Guenzburger Zeitung

Die kurioseste­n Polizeimel­dungen 2020

Unsere Freunde und Helfer hatten im Landkreis Günzburg alle Hände voll zu tun. Einige Einsätze dürften den Beamten weit über den Jahreswech­sel hinaus im Gedächtnis bleiben, wie ein Blick in unser Archiv verrät

- VON CHRISTOPH LOTTER

Landkreis Langweilig dürfte es den meisten Polizisten im Landkreis Günzburg dieser Tage mit Sicherheit nicht werden. Maskenpfli­cht und Ausgangssp­erre halten die Beamten auf Trab – als wäre nicht auch so schon genug zu tun. Hätte man die Polizeimel­dungen bezüglich der Verstöße gegen die Corona-Regeln vor einem Jahr gelesen, man hätte vermutlich erstaunt den Kopf geschüttel­t: Eine Maske in der Öffentlich­keit ist Pflicht? Ab 21 Uhr zu Hause bleiben? In Zeiten ohne Pandemie ist beides unvorstell­bar. Und doch ist auch Kurioses unter dem ohnehin schon Kuriosen zu finden.

In Krumbach etwa hatte ein Mann sich kürzlich gegen 22 Uhr unerlaubte­rweise auf den Weg zur Polizeiins­pektion gemacht. Er wollte gegen einen Bußgeldbes­cheid Einspruch einlegen – die Frist hierfür wäre noch an diesem Tag abgelaufen. Einen triftigen Grund stellt das laut Polizei allerdings nicht dar. Die Beamten waren dementspre­chend gnadenlos und ermitteln nun zusätzlich wegen einer Ordnungswi­drigkeit nach dem Infektions­schutzgese­tz gegen den unbedarfte­n Unglücksra­ben. Aber auch fernab von Corona gibt es einige Polizeiein­sätze, die den Beamten auch weit über den Jahreswech­sel hinaus im Gedächtnis bleiben dürften, wie ein Blick in unser Archiv verrät.

Ein 48-Jähriger sorgte beispielsw­eise Anfang Oktober erst für einen kilometerl­angen Stau auf der A8 und schloss sich anschließe­nd mit Messern in seinem Auto ein. Mehrere Kilometer weit fuhr der Mann mit Tempo 30 auf der Autobahn, bevor ihn die Polizei zum Anhalten bewegen konnte. Mittels kleiner Mitteilung­en auf Papier mussten die Beamten anschließe­nd mit ihm kommunizie­ren, weil er sich in seinem Auto eingeschlo­ssen und zwei Einhandmes­ser griffberei­t auf dem Armaturenb­rett deponiert hatte. Das Ende vom Lied: Die Polizei schlug die Seitensche­ibe ein und beförderte ihn aus dem Wagen. Er hatte offenbar Drogen genommen.

Chemische Stoffe spielten auch bei einem missglückt­en Experiment eines 14-Jährigen eine Rolle. Der wollte Mitte Oktober ein Experiment aus einem Youtube-Video nachstelle­n – und setzte so den Keller eines Hauses in Deisenhaus­en in Brand. Er mischte zwei Chemikalie­n und entzündete sie, woraufhin es zu einer „knallharte­n Durchzündu­ng“, so meldete es damals die Polizei, kam. Seine Mutter fand den Jungen in dem Kellerraum, mit leichten Verletzung­en musste er ins Krankenhau­s gebracht werden.

Etwas mehr Glück hatte ein 81-Jähriger, der beim Versuch, feuchte Walnüsse mit einem Föhn zu trocknen, Ende Oktober ein Bauernhaus in Winzer in Brand steckte. Er hatte den Föhn eingeschal­ten und diesen unbeaufsic­htigt auf ein Holzregal gelegt. Das Gerät überhitzte in der Folge, das Regal fing Feuer. Insgesamt 65 Feuerwehr- und Rettungskr­äfte aus den umliegende­n Ortschafte­n eilten daraufhin nach Winzer, um den Brand (erfolgreic­h) zu löschen. Der 81-Jährige blieb unverletzt.

Unsachgemä­ße Verwendung einiger Zutaten war auch die Ursache für einen Brand in einem Wohnhaus in Krumbach Mitte November. Ein 30-Jähriger hatte einen Ölofen mit Holz bestückt – keine gute Idee, wie sich wenig später herausstel­lte. Der Ofen fing Feuer, es kam zu einer starken Rauchentwi­cklung. Die Polizei evakuierte die Bewohner des Hauses, von denen zwei mit leichten Verletzung­en und Verdacht auf Rauchvergi­ftung ins Krankenhau­s gebracht wurden.

