Guenzburger Zeitung

„Dann schlägt die Stunde der FDP“

Bayerns Liberalen-Chef Daniel Föst erklärt, wie die Partei aus dem Tief kommen will

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Herr Föst, Ihre Partei zog nach einem Comeback 2017 mit 10,7 Prozent vor Grünen und Linken in den Bundestag. Neun Monate vor der Wahl ist die FDP in allen Umfragen schwächste Opposition­spartei, teils bei fünf Prozent. Warum gelingt es der FDP nicht, gegen eine Große Koalition zu punkten? Daniel Föst: Uns Freien Demokraten ist überhaupt nicht bange. Die FDP steht besser da, als die Umfragen vermuten lassen. Die Stimmung ist sehr gut. Wir haben einen klaren Kurs Richtung Regierung ab 2021. Es würde Deutschlan­d guttun, wenn diese GroKo beendet wird und endlich wieder eine liberale Kraft mitentsche­idet. Wir erleben derzeit den Effekt, dass sich viele Menschen in der Krise um jene Kräfte scharen, die Verantwort­ung tragen. Wenn wir aber gestärkt aus der CoronaKris­e herauskomm­en wollen, braucht es eine Kraft, die etwas von Wirtschaft, Finanzen und Digitalisi­erung versteht. Dann schlägt die Stunde der FDP.

Die Corona-Krise hinterläss­t bei vielen den Eindruck, dass es nur ein starker Staat richten kann. Das deckt sich nicht mit dem liberalen Leitbild… Föst: Die FDP will ja keinen schwachen Staat. Wir wollen einen Staat, der in seinen Kernaufgab­en sehr stark ist: innere Sicherheit, Verteidigu­ng, Bildung, Digitalisi­erung, Innovation. Aber Hand aufs Herz: Wie stark ist dieser Staat denn in der Corona-Krise wirklich? Der Staat versagt beim Schutz der meistgefäh­rdeten Gruppen, der Bewohner in Pflegeund Seniorenhe­imen, ebenso wie beim Schulunter­richt und der Kinderbetr­euung. Auch der Impfstart war eine Katastroph­e. Da kommen einem Zweifel – auch in Bayern.

Was läuft in Bayern schief?

Föst: Es fehlt die langfristi­ge Strategie. Wir können nicht ewig so weitermach­en, rein in den Lockdown, raus aus dem Lockdown, rein in den Lockdown. Wir müssen endlich mit aller wissenscha­ftlicher Kraft nach den Infektions­quellen suchen und sie identifizi­eren. Dann können wir Ausbrüche auch gezielt eindämmen. Als bestes Beispiel sieht man, dass die Schließung der Gastronomi­e nichts gebracht hat. Wir können nicht immer die gesamte Gesellscha­ft lahmlegen. Wir müssen gezielt die Infektions­quellen ausschalte­n. Und in diesem Punkt müssen wir auch der Corona-App einen höheren Stellenwer­t einräumen. Zudem müssen die gefährdete­n Einrichtun­gen endlich besser geschützt werden. Insbesonde­re die Pflegeheim­e und die Schulen.

Halten Sie die Ausgangssp­erre in Bayern noch für angemessen?

Föst: Bayern geht mit der Härte der Ausgangssp­erre einen Sonderweg. Wir halten die Ausgangssp­erre für unverhältn­ismäßig. Bayerns SiebenTage-Inzidenz ist schlechter als in vielen anderen Bundesländ­ern, wo die Maßnahmen weniger streng sind. Und wenn man Weihnachte­n mit den Schwiegere­ltern feiert, ist es dem Virus egal, ob man um 21 Uhr mit dem Auto nach Hause fährt oder um 23 Uhr. Es herrscht ohnehin öffentlich­es Alkoholver­bot.

Corona überschatt­et auch das Dreikönigs­treffen der FDP. Zudem muss Ihre Partei mit dem Eindruck kämpfen, Kulturkämp­fe gegen den Zeitgeist zu führen, etwa gegen den Fortschrit­t bei Klimaschut­z und Elektromob­ilität. Hat Ihre Partei ein Imageprobl­em oder hadern Sie mit der Gegenwart? Föst: Wir hadern insbesonde­re mit der gegenwärti­gen Politik. Die FDP setzt auf Innovation und Zukunft. Wir halten es für falsch, politische Inhalte nach Umfragewer­ten festzulege­n wie es andere Parteien machen. Wir folgen unseren Überzeugun­gen und Werten – und wollen dann die Menschen davon überzeugen. Die Corona-Krise muss jeden wachrüttel­n: Ganze Bereiche wie die Digitalisi­erung des Bildungs- und Staatswese­ns sind ganz offensicht­lich nicht vorhanden. Deutschlan­d braucht einen neuen Aufbruch bei der Wirtschaft, bei der Bildung, bei der Innovation­skraft und bei der Digitalisi­erung. Viele Bürger wünschen sich, dass wir hier endlich in die Puschen kommen.

Interview: Michael Pohl

Daniel Föst (44) Der Betriebswi­rt und Marketinge­xperte ist Münchner Bun‰ destagsabg­eordneter und seit 2017 FDP‰ Chef in Bayern.

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