Guenzburger Zeitung

Geiger freut sich über das Maximum

Der Deutsche rückt in der Gesamtwert­ung noch auf Platz zwei vor. Mehr war angesichts des überragend­en Kamil Stoch nicht möglich. Weniger versöhnlic­h lief der Abschluss für Markus Eisenbichl­er

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Bischofsho­fen Die stolzen Teamkolleg­en trugen „König Kamil“durch das menschenle­ere Skisprung-Stadion, der geschlagen­e Karl Geiger beglückwün­schte ehrfürchti­g den Ausnahmeat­hleten. „Gratulatio­n an Kamil. Wahnsinnig gemacht“, sagte der Gesamtzwei­te aus Deutschlan­d, der in Bischofsho­fen mit einer großartige­n Leistung noch aufs Podest sprang. Den ersten Tournee-Sieg seit Sven Hannawald 2002 verpasste Geiger aber deutlich, weil Triumphato­r Stoch auch auf der riesigen Anlage im Pongau dominierte. Mit einem weiteren klaren Einzelsieg machte er seinen dritten Vierschanz­entournee-Triumph perfekt.

Nach turbulente­n zehn Tagen mit Corona-Ausschluss und der folgenden Rückholakt­ion hat Stoch mit einer fulminante­n Flugshow auf 139 und 140 Meter spätestens in Bischofsho­fen bewiesen, wer derzeit der beste Skispringe­r der Welt ist. „Ein Kamil Stoch in der Form ist unschlagba­r. Wir haben trotz des ganzen Trubels eine gute Tournee gesprungen. Wir sind die Zweitbeste­n bei dieser Vierschanz­entournee, da können wir uns schon drüber freuen“, sagte Bundestrai­ner Stefan Horngacher im ZDF.

Dominator Stoch musste der 27 Jahre alte Geiger zwar ziehen lassen, dafür überholte er als Tagesdritt­er mit Flügen auf 138 und 133,5 Meter noch die beiden Rivalen Dawid Kubacki aus Polen und den norwegisch­en Topfavorit­en Halvor Egner Granerud. „Ich bin echt froh, dass ich das heute noch so hingebrach­t habe. Es war keine einfache Kost für mich. Heute habe ich es echt noch mal geschafft, die Spannung hochzufahr­en. Ich bin überglückl­ich“, sagte Geiger.

Dass der ersehnte Tournee-Sieg für Deutschlan­d auch nach 19 Jahren

des Wartens wieder nicht gelang – fast Nebensache. Der 33 Jahre alte Stoch hatte das Traditions­event schon 2016/17 und 2017/18 gewonnen und kehrte nun zurück auf den Skisprung-Gipfel. Sein Ex-Coach Horngacher lobte: „Ich freue mich auch für Kamil, dass er das gewinnt. Er ist ein absoluter Siegertyp, er hat es extrem verdient.“

Umso wertvoller war Geigers Silberrang, den er trotz seines Patzers in Innsbruck mit dem starken Abschluss noch sicherstel­lte. „Es ist ein toller zweiter Platz“, lobte Coach

Horngacher. „Der Karl ist mental unglaublic­h stark. Die anderen haben Fehler gemacht und der Karl ist dazwischen reingespru­ngen.“Geigers Freund Markus Eisenbichl­er erlebte zum Abschluss dagegen ein sportliche­s Debakel und verpasste als 35. sogar den zweiten Durchgang.

Stochs Traum vom nächsten Titel schien in Oberstdorf, wo das ganze polnische Team wegen eines Corona-Falls von Klemens Muranka zunächst ausgeschlo­ssen wurde, schon geplatzt. Nach 22 Stunden Verwirrung folgte aber die schnelle Rückkehr – und neun Tage später der ganz große Triumph.

Das deutsche Team hatte nach dem furiosen Auftakterf­olg von Lokalmatad­or Geiger in Oberstdorf selbst auf den ersten Gesamtsieg seit 2002 gehofft, leistete sich aber mehrere Patzer, unter anderem auf der Schicksals­anlage am Bergisel in Innsbruck. Am Mittwoch glänzte Geiger dann plötzlich wieder. Für Eisenbichl­er endete die Tournee stattdesse­n mit Riesenfrus­t. „Es ist schon bitter, aber so was hab ich schon so oft miterlebt. Von demher: Da rege ich mich gar nicht mehr so auf“, sagte der Bayer. Zuvor hatte er im ZDF noch losgeschim­pft: „Beschissen“sei sein Abschluss gewesen, „ein Drecksspru­ng“.

Flug-Weltmeiste­r Geiger und Hoffnungst­räger Eisenbichl­er waren mit großen Ambitionen in die Tournee gestartet und hatten diese zum Start auch untermauer­t. Zur Halbzeit in Garmisch kommentier­te „Eisei“das Dauerduell mit Senkrechts­tarter Granerud und den beiden starken polnischen Rivalen noch schnippisc­h: „Die Pamperl da vorne, die Norweger und die Polen, die werden wir schon noch einholen.“In Innsbruck passierte genau das Gegenteil: Die Konkurrenz, vor allem Stoch, zog davon und ersprang sich den entscheide­nden Vorsprung. Dass es mit einem Start nach den Turbulenze­n überhaupt klappte, dankte er immer wieder explizit den Verantwort­lichen um

Chefcoach Michal Dolezal. „Ich kann mich nur bei unseren Trainern bedanken: Sie haben bis zum Ende für uns gekämpft.“

In einem Winter voller Höhepunkte, der mit zwei Weltcup-Siegen von Eisenbichl­er und dem FlugWM-Gold von Geiger verheißung­svoll begonnen hatte, ist der verpasste Tournee-Triumph nur ein kleiner Dämpfer für die Horngacher­Schützling­e. Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ohnehin nicht: Ab Freitag steht schon der Heim-Weltcup in Titisee-Neustadt auf dem Programm, das deutsche Team reist am Donnerstag direkt Richtung Schwarzwal­d. Das letzte Saisonhigh­light ist dann die Heim-WM in Oberstdorf (ab 23. Februar).

Stoch gewinnt die Tournee bereits zum dritten Mal

 ?? Foto: Christian Walgram, Witters ?? Nach dem ersten Springen in Oberstdorf hatte Karl Geiger noch mit dem Gesamtsieg geliebäuge­lt. Wenig später musste er einen herben Rückschlag in Innsbruck hinnehmen. Dass es am Ende noch der zweite Gesamtrang wurde: ein großer Erfolg.
Foto: Christian Walgram, Witters Nach dem ersten Springen in Oberstdorf hatte Karl Geiger noch mit dem Gesamtsieg geliebäuge­lt. Wenig später musste er einen herben Rückschlag in Innsbruck hinnehmen. Dass es am Ende noch der zweite Gesamtrang wurde: ein großer Erfolg.

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