Zwischen Wahnsinn und Vorfreude
Die Kritik an der WM wächst, der Verband aber mag keine Gefahr erkennen
Neuss Im WM-Training in Neuss wird geackert, geschwitzt und gelacht – von Corona-Angst ist bei Deutschlands Handballern gut eine Woche vor der Endrunde in Ägypten nichts zu spüren. „Alle, die hier sind, haben Lust, dieses Turnier zu spielen und machen sich nicht so starke Gedanken über ihre Gesundheit“, berichtete Kapitän Uwe Gensheimer am Montag. „Natürlich reden wir über die Corona-Regeln. Aber sie sind keine Last oder kein Hemmnis.“Die teilweise massive Kritik an der Austragung der WM vom 13. bis 31. Januar, bei der sogar bis zu 30 Prozent Zuschauer zugelassen werden sollen, wird von Spielern und Funktionären zwar wahrgenommen – prallt aber ab.
„Wir haben das Thema ad acta gelegt“, sagte Gensheimer. Und Sportvorstand Axel Kromer bekräftigte mit Blick auf das Turnier: „Wir sind überzeugt, dass die vorliegenden Hygienekonzepte zum Schutz aller Beteiligten genügen.“Der Aufsichtsratschef des Bundesligisten
HC Erlangen sieht das ganz anders. „Die angebliche Blase in Kairo ist ein Witz“, sagte Carsten Bissel der Süddeutschen Zeitung. „Man hat das Gefühl, dass die Veranstalter in Ägypten gar nicht an einem echten Hygienekonzept interessiert sind. Sie werden sogar Zuschauer zulassen, welch ein Wahnsinn.“Anders als der DHB fürchtet
Bissel um die Gesundheit der Spieler. Es sei unverantwortlich, diese nach Ägypten zu schicken. „Ich bin der Meinung, dass diejenigen, die das zu verantworten haben, politisch und auch rechtlich dafür einstehen müssen, wenn es zu einer Katastrophe kommt.“, schimpfte er.
Die DHB-Auswahl, die vor der WM noch zwei EM-Qualifikationsspiele
gegen Österreich am Mittwoch in Graz und am Sonntag in Köln bestreitet, lässt sich davon nicht schrecken. „Ich glaube nicht, dass auch nur ein Zuschauer nah an uns herankommt“, sagte Gensheimer.
Schon im Vorfeld hatte der DHB Einfluss auf das Hygienekonzept genommen. Unter anderem wurde dafür gesorgt, dass Spieler oder Betreuer bei einem positiven CoronaTest sofort in die Heimat ausgeflogen werden können. „Und wir haben darauf hingewirkt, dass die Infektionsgefahr deutlich kleiner wird, indem die WM-Blase kleiner gestaltet wird“, betonte Kromer.
Bundestrainer Alfred Gislason erhofft sich von den zwei Spielen in dieser Woche wichtige Aufschlüsse für die WM, bei der die durch acht Absagen personell geschwächte deutsche Mannschaft in der Vorrunde auf Uruguay, Kap Verde und Ungarn trifft. „Ich merke, dass die Spieler extrem viel Spaß haben und keiner den Kopf in den Sand steckt“, sagte der 61-Jährige.