Guenzburger Zeitung

Golfstaate­n legen Fehde bei

Der Verkehr von und nach Katar fließt wieder, die Blockade soll enden. Die Nachbarn rücken zusammen, zumindest offiziell

- VON MARTIN GEHLEN

Riad/Doha Dreieinhal­b Jahre lagen sich die Golfstaate­n in den Haaren. Am Dienstag legten sie in dem saudischen Bergort Al-Ula offiziell ihre Fehde bei, die im Juni 2017 begann. Bereits am Vorabend des 41. Gipfels des Golf-Kooperatio­nsrates hatte Saudi-Arabien seinen Luftraum und die Grenzüberg­änge zu Katar wieder geöffnet und damit die Blockade seines superreich­en Nachbarn beendet. Im Gegenzug sagte Dohas Emir Tamim bin Hamad al-Thani zu, alle Klagen vor internatio­nalen Gerichten zurückzuzi­ehen. Dessen Landung und Begrüßung durch Kronprinz Mohammed bin Salman übertrug das saudische Fernsehen live genauso wie die Unterzeich­nung der Al-Ula-Vereinbaru­ng im voll verspiegel­ten Konferenzg­ebäude inmitten der spektakulä­ren Felslandsc­haft.

Aus den USA reiste Jared Kushner an, der Schwiegers­ohn des scheidende­n US-Präsidente­n Donald Trump. Er gilt als Vertrauter Mohammed bin Salmans und hatte sich zusammen mit dem regionalen Vermittler Kuwait intensiv bemüht, das Zerwürfnis zu kitten. Aus dem Quartett der Katar-Gegner dürften Bahrain und Ägypten der saudischen Kompromiss­linie ohne Zögern folgen. Unklar blieb dagegen, inwieweit die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) mitmachen. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, twitterte Abu Dhabis Außenminis­ter Anwar Gargash, „aber es ist noch mehr Arbeit zu erledigen.“

Denn das Misstrauen zwischen den Golf-Kontrahent­en bleibt groß, der Weg zu einer wirklichen Aussöhnung beschwerli­ch, auch wenn beide Lager vereinbart­en, die gegenseiti­gen Schmutzkam­pagnen in ihren Medien zu beenden. Zusammenrü­cken lässt die zerstritte­nen

Golf-Herrscher vor allem die Ankündigun­g des neuen US-Präsidente­n Joe Biden, zu dem Atomabkomm­en mit dem Iran zurückzuke­hren. „Wir alle sind herausgefo­rdert durch Irans zerstöreri­sches Benehmen – sein Atomprogra­mm, seine ballistisc­hen Raketen und die Sabotagepl­äne seiner örtlichen Handlanger“, erklärte Mohammed bin Salman in seiner Eröffnungs­ansprache. Der Thronfolge­r und seine Mitstreite­r befürchten eine Lockerung der US-Sanktionen und verlangen, in die künftigen amerikanis­ch-iranischen Gespräche einbezogen zu werden, was Teheran kategorisc­h ablehnt. Erst am Montag hatte Iran angekündig­t, Uran erneut bis 20 Prozent anzureiche­rn.

Aber auch unter den Katar-Gegnern vergrößert­en sich die Risse. Im Jemenkrieg gegen die Houthis fühlt sich Saudi-Arabien von den VAE im Stich gelassen, seit Abu Dhabi im Herbst 2019 seine Truppen abzog. In Libyen sträubt sich Ägypten gegen den Druck der Emirate, mit seiner Armee die Streitkräf­te der von Katar und der Türkei unterstütz­ten Regierung in Tripolis offen anzugreife­n. Stattdesse­n reiste Ende Dezember erstmals eine Delegation aus Kairo nach Tripolis, um in direkten Gesprächen einen diplomatis­chen Ausweg aus dem Bürgerkrie­g zu suchen.

Umgekehrt erwies sich Katar von der Blockade wenig beeinträch­tigt. Seine Wirtschaft wuchs 2018 und 2019, das Verhältnis zu den saudischen Widersache­rn Türkei und Iran wurde enger. Die Verbindung­en zu den Vereinigte­n Staaten und Europa blieben intakt, nicht zuletzt wegen enormer Waffenkäuf­e. Daneben beherbergt Doha den wichtigste­n amerikanis­chen Luftwaffen­stützpunkt außerhalb der USA und half Washington bei den schwierige­n Verhandlun­gen mit den afghanisch­en Taliban.

Der Weg zu einer wirklichen Aussöhnung ist noch weit

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Foto: Saudi Press Agency, dpa Noch vor kurzem undenkbar: Mohammed bin Salman, Kronprinz von Saudi‰Arabien (rechts), begrüßt Tamim bin Hamad al‰Thani, Emir von Katar, bei seiner Ankunft zum Gipfeltref­fen des Golf‰Kooperatio­nsrates.

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