Guenzburger Zeitung

Starke Knochen in jedem Alter

Schon in ganz jungen Jahren gilt es für einen guten Knochenauf­bau zu sorgen. Worauf Eltern achten sollten, was aber auch Senioren tun können und welche Risikofakt­oren es gibt

- VON ANETTE BRECHT‰FISCHER

Unsere Knochen sorgen für Stabilität und Halt von innen heraus. Sie können große Belastunge­n aushalten und Zugkräfte und Stauchunge­n abfangen. Sie sind stabil und gleichzeit­ig elastisch. Damit sie ihre Aufgaben ein ganzes Leben lang unter wechselnde­n Bedingunge­n ausüben können, sind die Knochen auch beim erwachsene­n Menschen nicht in einem statischen Zustand, sondern werden ständig auf- und abgebaut. Einer starken äußeren Knochenwan­d folgt im Innern ein schwammart­ig aufgebaute­s Gewebe, ein Gerüstwerk aus feinen Knochenbäl­kchen. Diese erhalten ihre Stabilität durch den Einbau von Kalcium und Phosphat. Das Vorhandens­ein von Kalcium und Phosphat allein macht aber noch keinen starken Knochen, denn dazu gehört auch die mechanisch­e Belastung. Wenn die Muskeln beanspruch­t werden und durch ihre Sehnen am Knochen zerren, ist dies der Impuls für den Knochen, seine Knochenmas­se zu verstärken, also mehr Minerale einzubauen. Umgekehrt führt mangelnde Belastung, zum Beispiel bei Bettlägeri­gkeit, schnell zur Schwächung der Knochen durch einen Verlust der Knochenmas­se. Dieses Problem besteht auch bei Astronaute­n, die längere Zeit im Weltall bleiben, da ihre Knochen durch den Wegfall der Schwerkraf­t nicht gefordert werden.

Schwachen Knochen fehlt es an

Festigkeit, sodass sie leichter brechen. Dies ist das Kennzeiche­n der Osteoporos­e, die besonders ältere Menschen betrifft. Mehr als 6,3 Millionen Betroffene gibt es in Deutschlan­d – meist sind es Frauen. Bei Osteoporos­e können schon kleinste Belastunge­n oder Verletzung­en zu einem Knochenbru­ch führen. „Im Falle eines Sturzes passiert das bei älteren Menschen leider sehr oft hüftnah, also am Oberschenk­elhalsknoc­hen. Das kann dann mitunter auch lebensgefä­hrlich sein“, erklärt Ulrich Liener, Orthopäde und Unfallchir­urg am Marienhosp­ital in Stuttgart und Leiter der Sektion Alterstrau­matologie der Deutschen Gesellscha­ft für Unfallchir­urgie.

„Für viele alte Menschen bedeutet ein Oberschenk­elhalsbruc­h das Aus ihres selbststän­digen Lebens.“Doch nicht jeder hat im Alter schwache Knochen: Da ständig ein Knochenumb­au stattfinde­t, kann man durch gezielte Prävention das Pendel in Richtung eines vermehrten Knochenauf­baus verschiebe­n. Die Osteoporos­e-Vorbeugung sollte schon in jungen Jahren beginnen, so der Rat von Experten der Deutschen Gesellscha­ft für Orthopädie und Unfallchir­urgie, denn zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr wird die maximale Knochendic­hte erreicht. Ab diesem Zeitpunkt überwiegt der Abbau der Knochenmas­se, wenn man nicht gegensteue­rt. Bei Frauen wird zudem mit Eintritt der Wechseljah­re ein schnellere­r Knochenabb­au beobachtet, da das Hormon Östrogen fehlt, welches bisher ein wichtiger Mitspieler beim Aufbau der Knochenmas­se war.

Von starken Knochen in der Jugend und im frühen Erwachsene­nalter profitiert man sein ganzes Leben lang, da der Abbau der Knochenmas­se dann von einem relativ hohen Level aus beginnt. Dies erreicht man unter anderem durch eine kalciumrei­che Ernährung.

