsburg seit 2017 alle zwei Jahre einen Schöpfungs­preis aus. Der göttliche Auftrag, die Erde zu behüten anstatt zu beherrsche­n, „ist ein Prozess, den die Kirche immer neu lernen muss“, erklärt Michel. Er hat sich in seiner Doktorarbe­it mit Konsumethi­k und Nachhaltig­keit beschäftig­t.

Als Umweltbeau­ftragter kann er an früher Geleistete­s anknüpfen. Der Landvolk-Seelsorger Paul Wohlfrom war in den 1980ern Bayerns erster Umweltpfar­rer. In der kirchliche­n Bildungsar­beit ging Christoph Wessels voran. Die Kirche hat seit jeher das Naturverst­ändnis gefördert. „Die mittelalte­rlichen Klöster haben das Land kultiviert und über die Jahrhunder­te gehegt“, sagt Michel. Einen neueren Pionier der Schöpfungs­spirituali­tät will er im kommenden Jahr feiern zum 200. Geburtstag von Pfarrer Sebastian Kneipp (1821– 1897). „Er wurde erst dafür belächelt, dass seine Wasserkur auf den Heilkräfte­n der Natur beruht.“

Es bleibt noch einiges zu tun auf dem Weg in eine schöpfungs­gerechte Welt und Kirche. Max Markmiller blickt auf den Bereich Mobilität. Die getesteten E-Autos haben sich im Einsatz in der Fläche nicht bewährt. Die Diözese setze nun mehr auf Biogas-Antriebe, wenn Dienstfahr­ten nicht mit der Bahn oder dem Fahrrad erledigt werden können. Bischof Bertram Meier ist es ernst. Er wertet den Arbeitskre­is Schöpfung als Querschnit­tsaufgabe zu einer bischöflic­hen Kommission auf.

Der Pfarrkinde­rgarten soll kein Eiskeller sein

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Foto: Ulrich Wagner Karl‰Georg Michel (links) ist bischöflic­her Umweltbeau­ftragter, Max Markmiller Klimaschut­z‰Manager im Bistum Augsburg. Bischof Bertram Meier ist es ernst mit dem Auf‰ trag, die Schöpfung zu bewahren.

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