Miesbacher Miesmacher
Pardon, aber das Wortspiel in der Überschrift drängt sich förmlich auf, seit einige Hitzköpfe in der kleinen Kreisstadt im bayerischen Oberland böse Worte über die Münchner sagen und sogar auf Schilder schreiben. Die Stimmung in Miesbach ist deshalb so mies, weil aktuell erstens ein Vielfaches an Ausflüglern aus der Großstadt das Oberland stürmt, Straßen verstopft und Parkplätze blockiert und zweitens, anders als sonst, weder dort übernachtet noch einen Schweinsbraten isst und somit auch kein Geld dalässt. Und der schnöde Mammon ist ja bekanntlich der einzige Grund, warum Touristenorte Sommer- und Winterfrischler, Wanderer und Erholungssuchende, Bergsteiger und Skifahrer gerne willkommen heißen.
Nun ist ja die Bedeutung Miesbachs für das bayerische Lebensgefühl unbestritten. Der stilbildende Miesbacher Trachtenverein – einer der ersten in Bayern – hatte einen Vorläufer mit dem programmatischen Namen „Gesellschaft Gemüthlichkeit“. Und das „Miesbacher Haberfeldtreiben“aus dem Jahr 1893 gilt als einer der Höhepunkte bayerischer Volksjustiz.
Jetzt schwoll dort erneut der Zorn des ansonsten gemütlichen Volkes. Ein paar Tage lang ging’s hoch her zwischen Hauptstädtern und Oberlandlern. Die Münchner fühlten sich beleidigt, die Miesbacher (und auch die Schlierseer, Tölzer und Tegernseer) bedrängt und missverstanden. Dass ausgerechnet der Vorschlag eines ostdeutschen Linken-Politikers im inneroberbayerischen Stadt-Land-Konflikt für Entlastung sorgen könnte, wird wohl als Kuriosität in die bayerische Landesgeschichte eingehen. Ohne Bodo Ramelows Initiative – schärfere Kontaktverbote und 15-Kilometer-Sperrzone für Hotspot-Bewohner – hätte noch größeres Unheil gedroht, sprich: ein Miesbacher Haberfeldtreiben gegen die Touristen im Oberland.