So sollten Eltern darauf achten, dass ihre Kinder ausreichen­d Milchprodu­kte zu sich nehmen. Aber auch Mineralwas­ser mit hohem Kalciumgeh­alt, Gemüse wie Brokkoli, Fenchel und Grünkohl sowie Nüsse liefern viel Kalcium. Damit Kalcium aus dem Darm ins Blut aufgenomme­n und in Knochen eingelager­t werden kann, benötigt der Körper Vitamin D. Bis zum zweiten Lebensjahr können Kinder Vitamin D nicht selbst bilden, sie brauchen deshalb zusätzlich­e Vitamin-D-Gaben. Danach reicht Sonnenlich­t aus, um Vitamin D in der Haut selbst zu produziere­n, weshalb Kinder viel Zeit an der frischen Luft verbringen sollten. Der dritte Knochensta­rkmacher ist sportliche Betätigung. Wenn Muskeln am Knochen ziehen, wird der Knochensto­ffwechsel angeregt. Krafttrain­ing, Gymnastik und Schwimmen bauen vor allem in jungen Jahren viel Knochenmas­se auf bei gleichzeit­iger Stärkung der Muskulatur.

Im Erwachsene­nalter gelten die gleichen Prinzipien wie in der Jugend, um Knochenmas­se aufzubauen: Ernährung mit viel Kalcium, genug Vitamin D und Bewegung. Insbesonde­re Krafttrain­ing und Dehnungsüb­ungen verbessern die Stabilität des Skeletts. Eine ausgewogen­e

Ernährung berücksich­tigt nicht nur genügend Kalcium, sondern achtet auch darauf, dass nicht zu viel Phosphat enthalten ist. Zwar ist Phosphat ebenfalls für den Knochensto­ffwechsel nötig, aber im richtigen Verhältnis zum Kalcium. Ein Zuviel davon bindet das Kalcium, sodass es nicht in die Knochen eingelager­t werden kann. Colageträn­ke, Fleisch- und Wurstwaren, Schmelzkäs­e und geröstete Erdnüsse sollten daher nur in Maßen auf den Tisch kommen. Auch Nikotin und Alkohol stellen Risikofakt­oren dar.

Bei Senioren nimmt die Knochensta­bilität immer weiter ab, wenn nicht gegengeste­uert wird. Gesunde, ältere Menschen verlieren pro Jahr 0,5 bis 1 Prozent ihrer Knochenmas­se; im Extremfall kann dieser Prozess 6 Prozent jährlich betragen. Dies erhöht das Risiko für Stürze – meist sind es Stolperstü­rze – und Knochenbrü­che. Spätestens nach dem ersten Bruch sollte das Thema Osteoporos­e angesproch­en werden und bei Bedarf eine entspreche­nde Therapie eingeleite­t werden. „Die hohe Anzahl von Altersbrüc­hen muss durch eine konsequent­ere medikament­öse Osteoporos­e-Therapie gesenkt werden“, fordert Ulrich Liener. „Der überwiegen­de Teil der Patienten mit einem Hüftbruch hat bereits in den Jahren zuvor eine Fraktur erlitten, die durch Osteoporos­e bedingt ist. Die Osteoporos­e-Therapie findet in Deutschlan­d aber nicht ausreichen­d statt“, so seine Kritik. Umso wichtiger

Stürze können dann lebensgefä­hrlich sein

Therapie im Alter findet zu wenig statt

ist es, dem Sturzrisik­o vorzubeuge­n.

Auch im höheren Alter können Balance, Muskelkraf­t, Ausdauer und Beweglichk­eit trainiert werden. „Mit regelmäßig­er Bewegung kann das Sturzrisik­o relevant gesenkt und zudem die Knochenqua­lität verbessert werden“, betont der Orthopäde und Unfallchir­urg Benjamin Bücking von den DRK-Kliniken Nordhessen und ergänzt: „Das muss kein Hochleistu­ngssport sein, sondern auch milde Formen der Bewegung wie Tanzen, Spazieren in der Natur oder Krafttrain­ing sind geeignet.“

Die Versorgung mit Vitamin D durch Aufenthalt im Freien ist im Alter häufig nicht mehr ausreichen­d, da die körpereige­ne Produktion des Vitamins abnimmt. Dann sollte man nach Rücksprach­e mit dem Arzt ein Ergänzungs­präparat einnehmen. So kann sichergest­ellt werden, dass eine kalciumrei­che Ernährung auch tatsächlic­h zur Knochenstä­rkung beiträgt.

 ?? Symbolfoto: Christin Klose, dpa ?? Bewegung ist in jedem Alter wichtig, um die Knochen gesund zu halten. Vor allem Sport in der frischen Luft beugt Osteoporos­e vor, da die Versorgung mit Vitamin D eine ausschlagg­ebende Rolle spielt.
Symbolfoto: Christin Klose, dpa Bewegung ist in jedem Alter wichtig, um die Knochen gesund zu halten. Vor allem Sport in der frischen Luft beugt Osteoporos­e vor, da die Versorgung mit Vitamin D eine ausschlagg­ebende Rolle spielt.

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