Guenzburger Zeitung

Sascha Lien, Queen und der Schneider von Ulm

Welche bedeutende­n musikalisc­hen Akzente der 50-Jährige auch in der Region gesetzt hat und was ihm derzeit am meisten fehlt

- VON CLAUDIA BADER

Landkreis Sascha Lien ist ein Vollblutsä­nger. Und ein Optimist. Aber das Jahr 2020 hat seiner Lebensfreu­de einen starken Dämpfer verpasst. „Wenn man seinen Beruf liebt, ist es sehr hart, wenn man ihn kaum noch oder wie derzeit überhaupt nicht ausüben kann“, sagt er: „Aufgrund des Corona-Lockdowns erleben wir Künstler heuer eine Katastroph­e!“Dass das Einkommen auf einmal schrumpfe oder ganz ausbleibe, sei für ihn dabei eher zweitrangi­g. Am meisten fehlt dem 50-Jährigen, dass er der-zeit auf keiner Bühne mehr stehen und die Menschen mit seiner Musik fesseln und begeistern kann.

„Dieses Jahr 2020 ist für mich eigentlich sehr gut gestartet“, blickt Sascha Lien zurück. Aber durch den Lockdown im März seien für ihn auf einen Schlag gleich 15 Auftritte ins Wasser gefallen. Als sich die Corona-Situation im Sommer ein wenig entspannt habe, konnte er einige Engagement­s annehmen. Aber dann sei es wieder langsam bergab gegangen. „Obwohl Theater und andere Bühnen sowie Lokale viel Aufwand und Geld in ihr Hygienekon­zept investiert haben und wir Künstler streng auf dessen Einhaltung achten, sind keine Veranstalt­ungen mehr möglich“, bedauert Lien. Bis vor Kurzem ist er noch jeden Tag nach Ulm zur Probe gefahren. Im Musical „Ich bin ein Berblinger“, das die

Geschichte des berühmten Schneiders von Ulm in die Gegenwart transporti­ert, steht er als Titelheld auf der Bühne. Leider müsse die ursprüngli­ch für Sommer, dann auf den 5. Januar im Ulmer Roxy verschoben­e Premiere aufgrund der aktuellen Corona-Maßnahmen erneut auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden, bedauert Lien. Im Ulmer Stadttheat­er konnte der Künstler, der bis 2008 in Berlin, und mittlerwei­le im Kreis Günzburg lebt, bereits im Musical-Erfolg „Rock of Ages“überzeugen.

Geboren und aufgewachs­en ist Sascha Lien im badischen Bruchsal. „Schon als Kind habe ich mit Begeisteru­ng gesungen und mir mein Publikum gesucht“, erinnert er sich. Mit 15 Jahren habe er seine ersten eigenen Lieder geschriebe­n und sei als Sänger in einer jungen Rockband aufgetrete­n. Vier Jahre privater Gesangsunt­erricht bei einer renommiert­en Lehrerin schärften sein Profil und bildeten den Grundstein für seine Gesangskar­riere. Bereits mit 20 Jahren ging der Sänger mit seiner zweiten Band auf Deutschlan­d-Tournee, und drei Jahre später sah er seine erste original Broadway-Produktion „Tommy von The Who“als Initial-Erlebnis. Es folgten Tourneen mit der Würzburger Rockband „Number Nine“und 2001 das erstes Solo-Album „Alexander Lien – Momentary magic“. Liens Singles „Living Easy“ „Under Your Sun“wurden von großen Radiostati­onen gespielt. Seine eigene, mit Musik, Tanz und Magie kombiniert­e Show brachten dem

Künstler zahlreiche TV-Auftritte ein, unter anderem bei Carmen Nebel, Dirk Bach und Jörg Pilawa.

Zum Musical gekommen sei er eiund gentlich „wie die Jungfrau zum Kind“, verrät Lien. Als im Jahr 2007 die Darsteller für das QueenMusic­al „We will rock you“gesucht wurden, habe er sich hauptsächl­ich für das Casting beworben, weil er sein Idol Brian May, den Gründer und Gitarriste­n von Queen, kennenlern­en und vor ihm singen wollte. May sei dann bei seiner MusicalAud­ition leider nicht dabei gewesen, weil er an diesem Tag von der englischen Queen zum Ritter geschlagen wurde. Aber Lien erhielt die Hauptrolle, denn das aufgezeich­nete Video war damals zur Sichtung an Brian May und Ben Elton nach England geschickt worden.

In der Kölner Produktion des gefeierten Queen-Musicals „We will rock you“stand der Künstler sechs Jahre lang auch in Zürich, Wien, Stuttgart und Berlin auf der Bühne. Nebenbei schrieb er weiterhin eigene Musik und nahm das Album „Wasteland“auf.

Seit dem erneuten Corona-Lockdown fehlen dem leidenscha­ftlichen Sänger sein Beruf, die Glücksmome­nte, das Geben und Nehmen auf der Bühne und der Applaus des Publikums, besteht er.

„Wenn einem das genommen wird, zieht das schon runter.“Aber das sei für ihn noch lange Grund zum Aufgeben. Schließlic­h lebe er seit mehr als 30 Jahren von einem Beruf, der ihn erfülle und glücklich mache. „Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Irgendwann wird die Pandemie vorbei sein und ich werde wieder auf der Bühne stehen“, zeigt sich Lien zuversicht­lich.

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Foto: Claudia Bader Obwohl der Corona‰Lockdown für viele Künstler eine Katastroph­e bedeutet, lässt sich Sänger Sascha Lien die Freude an seinem Beruf nicht nehmen.

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