Die Belastung wird für Schüler und Lehrer höher
Dieses Jahr gibt es keine Faschingsferien für Schüler und Lehrer und in den nächsten Wochen geht es mit Distanzunterricht weiter. Warum diese Entscheidungen teilweise nicht gut bei den Betroffenen ankommen
Dieses Jahr fallen die Faschingsferien aus. Wie Betroffene mit dieser Entscheidung und Distanzunterricht umgehen.
Landkreis In den bayerischen Schulen wird es nach dem Ende der Weihnachtsferien keinen Präsenzunterricht geben. Vielmehr bleibt es bis Ende Januar beim Distanzunterricht, dieses Vorhaben teilte Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch mit. Mit dieser Entscheidung haben viele gerechnet, aber nicht damit: Die Faschingsferien vom 15. bis 19. Februar werden gestrichen und das stößt bei Betroffenen in der Region auf wenig Verständnis.
Klare Worte findet Christian Hörtrich, Schulleiter von Günzburger Maria-Ward-Gymnasium und -Realschule: „Es ist keinerlei Vertrauen in unsere Fähigkeiten und in den Distanzunterricht da. Es kommt so rüber, dass es kein gescheiter Unterricht ist. Das tut weh.“Für die Motivation sei dies ganz problematisch. Denn manche Fachschaften wie etwa Englisch erklärten ihm gegenüber, dass die Schüler trotz der ungewohnten Bedingungen nichts versäumt hätten.
Der Distanzunterricht sei indes für Schüler, aber auch für Lehrer alles andere als einfach, sagt Hörtrich. Mehr noch, er sei wesentlich anstrengender als normaler Präsenzunterricht. Zudem fahren viele Lehrkräfte Sonderschichten: Es gibt Fortbildungen, um einen bestmöglichen Unterricht anbieten zu können – diese fanden zuletzt sogar in den Weihnachtsferien statt. „Diese Tage sind für viele Kollegen Arbeitszeit gewesen – und jetzt werden die Faschingsferien gestrichen, an denen wir zwar nicht unterrichten, aber andere Arbeiten machen können“, sagt Hörtrich. Das sei nun nicht mehr oder nur mit erheblichem Mehraufwand möglich.
Den Frust der Betroffenen kann Schulamtsdirektor Thomas Schulze gut nachvollziehen. „Viele arbeiten weit über ihrem Pflichtmaß, der Distanzunterricht bedeutet einen riesigen Aufwand“, sagt er. Die Ferien zu streichen, bedeute gleichzeitig, dringend notwendige Pausen – für Lehrer wie Schüler – herauszunehmen. Mit Blick auf die Schüler sei die Maßnahme aber richtig – und sie überrascht Schulze auch nicht. „Der Distanzunterricht kann den
nicht ersetzen. Es entstehen Lernlücken bei den Schülern, das ist Fakt und lässt sich nicht vermeiden“, sagt er. Durch die Verlängerung des Distanzunterrichts bis Ende Januar werden bereits bestehende Lernlücken nun noch größer werden, meint Schulze. „Deshalb braucht es Formen der Kompensation“, lautet sein Fazit.
Hörtrich gibt zu bedenken, dass nun elf Wochen Unterricht ohne Pause bevorstehen, da die nächsten Osterferien erst am 29. März beginnen. „Schüler gehen oftmals schon nach sechs Wochen am Stock“, sagt er. Und auch Lehrer hätten sich mit letzter Kraft in die Weihnachtsferien gerettet. Dem Schulleiter ist bewusst, dass andere Berufe – Stichwort Pflege – noch viel stärker belastet werden, aber auch bei ihm schrillen alle Alarmglocken, wenn er an die Arbeitsbelastung denkt.
Die Ferien zu streichen, sieht aus diesem Grund auch Schulze nicht unkritisch. Die Entscheidungsträger, so der Schulamtsdirektor, müssten im Blick behalten, dass eine systemrelevante Berufsgruppe sehr belastet wird. Gleichzeitig betont er: „Es geht darum, unseren Kindern die bestmögliche Bildung zu ermöglichen. Daher ist dieser Schritt nachvollziehbar.“Denn es mangele aktuell schlicht an guten Alternativen.
