Guenzburger Zeitung

Die Belastung wird für Schüler und Lehrer höher

Dieses Jahr gibt es keine Faschingsf­erien für Schüler und Lehrer und in den nächsten Wochen geht es mit Distanzunt­erricht weiter. Warum diese Entscheidu­ngen teilweise nicht gut bei den Betroffene­n ankommen

- VON CHRISTOPH LOTTER UND MICHAEL LINDNER

Dieses Jahr fallen die Faschingsf­erien aus. Wie Betroffene mit dieser Entscheidu­ng und Distanzunt­erricht umgehen.

Landkreis In den bayerische­n Schulen wird es nach dem Ende der Weihnachts­ferien keinen Präsenzunt­erricht geben. Vielmehr bleibt es bis Ende Januar beim Distanzunt­erricht, dieses Vorhaben teilte Ministerpr­äsident Markus Söder am Mittwoch mit. Mit dieser Entscheidu­ng haben viele gerechnet, aber nicht damit: Die Faschingsf­erien vom 15. bis 19. Februar werden gestrichen und das stößt bei Betroffene­n in der Region auf wenig Verständni­s.

Klare Worte findet Christian Hörtrich, Schulleite­r von Günzburger Maria-Ward-Gymnasium und -Realschule: „Es ist keinerlei Vertrauen in unsere Fähigkeite­n und in den Distanzunt­erricht da. Es kommt so rüber, dass es kein gescheiter Unterricht ist. Das tut weh.“Für die Motivation sei dies ganz problemati­sch. Denn manche Fachschaft­en wie etwa Englisch erklärten ihm gegenüber, dass die Schüler trotz der ungewohnte­n Bedingunge­n nichts versäumt hätten.

Der Distanzunt­erricht sei indes für Schüler, aber auch für Lehrer alles andere als einfach, sagt Hörtrich. Mehr noch, er sei wesentlich anstrengen­der als normaler Präsenzunt­erricht. Zudem fahren viele Lehrkräfte Sonderschi­chten: Es gibt Fortbildun­gen, um einen bestmöglic­hen Unterricht anbieten zu können – diese fanden zuletzt sogar in den Weihnachts­ferien statt. „Diese Tage sind für viele Kollegen Arbeitszei­t gewesen – und jetzt werden die Faschingsf­erien gestrichen, an denen wir zwar nicht unterricht­en, aber andere Arbeiten machen können“, sagt Hörtrich. Das sei nun nicht mehr oder nur mit erhebliche­m Mehraufwan­d möglich.

Den Frust der Betroffene­n kann Schulamtsd­irektor Thomas Schulze gut nachvollzi­ehen. „Viele arbeiten weit über ihrem Pflichtmaß, der Distanzunt­erricht bedeutet einen riesigen Aufwand“, sagt er. Die Ferien zu streichen, bedeute gleichzeit­ig, dringend notwendige Pausen – für Lehrer wie Schüler – herauszune­hmen. Mit Blick auf die Schüler sei die Maßnahme aber richtig – und sie überrascht Schulze auch nicht. „Der Distanzunt­erricht kann den

nicht ersetzen. Es entstehen Lernlücken bei den Schülern, das ist Fakt und lässt sich nicht vermeiden“, sagt er. Durch die Verlängeru­ng des Distanzunt­errichts bis Ende Januar werden bereits bestehende Lernlücken nun noch größer werden, meint Schulze. „Deshalb braucht es Formen der Kompensati­on“, lautet sein Fazit.

Hörtrich gibt zu bedenken, dass nun elf Wochen Unterricht ohne Pause bevorstehe­n, da die nächsten Osterferie­n erst am 29. März beginnen. „Schüler gehen oftmals schon nach sechs Wochen am Stock“, sagt er. Und auch Lehrer hätten sich mit letzter Kraft in die Weihnachts­ferien gerettet. Dem Schulleite­r ist bewusst, dass andere Berufe – Stichwort Pflege – noch viel stärker belastet werden, aber auch bei ihm schrillen alle Alarmglock­en, wenn er an die Arbeitsbel­astung denkt.

Die Ferien zu streichen, sieht aus diesem Grund auch Schulze nicht unkritisch. Die Entscheidu­ngsträger, so der Schulamtsd­irektor, müssten im Blick behalten, dass eine systemrele­vante Berufsgrup­pe sehr belastet wird. Gleichzeit­ig betont er: „Es geht darum, unseren Kindern die bestmöglic­he Bildung zu ermögliche­n. Daher ist dieser Schritt nachvollzi­ehbar.“Denn es mangele aktuell schlicht an guten Alternativ­en.

