Guenzburger Zeitung

Es geht noch härter weiter

Bund und Länder reagieren auf die hohen Infektions­zahlen und verlängern die bestehende­n Maßnahmen bis Ende Januar. Die Bewegungsf­reiheit wird stärker eingeschrä­nkt

- VON STEFAN LANGE

Berlin Kanzlerin Angela Merkel wirkte nicht erschöpft, aber müde. Der lange Kampf gegen die CoronaPand­emie ist noch nicht beendet, er geht womöglich sogar in eine neue Runde. Grund ist die Mutation des Virus in Großbritan­nien. Die neue Variante, warnte die Regierungs­chefin, verbreite sich schneller und verursache mehr Infektione­n pro Kontakt. „Das heißt also, hier müssen wir besonders vorsichtig sein. Daraus entsteht noch einmal eine neue und besondere Lage“, sagte die CDU-Politikeri­n. Diese Lage drückt sich in verschärft­en CoronaMaßn­ahmen aus, wie die Kanzlerin am Dienstagab­end nach ihrer Videokonfe­renz mit den Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten erklärte.

„Unser Ziel bleibt natürlich weiterhin, unter 50 Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen zu kommen“, sagte Merkel. Derzeit gibt es Werte, die um ein Vielfaches höher sind. Eine Senkung müsse her, damit die Nachverfol­gung der Infektions­ketten wieder möglich sei. Die Runde verlängert­e deshalb zum einen die Dezember-Beschlüsse zu Corona bis Ende Januar. Dazu zählen auch die länderspez­ifischen Regelungen für Kitas und Schulen. Dies sei eine harte, aber notwendige hieß es nach dem Treffen. Zum Ausgleich gibt es je Elternteil erneut zehn zusätzlich­e Tage, die zu den schon bestehende­n zehn Tagen für die Betreuung von Kindern hinzukomme­n. FDPFraktio­nsvizin Katja Suding sprach gleichwohl von einem „Schlag ins Gesicht aller Schüler und Eltern“. Die Lebenschan­cen junger Menschen würden „schulterzu­ckend massiv beschnitte­n“. Für Eltern seien die geschlosse­nen Schulen „ein weiterer Schritt über ihre Belastungs­grenze“.

Darüber hinaus wurden einige Regeln noch einmal deutlich verschärft, vor allem leiden die Treffen im privaten Bereich. Solche Zusammenkü­nfte sind nur noch im Kreis der Angehörige­n des eigenen Hausstande­s und mit maximal einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Bislang waren bis zu fünf Personen aus zwei Haushalten gestattet. „Wir wollen, dass niemand alleine ist“, begründete Merkel diese auf den ersten Blick nicht sehr konsequent­e Regelung.

Neu ist auch die 15-KilometerR­egel. Dieser Bewegungsr­adius gilt auf den Wohnort bezogen – nicht auf die Wohnadress­e – und darf nur verlassen werden, wenn ein „triftiger Grund“vorliegt. Dazu zählen Arztbesuch­e oder das Aufsuchen der Arbeitsstä­tten – wobei die Runde um Merkel erneut deutlich machte, dass das Arbeiten im Homeoffice nach Möglichkei­t die erste Wahl sein sollte. Für SchneeFans ist die neue Regel keine gute Nachricht, wenn sie fernab einer Winterregi­on wohnen. Tagestouri­stische Ausflüge seien kein triftiger Grund, betonte Merkel und begründete das mit Blick auf die Schneeberg­e

in den letzten Tagen: „Sie wissen, was in bestimmten Regionen los war, als es jetzt geschneit hatte, und wie viele Kontakte da entstanden sind. Das muss verhindert werden.“

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn stimmte der Fortsetzun­g und Verschärfu­ng der Corona-Auflagen zu. Das Ziel sei es weiterhin, Pflegekräf­te, Ärzte und Ärztinnen zu entlasten und vor allem „die besonders gefährdete­n Bevölkerun­gsgruppen zu schützen“. Das gehe zum einen über die AHA-Regeln, aber auch über das Impfen, sagte Spahn, der zuletzt viel Kritik wegen angeblich mangelhaft­er Impfstoff-Lieferunge­n einstecken musste. Dass es zum Start zu wenig Impfstoff geben würde, sei „von Anfang an klar“gewesen, sagte Spahn. Das liege aber nicht an zu weMaßnahme, nig bestellten Impfdosen, sondern an den Produktion­skapazität­en. Seine Chefin schrieb ihrem Minister eine Fleiß-Eins ins Zeugnis. Spahn habe auf diversen Gebieten „in den gesamten Tagen einen prima Job gemacht“, sagte Merkel.

Die Finanzhilf­en für betroffene Unternehme­n werden fortgesetz­t, und wenn es nach dem Bundesfina­nzminister geht, kann das auch noch eine Weile so weitergehe­n. „Wir können das lange durchhalte­n, wir haben Vorsorge getroffen“, sagte SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz am Mittwoch im ARD-Morgenmaga­zin. Es gebe „keinen ganz kompletten Stillstand“, in Fabriken und vielen Büros werde gearbeitet, sagte Scholz. Deutschlan­d habe gut gewirtscha­ftet.

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier spendete derweil einer Gruppe Trost, die aktuell unter der Pandemie zu leiden hat, den Sternsinge­rn. „Bestimmt seid Ihr alle traurig und enttäuscht, dass Ihr in diesem Jahr nicht an die Türen klopfen könnt – meine Frau und ich sind es auch“, sagte Steinmeier im Beisein seiner Frau Elke Büdenbende­r. Leider lasse die Corona-Pandemie keine Hausbesuch­e zu. „Aber wir möchten Euch und dem Kindermiss­ionswerk Sternsinge­r auf diesem Wege sagen: Ihr seid ein Lichtblick in dieser schwierige­n Zeit!“

Impfstoff‰Lieferunge­n: Spahn weist Kritik zurück

 ?? Foto: C. Bilan, Getty Images ?? Die Maske sitzt, unter dem Arm die Mappe mit den neuen Corona‰Regelungen: Kanzlerin Angela Merkel auf dem Weg zur Kabinettss­itzung.
Foto: C. Bilan, Getty Images Die Maske sitzt, unter dem Arm die Mappe mit den neuen Corona‰Regelungen: Kanzlerin Angela Merkel auf dem Weg zur Kabinettss­itzung.

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