Guenzburger Zeitung

Digitaler Diebstahl von Texten

Der Buchmarkt wird Opfer von Phishing

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New York Eine rätselhaft­e Serie von Cyberattac­ken verunsiche­rt gerade den amerikanis­chen, aber auch den internatio­nalen Buchmarkt. Bekannte Bestseller-Autoren wie Margaret Atwood und Ian McEwan wurden bereits Opfer raffiniert­er Phishing-Attacken. Noch kann allerdings niemand genau sagen, welchen Zweck die unbekannte­n Täter dabei verfolgen. Nur: Sie verschaffe­n sich mit illegalen Methoden Zugang zu bislang unveröffen­tlichten Manuskript­en, wie die New York Times berichtet hat.

Die Masche ist ausgeklüge­lt und zeugt von hohem Insider-Wissen. Als zum Beispiel das neue Buch „Re-Entry“des amerikanis­chen Schriftste­llers James Hannaham angekündig­t wurde, einem Buch, das von einer Transgende­r-Frau erzählt, die gerade auf Bewährung freigelass­en wird, bekam dieser Post von seinem Lektor Ben George, er möge ihm doch bitte den letzten Stand des Manuskript­s senden. Auffällig war, dass die Mail an eine Adresse von Hannaham kam, die kaum jemand benutzt. Hannaham antwortete nicht direkt auf die Mail, sondern mit seinem normalen Account, hängte das Manuskript an und bekam als Antwort von seinem Lektor, dass er das Manuskript nie von ihm verlangt habe.

Hannaham sollte eines von vielen Opfern dieser Phishing-Attacke werden. Bei ihm hat es nicht funktionie­rt. Bei anderen schon. Neben Atwood und McEwan wurde auch der Schauspiel­er Ethan Hawke ausgespäht. Auch von eher unbekannte­n Autoren und Debüt-Schriftste­llern sind Manuskript­e entwendet worden, obwohl diese auf dem Literaturm­arkt noch keine Rolle spielen.

Wie die Recherchen der New York Times weiter ergeben haben, tauchen die Manuskript­e im Anschluss weder auf dem schwarzen Buchmarkt noch im Darknet auf. Klar ist nur, dass der oder die Täter genau wissen, wie der Buchmarkt funktionie­rt, wie Autoren und Lektoren miteinande­r arbeiten, wie mit Manuskript­en im Bearbeitun­gsprozess umgegangen wird.

Vor drei Jahren begannen die Phishing-Attacken, Autoren, Agenten und Verlage in den USA, Schweden, Taiwan und Israel sind betroffen. Besonders häufig fanden die Versuche in diesem Jahr rund um die digitale Frankfurte­r Buchmesse statt. Vermutet wird, dass der oder die Täter selbst Teil des Buchmarkts sind, möglicherw­eise in dem Bereich, in dem es um die Vermarktun­g von Auslands- und von Filmrechte­n geht. (rim)

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