Eine Möglichkeit wäre in den Augen des Schulamtsdirektors etwa, statt Ferien zu streichen, die Lerninhalte bis Schuljahresende zu fokussieren. „Wir müssten hier viel Kraft in die Frage investieren, was für unsere Kinder wirklich wichtig ist – und den Schulen maximales Zutrauen geben.“Besonders Letzteres fehle aktuell zuweilen. „Es wird gerade viel geschimpft über die Schule“, berichtet Schulze. Er sieht im Moment auch die Gefahr, dass die digitale Bildung mit dem Distanzunterricht gleichgesetzt werde. „Das ist mitnichten der Fall. VielPräsenzunterricht mehr müssen wir digitale Bildung künftig in den Präsenzunterricht integrieren. Wir müssen diese Krise als Chance begreifen, unseren Unterricht langfristig mit digitalem Lernen individueller und differenzierter zu gestalten.“
Nun stehen aber erst einmal drei weitere Wochen Distanzunterricht auf dem Programm. Die Verlängerung der Maßnahmen kann Hörtrich nachvollziehen. Ein Blick auf die Zahlen und das Infektionsgeschehen lassen keine andere Wahl. Ein insgesamt positives Fazit zieht Hörtrich beim Blick auf die vergangenen Monate: „Ich bin massiv stolz, dass wir einen so hochwertigen Distanzunterricht anbieten konnten und wie wir das auf die Schnelle gemeistert haben. Wir haben in jetzt fast einem Jahr etwa zehn Jahre Schulentwicklung im Bereich Digitalisierung übersprungen.“Seine beiden Schulen hatten Glück, dass sie schon von Beginn an technisch gut ausgestattet waren und zum nächsten Schuljahr die Kinder aller Klassen mit Tablets ausgestattet werden können. Mit der in der Kritik stehenden fehleranfälligen Online-Lernplattform Mebis habe Hörtrich keine Probleme – aus einem einfachen Grund. Sie haben auf das Pferd „Microsoft Teams“gesetzt und das garantiert ihnen einen stabilen Unterricht, der Schüler und Lehrer zufriedenstelle.
Die Verlängerung des Distanzunterrichts bis Ende Januar hält auch Schulze für richtig. Besonders für die Erst- und Zweitklässler sei der Distanzunterricht aber eine große Herausforderung, gibt der Schulamtsdirektor zu bedenken: „Die Schüler sind erst seit Kurzem in der Schule und hier ist die Selbstständigkeit noch nicht so ausgeprägt.“Die Kinder seien auf die intensive Mitarbeit der Eltern angewiesen.
Das bestätigt auch Heike Neher, Rektorin der Grundschule Niederraunau. „Die Kinder können bei Präsenzunterricht direkt nachfragen und haben einfach mehr Freude am Lernen, wenn sie auch von ihren Klassenkameraden Feedback bekommen. Das fehlt im Distanzunterricht.“Zumal dieser nicht für alle Schüler immer so einfach umzusetzen sei. „Gerade in ländlichen Gebieten ist die Internetverbindung teils schlecht“, berichtet Neher. Besonders in solchen Fällen sei die Schule auf die Unterstützung der Eltern angewiesen. Trotzdem hält die Rektorin die Verlängerung der Maßnahmen für richtig. „Die Gesundheit der Schüler, der Lehrer und ihrer Familien geht vor. Wir hoffen aber, dass der Zeitpunkt für den Eintritt in den Wechselunterricht zumindest für die Jüngsten bald möglich ist.“
Denn ein großes Thema wird wohl auch die Notbetreuung werden, vermutet Neher. Wie diese, die nun für alle Schüler ohne Begründung möglich ist, ausfalle, wagt auch Hörtrich noch nicht einzuschätzen. Zuletzt nahm lediglich ein Schüler das Betreuungsangebot wahr, im Frühjahr waren es bis zu zehn. Diese Betreuung zu gewährleisten, ist laut dem Günzburger Schulleiter personalintensiv, da hier unterschiedliche Gruppen geschaffen werden müssen, um keinen Ort der Ansteckung zu schaffen.