Es geht noch härter weiter
Bund und Länder reagieren auf die hohen Infektionszahlen und verlängern die bestehenden Maßnahmen bis Ende Januar. Die Bewegungsfreiheit wird stärker eingeschränkt
Berlin Kanzlerin Angela Merkel wirkte nicht erschöpft, aber müde. Der lange Kampf gegen die CoronaPandemie ist noch nicht beendet, er geht womöglich sogar in eine neue Runde. Grund ist die Mutation des Virus in Großbritannien. Die neue Variante, warnte die Regierungschefin, verbreite sich schneller und verursache mehr Infektionen pro Kontakt. „Das heißt also, hier müssen wir besonders vorsichtig sein. Daraus entsteht noch einmal eine neue und besondere Lage“, sagte die CDU-Politikerin. Diese Lage drückt sich in verschärften CoronaMaßnahmen aus, wie die Kanzlerin am Dienstagabend nach ihrer Videokonferenz mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten erklärte.
„Unser Ziel bleibt natürlich weiterhin, unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in sieben Tagen zu kommen“, sagte Merkel. Derzeit gibt es Werte, die um ein Vielfaches höher sind. Eine Senkung müsse her, damit die Nachverfolgung der Infektionsketten wieder möglich sei. Die Runde verlängerte deshalb zum einen die Dezember-Beschlüsse zu Corona bis Ende Januar. Dazu zählen auch die länderspezifischen Regelungen für Kitas und Schulen. Dies sei eine harte, aber notwendige hieß es nach dem Treffen. Zum Ausgleich gibt es je Elternteil erneut zehn zusätzliche Tage, die zu den schon bestehenden zehn Tagen für die Betreuung von Kindern hinzukommen. FDPFraktionsvizin Katja Suding sprach gleichwohl von einem „Schlag ins Gesicht aller Schüler und Eltern“. Die Lebenschancen junger Menschen würden „schulterzuckend massiv beschnitten“. Für Eltern seien die geschlossenen Schulen „ein weiterer Schritt über ihre Belastungsgrenze“.
Darüber hinaus wurden einige Regeln noch einmal deutlich verschärft, vor allem leiden die Treffen im privaten Bereich. Solche Zusammenkünfte sind nur noch im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstandes und mit maximal einer weiteren, nicht im Haushalt lebenden Person gestattet. Bislang waren bis zu fünf Personen aus zwei Haushalten gestattet. „Wir wollen, dass niemand alleine ist“, begründete Merkel diese auf den ersten Blick nicht sehr konsequente Regelung.
Neu ist auch die 15-KilometerRegel. Dieser Bewegungsradius gilt auf den Wohnort bezogen – nicht auf die Wohnadresse – und darf nur verlassen werden, wenn ein „triftiger Grund“vorliegt. Dazu zählen Arztbesuche oder das Aufsuchen der Arbeitsstätten – wobei die Runde um Merkel erneut deutlich machte, dass das Arbeiten im Homeoffice nach Möglichkeit die erste Wahl sein sollte. Für SchneeFans ist die neue Regel keine gute Nachricht, wenn sie fernab einer Winterregion wohnen. Tagestouristische Ausflüge seien kein triftiger Grund, betonte Merkel und begründete das mit Blick auf die Schneeberge
in den letzten Tagen: „Sie wissen, was in bestimmten Regionen los war, als es jetzt geschneit hatte, und wie viele Kontakte da entstanden sind. Das muss verhindert werden.“
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stimmte der Fortsetzung und Verschärfung der Corona-Auflagen zu. Das Ziel sei es weiterhin, Pflegekräfte, Ärzte und Ärztinnen zu entlasten und vor allem „die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu schützen“. Das gehe zum einen über die AHA-Regeln, aber auch über das Impfen, sagte Spahn, der zuletzt viel Kritik wegen angeblich mangelhafter Impfstoff-Lieferungen einstecken musste. Dass es zum Start zu wenig Impfstoff geben würde, sei „von Anfang an klar“gewesen, sagte Spahn. Das liege aber nicht an zu weMaßnahme, nig bestellten Impfdosen, sondern an den Produktionskapazitäten. Seine Chefin schrieb ihrem Minister eine Fleiß-Eins ins Zeugnis. Spahn habe auf diversen Gebieten „in den gesamten Tagen einen prima Job gemacht“, sagte Merkel.
Die Finanzhilfen für betroffene Unternehmen werden fortgesetzt, und wenn es nach dem Bundesfinanzminister geht, kann das auch noch eine Weile so weitergehen. „Wir können das lange durchhalten, wir haben Vorsorge getroffen“, sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. Es gebe „keinen ganz kompletten Stillstand“, in Fabriken und vielen Büros werde gearbeitet, sagte Scholz. Deutschland habe gut gewirtschaftet.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spendete derweil einer Gruppe Trost, die aktuell unter der Pandemie zu leiden hat, den Sternsingern. „Bestimmt seid Ihr alle traurig und enttäuscht, dass Ihr in diesem Jahr nicht an die Türen klopfen könnt – meine Frau und ich sind es auch“, sagte Steinmeier im Beisein seiner Frau Elke Büdenbender. Leider lasse die Corona-Pandemie keine Hausbesuche zu. „Aber wir möchten Euch und dem Kindermissionswerk Sternsinger auf diesem Wege sagen: Ihr seid ein Lichtblick in dieser schwierigen Zeit!“
ImpfstoffLieferungen: Spahn weist Kritik zurück