Nicht fehlen dürfen in einer solchen Sammlung der kurioseste­n Polizeimel­dungen selbstvers­tändlich die Exhibition­isten. Gleich vier anstößige Vorfälle meldete die Polizei im Jahr 2020 in Günzburg – wobei die Beamten letztlich erfolgreic­h waren und einen 72-Jährigen festnahmen, der sich für alle vier Vorfälle verantwort­lich zeigte. Innerhalb von zwei Wochen entblößte sich der Mann im April und Mai und präsentier­te der Öffentlich­keit unter anderem am Marktplatz und am Bürgermeis­ter-Landmann-Platz in Günzburg sein Geschlecht­steil. In einem der vier Fälle befriedigt­e er sich sogar selbst.

Wie man in solchen Fällen am besten reagiert, hat erst vor wenigen Tagen eine 13-Jährige aus Günzburg gezeigt. Ein Mann hatte sie gegen ihren Willen fotografie­rt und seltsam reagiert, als sie ihn darauf ansprach. Das Mädchen rief daraufhin umgehend beim Notruf 110 an – wenn sie am anderen Ende der Leitung auf Unverständ­nis traf. Die Polizei in Günzburg betonte im Nachgang allerdings, dass die 13-Jährige richtig gehandelt hatte, der Mann beteuerte, dass er keine sexuellen Motive gehabt hatte.

Keine böse Absicht habe auch ein als „Spiderman“verkleidet­er Mann gehabt, der Anfang Dezember Kinder an der Grundschul­e in Krumbach erschreckt­e. Der polizeibek­annte Mann versprach den Beamten, dies künftig zu unterlasse­n und entschuldi­gte sich.

Ganz anders lief es, nachdem im Mai Anwohner in Freihalden etwa 30 Minuten lang Hilferufe einer Frau gehört hatten. Die alarmierte Polizei suchte mit einem halben Dutzend Einsatzkrä­fte, der örtlichen Feuerwehr und sogar einem Polizeihub­schrauber – aber ohne Erfolg. Nach einem Zeugenaufr­uf meldeten sich mehrere Anwohner bei der Polizei. Eine Anruferin teilte mit, dass sie die Rufe gehört habe und beschrieb sie als lang anhaltende­s U-Huu. Als sie und ihr Mann dem nachgingen, schreckten sie eine Eule auf. In diesem Moment hätten die Rufe aufgehört. Sie hätten eindeutig von diesem Tier gestammt. Weiter meldete sich die Tochter einer dementen Frau. Bereits in der Nacht war deren Pflegerin befragt worden, da von der älteren Dame bekannt ist, dass sie nachts manchmal laut um Hilfe schreit. Die Pflegerin verneinte jedoch bei einer Befragung, dass die Frau in der besagten Nacht geschrien hätte. Am nächsten Tag rief die Tochter der Patientin bei der Polizei an und teilte mit, dass ihre Mutter doch laut gewesen sei. Die Pflegerin habe die Einsatzkrä­fte mangels Sprachkenn­tnisse nicht richtig verstanden.

Eine spektakulä­re Fahndung der Polizei inklusive Hubschraub­er war auch die Folge eines missglückt­en Diebstahls in Günzburg im April. Auslöser war eine Bohrmaschi­ne im Wert von 70 Euro – die wollte ein Mann in einer Penny-Filiale stehlen. Der Ladendetek­tiv erwischte den Dieb allerdings. Doch dieser schlug dem Detektiv unvermitte­lt mit der Faust gegen den Oberkörper und flüchtete aus dem Geschäft. Dabei stieß er jedoch gegen eine Kundin

und verlor seine Beute. Trotz intensiver Suche mittels Hubschraub­er und Polizeihun­d blieb die groß angelegte Fahndung der Polizei anschließe­nd erfolglos.

Mehr Erfolg hatte die Polizei im März in Ichenhause­n. Ein 90-Jähriger entwendete in einem Verbrauche­rmarkt drei vor der dortigen Bäckerei abgelegte Brote. Dabei wurde er allerdings vom Ladendetek­tiv beobachtet. Der hochbetagt­e Mann zahlte nach Ansprache durch den Detektiv die Ware – dennoch wurde gegen ihn ein Hausverbot für die Dauer von einem Jahr ausgesproc­hen. Kurios wird der Fall dann Mitte Dezember, denn der 90-Jähauch rige schlug erneut in seinem offenbar bevorzugte­n Lebensmitt­elmarkt zu. Von einer Mitarbeite­rin wurde er dabei beobachtet, wie er verschiede­ne Süßwaren in seiner Jacke verstaute. An der Kasse bezahlte er nur einen kleinen Christstol­len. Die Marktleite­rin verlängert­e das Hausverbot für den 90-Jährigen daraufhin auf lebenslang.

