Starke Knochen in jedem Alter
Schon in ganz jungen Jahren gilt es für einen guten Knochenaufbau zu sorgen. Worauf Eltern achten sollten, was aber auch Senioren tun können und welche Risikofaktoren es gibt
Unsere Knochen sorgen für Stabilität und Halt von innen heraus. Sie können große Belastungen aushalten und Zugkräfte und Stauchungen abfangen. Sie sind stabil und gleichzeitig elastisch. Damit sie ihre Aufgaben ein ganzes Leben lang unter wechselnden Bedingungen ausüben können, sind die Knochen auch beim erwachsenen Menschen nicht in einem statischen Zustand, sondern werden ständig auf- und abgebaut. Einer starken äußeren Knochenwand folgt im Innern ein schwammartig aufgebautes Gewebe, ein Gerüstwerk aus feinen Knochenbälkchen. Diese erhalten ihre Stabilität durch den Einbau von Kalcium und Phosphat. Das Vorhandensein von Kalcium und Phosphat allein macht aber noch keinen starken Knochen, denn dazu gehört auch die mechanische Belastung. Wenn die Muskeln beansprucht werden und durch ihre Sehnen am Knochen zerren, ist dies der Impuls für den Knochen, seine Knochenmasse zu verstärken, also mehr Minerale einzubauen. Umgekehrt führt mangelnde Belastung, zum Beispiel bei Bettlägerigkeit, schnell zur Schwächung der Knochen durch einen Verlust der Knochenmasse. Dieses Problem besteht auch bei Astronauten, die längere Zeit im Weltall bleiben, da ihre Knochen durch den Wegfall der Schwerkraft nicht gefordert werden.
Schwachen Knochen fehlt es an
Festigkeit, sodass sie leichter brechen. Dies ist das Kennzeichen der Osteoporose, die besonders ältere Menschen betrifft. Mehr als 6,3 Millionen Betroffene gibt es in Deutschland – meist sind es Frauen. Bei Osteoporose können schon kleinste Belastungen oder Verletzungen zu einem Knochenbruch führen. „Im Falle eines Sturzes passiert das bei älteren Menschen leider sehr oft hüftnah, also am Oberschenkelhalsknochen. Das kann dann mitunter auch lebensgefährlich sein“, erklärt Ulrich Liener, Orthopäde und Unfallchirurg am Marienhospital in Stuttgart und Leiter der Sektion Alterstraumatologie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie.
„Für viele alte Menschen bedeutet ein Oberschenkelhalsbruch das Aus ihres selbstständigen Lebens.“Doch nicht jeder hat im Alter schwache Knochen: Da ständig ein Knochenumbau stattfindet, kann man durch gezielte Prävention das Pendel in Richtung eines vermehrten Knochenaufbaus verschieben. Die Osteoporose-Vorbeugung sollte schon in jungen Jahren beginnen, so der Rat von Experten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, denn zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr wird die maximale Knochendichte erreicht. Ab diesem Zeitpunkt überwiegt der Abbau der Knochenmasse, wenn man nicht gegensteuert. Bei Frauen wird zudem mit Eintritt der Wechseljahre ein schnellerer Knochenabbau beobachtet, da das Hormon Östrogen fehlt, welches bisher ein wichtiger Mitspieler beim Aufbau der Knochenmasse war.
Von starken Knochen in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter profitiert man sein ganzes Leben lang, da der Abbau der Knochenmasse dann von einem relativ hohen Level aus beginnt. Dies erreicht man unter anderem durch eine kalciumreiche Ernährung.
So sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder ausreichend Milchprodukte zu sich nehmen. Aber auch Mineralwasser mit hohem Kalciumgehalt, Gemüse wie Brokkoli, Fenchel und Grünkohl sowie Nüsse liefern viel Kalcium. Damit Kalcium aus dem Darm ins Blut aufgenommen und in Knochen eingelagert werden kann, benötigt der Körper Vitamin D. Bis zum zweiten Lebensjahr können Kinder Vitamin D nicht selbst bilden, sie brauchen deshalb zusätzliche Vitamin-D-Gaben. Danach reicht Sonnenlicht aus, um Vitamin D in der Haut selbst zu produzieren, weshalb Kinder viel Zeit an der frischen Luft verbringen sollten. Der dritte Knochenstarkmacher ist sportliche Betätigung. Wenn Muskeln am Knochen ziehen, wird der Knochenstoffwechsel angeregt. Krafttraining, Gymnastik und Schwimmen bauen vor allem in jungen Jahren viel Knochenmasse auf bei gleichzeitiger Stärkung der Muskulatur.
Im Erwachsenenalter gelten die gleichen Prinzipien wie in der Jugend, um Knochenmasse aufzubauen: Ernährung mit viel Kalcium, genug Vitamin D und Bewegung. Insbesondere Krafttraining und Dehnungsübungen verbessern die Stabilität des Skeletts. Eine ausgewogene
Ernährung berücksichtigt nicht nur genügend Kalcium, sondern achtet auch darauf, dass nicht zu viel Phosphat enthalten ist. Zwar ist Phosphat ebenfalls für den Knochenstoffwechsel nötig, aber im richtigen Verhältnis zum Kalcium. Ein Zuviel davon bindet das Kalcium, sodass es nicht in die Knochen eingelagert werden kann. Colagetränke, Fleisch- und Wurstwaren, Schmelzkäse und geröstete Erdnüsse sollten daher nur in Maßen auf den Tisch kommen. Auch Nikotin und Alkohol stellen Risikofaktoren dar.
Bei Senioren nimmt die Knochenstabilität immer weiter ab, wenn nicht gegengesteuert wird. Gesunde, ältere Menschen verlieren pro Jahr 0,5 bis 1 Prozent ihrer Knochenmasse; im Extremfall kann dieser Prozess 6 Prozent jährlich betragen. Dies erhöht das Risiko für Stürze – meist sind es Stolperstürze – und Knochenbrüche. Spätestens nach dem ersten Bruch sollte das Thema Osteoporose angesprochen werden und bei Bedarf eine entsprechende Therapie eingeleitet werden. „Die hohe Anzahl von Altersbrüchen muss durch eine konsequentere medikamentöse Osteoporose-Therapie gesenkt werden“, fordert Ulrich Liener. „Der überwiegende Teil der Patienten mit einem Hüftbruch hat bereits in den Jahren zuvor eine Fraktur erlitten, die durch Osteoporose bedingt ist. Die Osteoporose-Therapie findet in Deutschland aber nicht ausreichend statt“, so seine Kritik. Umso wichtiger
Stürze können dann lebensgefährlich sein
Therapie im Alter findet zu wenig statt
ist es, dem Sturzrisiko vorzubeugen.
Auch im höheren Alter können Balance, Muskelkraft, Ausdauer und Beweglichkeit trainiert werden. „Mit regelmäßiger Bewegung kann das Sturzrisiko relevant gesenkt und zudem die Knochenqualität verbessert werden“, betont der Orthopäde und Unfallchirurg Benjamin Bücking von den DRK-Kliniken Nordhessen und ergänzt: „Das muss kein Hochleistungssport sein, sondern auch milde Formen der Bewegung wie Tanzen, Spazieren in der Natur oder Krafttraining sind geeignet.“
Die Versorgung mit Vitamin D durch Aufenthalt im Freien ist im Alter häufig nicht mehr ausreichend, da die körpereigene Produktion des Vitamins abnimmt. Dann sollte man nach Rücksprache mit dem Arzt ein Ergänzungspräparat einnehmen. So kann sichergestellt werden, dass eine kalciumreiche Ernährung auch tatsächlich zur Knochenstärkung beiträgt.