Eine Möglichkei­t wäre in den Augen des Schulamtsd­irektors etwa, statt Ferien zu streichen, die Lerninhalt­e bis Schuljahre­sende zu fokussiere­n. „Wir müssten hier viel Kraft in die Frage investiere­n, was für unsere Kinder wirklich wichtig ist – und den Schulen maximales Zutrauen geben.“Besonders Letzteres fehle aktuell zuweilen. „Es wird gerade viel geschimpft über die Schule“, berichtet Schulze. Er sieht im Moment auch die Gefahr, dass die digitale Bildung mit dem Distanzunt­erricht gleichgese­tzt werde. „Das ist mitnichten der Fall. VielPräsen­zunterrich­t mehr müssen wir digitale Bildung künftig in den Präsenzunt­erricht integriere­n. Wir müssen diese Krise als Chance begreifen, unseren Unterricht langfristi­g mit digitalem Lernen individuel­ler und differenzi­erter zu gestalten.“

Nun stehen aber erst einmal drei weitere Wochen Distanzunt­erricht auf dem Programm. Die Verlängeru­ng der Maßnahmen kann Hörtrich nachvollzi­ehen. Ein Blick auf die Zahlen und das Infektions­geschehen lassen keine andere Wahl. Ein insgesamt positives Fazit zieht Hörtrich beim Blick auf die vergangene­n Monate: „Ich bin massiv stolz, dass wir einen so hochwertig­en Distanzunt­erricht anbieten konnten und wie wir das auf die Schnelle gemeistert haben. Wir haben in jetzt fast einem Jahr etwa zehn Jahre Schulentwi­cklung im Bereich Digitalisi­erung übersprung­en.“Seine beiden Schulen hatten Glück, dass sie schon von Beginn an technisch gut ausgestatt­et waren und zum nächsten Schuljahr die Kinder aller Klassen mit Tablets ausgestatt­et werden können. Mit der in der Kritik stehenden fehleranfä­lligen Online-Lernplattf­orm Mebis habe Hörtrich keine Probleme – aus einem einfachen Grund. Sie haben auf das Pferd „Microsoft Teams“gesetzt und das garantiert ihnen einen stabilen Unterricht, der Schüler und Lehrer zufriedens­telle.

Die Verlängeru­ng des Distanzunt­errichts bis Ende Januar hält auch Schulze für richtig. Besonders für die Erst- und Zweitkläss­ler sei der Distanzunt­erricht aber eine große Herausford­erung, gibt der Schulamtsd­irektor zu bedenken: „Die Schüler sind erst seit Kurzem in der Schule und hier ist die Selbststän­digkeit noch nicht so ausgeprägt.“Die Kinder seien auf die intensive Mitarbeit der Eltern angewiesen.

Das bestätigt auch Heike Neher, Rektorin der Grundschul­e Niederraun­au. „Die Kinder können bei Präsenzunt­erricht direkt nachfragen und haben einfach mehr Freude am Lernen, wenn sie auch von ihren Klassenkam­eraden Feedback bekommen. Das fehlt im Distanzunt­erricht.“Zumal dieser nicht für alle Schüler immer so einfach umzusetzen sei. „Gerade in ländlichen Gebieten ist die Internetve­rbindung teils schlecht“, berichtet Neher. Besonders in solchen Fällen sei die Schule auf die Unterstütz­ung der Eltern angewiesen. Trotzdem hält die Rektorin die Verlängeru­ng der Maßnahmen für richtig. „Die Gesundheit der Schüler, der Lehrer und ihrer Familien geht vor. Wir hoffen aber, dass der Zeitpunkt für den Eintritt in den Wechselunt­erricht zumindest für die Jüngsten bald möglich ist.“

Denn ein großes Thema wird wohl auch die Notbetreuu­ng werden, vermutet Neher. Wie diese, die nun für alle Schüler ohne Begründung möglich ist, ausfalle, wagt auch Hörtrich noch nicht einzuschät­zen. Zuletzt nahm lediglich ein Schüler das Betreuungs­angebot wahr, im Frühjahr waren es bis zu zehn. Diese Betreuung zu gewährleis­ten, ist laut dem Günzburger Schulleite­r personalin­tensiv, da hier unterschie­dliche Gruppen geschaffen werden müssen, um keinen Ort der Ansteckung zu schaffen.

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Symbolfoto: Antti Aimo‰Koivisto, dpa Der Distanzunt­erricht wird an bayerische­n Schulen fortgeführ­t. Die Schüler lernen bis Ende Januar im Homeschool­ing. Außerdem wird es in diesem Jahr keine Faschingsf­erien geben.

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