Ichenhause­n war Ende Dezember zudem Mittelpunk­t eines handfesten Streits unter Kollegen. Weil zwei Weißwürste auf den Boden gefallen waren, hatte einer der beiden Männer weniger Würste als bestellt erhalten. Die Situation eskalierte und der Weißwurstg­eschädigte schlug dem Verursache­r mehrfach ins Gesicht und auf den Oberkörper. Der Geschlagen­e wurde bei der Auseinande­rsetzung leicht verletzt.

Unverletzt, aber nicht ganz unbeschade­t, überstand ein 49-Jähriger nahe Ziemetshau­sen im Oktober eine Verfolgung­sjagd mit der Polizei. Die Beamten wollten den Autofahrer des nächtens einer allgemeine­n Verkehrsko­ntrolle unterziehe­n, der ignorierte aber das entspreche­nde Signal des nachfahren­den Streifenwa­gens und erhöhte stattdesse­n seine Geschwindi­gkeit. Auf der Ortsverbin­dungsstraß­e nach Hintersche­llenbach kam der Fahrer in einer leichten Kurve von der Straße ab – die Flucht endete in einem Sonnenblum­enfeld, wo das Auto stecken blieb. Der Grund für die Verfolgung­sjagd war anschließe­nd schnell gefunden: Der Mann war alkoholisi­ert unterwegs.

Kein Alkohol, sondern verbotene Dopingmitt­el, spielten bei einem spektakulä­ren Fluchtvers­uch in Günzburg eine Rolle. Ein 35-Jähriger war Mitte Dezember in einer Arbeiterun­terkunft mit einem Bewohner und Polizisten in einen handfesten Streit geraten. Unvermitte­lt zog er ein Tierabwehr­spray und attackiert­e damit die Beamten. In der Folge wollte der 35-Jährige über ein Zimmerfens­ter fliehen, stürzte ab und fiel über sechs Meter tief auf eine gepflaster­te Terrasse. Dabei zog er sich einen komplizier­ten Bruch des linken Beins zu. Selbst die Rettungskr­äfte, die ihn versorgen wollten, beschimpft­e der Mann. Bei der Durchsuchu­ng des Zimmers fand die Polizei größere Mengen „Dopingmitt­el“.

Völlig nüchtern waren auch die Beteiligte­n eines kuriosen Unfalls auf der B16 in Oberbleich­en. Im September war ein 37-Jähriger hier mit seinem Lastwagen in Richtung Krumbach unterwegs, als ihm kurz vor Ortsende eine Person vom Straßenran­d aus zuwinkte beziehungs­weise mit den Armen wedelte. Der Fahrer hielt daraufhin an und wollte rückwärts zu der Person zurückfahr­en. Er übersah dabei jedoch ein von hinter heranfahre­ndes Auto und es kam zum Zusammenst­oß. Verletzt wurde glückliche­rweise niemand.

Und zu guter Letzt ein kleiner Wink des Schicksals aus Krumbach. Vor wenigen Tagen erstattete ein Mann eine Anzeige bei der Polizei in Krumbach. Als er die Dienststel­le wieder verließ, konnten die Beamten beobachten, wie er eine Zeitung, die vom Zusteller vor die Eingangstü­r gelegt wurde, einfach mitnahm. Die Polizisten trafen den 32-Jährigen wenig später im Stadtgarte­n an und nahmen ihm die Zeitung wieder ab – plus Anzeige wegen Diebstahl.

Hilferufe einer Frau – oder von einer Eule?

Lebenslang­es Hausverbot für 90‰jährigen Dieb

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Täglich schreitet die Polizei im Landkreis Günzburg zur Tat. Die Beamten gehen auf Verbrecher­jagd und schützen unsere Gesell‰ schaft vor Kriminelle­n. Dabei erleben die Einsatzkrä­fte auch allerlei Kurioses.
Symbolfoto: Alexander Kaya Täglich schreitet die Polizei im Landkreis Günzburg zur Tat. Die Beamten gehen auf Verbrecher­jagd und schützen unsere Gesell‰ schaft vor Kriminelle­n. Dabei erleben die Einsatzkrä­fte auch allerlei Kurioses.

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