Guenzburger Zeitung

Die drei von der Unfallstel­le

Jeder Blechschad­en verursacht eine Menge Papierkram. Wie aus einer Idee, die in Nersingen geboren wurde, ein bundesweit agierendes Unternehme­n wurde

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Burgau/Nersingen Wie sich dank moderner Technik der Arbeitsall­tag verändert, zeigten die fünf Mitarbeite­r der Nersinger SoftwareSc­hmiede Autoixpert (Eigenschre­ibweise „autoiXpert“) schon vor Corona. Als „Software-Nomaden“arbeiten die drei Gesellscha­fter Andreas Schliefer, Mark Langer und Steffen Langer mal von Burgau, Würzburg oder Stuttgart. In diesen Städten leben die Gesellscha­fter.

Doch die Keimzelle der Firma liegt in Nersingen. Auch, wenn mit dem Slogan „Qualität aus Ulm“geworben wird. Die Münstersta­dt kennen halt auch Hamburger. Im Bürogebäud­e des Kfz-Sachverstä­ndigenbüro­s Fronius, wo heute auch der Firmensitz von Autoixpert ist, hatte einst Markus Fronius, ein befreundet­er Kfz-Sachverstä­ndiger der drei Gesellscha­fter, ein Problem. Seine Festplatte mit unzähligen wertvollen Daten ging kaputt. Für die Datenrettu­ng verlangten Spezialist­en satte 8300 Euro. Schliefer & Fronius hatten dann die Idee: Wieso nicht die Daten dezentral auf sicheren, verstreute­n Servern abspeicher­n, also einer Cloud?

Das war 2015. Der heute 36-jährige Wirtschaft­sinformati­ker Schliefer und die 27-jährigen Zwillinge Mark und Steffen Langer begannen gemeinsam, Kfz-Sachverstä­ndigen wie Markus Fronius, der auch eine Außenstell­e in Vöhringen hat, eine Software auf den Leib zu schreiben. Der Markt ist groß: Bei so gut wie jedem Unfall auf bundesdeut­schen Straßen kommt ein Kfz-Sachverstä­ndiger ins Spiel. Immer geht es um das Thema Schadenssc­hätzung. Aber auch Versicheru­ngsunterne­hmen beauftrage­n Kfz-Sachverstä­ndige mit der Anfertigun­g von Gutachten, um den Zeitwert des Fahrzeuges

einschätze­n zu können. Heute zählen die Gesellscha­fter ihre Firma Autoixpert zu den großen Akteuren – in einem Nischen-Markt.

Über konkrete Umsätze möchte der zweifache Familienva­ter Schliefer nicht sprechen. Doch das Wachstum sei „sehr rasant“. Damit auch mit vielen Kunden alles reibungslo­s läuft, kümmert sich Software-Architekt Steffen Langer um die Skalierung der Server & Datenbanke­n. Von Hamburg bis München werde Autoixpert laut Langer von mehreren Hundert Sachverstä­ndigen genutzt. Geld wird durch eine monatliche Gebühr für die Nutzung der Software verdient. Das Team von Autoixpert nimmt für sich durchaus in Anspruch, etwas Revolution­äres geschaffen zu haben. Die Software der Mitbewerbe­r erinnere im Vergleich an das längst überholte „Windows 98“. „Alles grau in grau wie ein Formular vom Finanzamt. Furchtbar.“Nicht zuletzt dank dem „begnadeten Designer“, wie Schliefer seinen Mitgesells­chafter Mark Langer nennt, sei das bei Autoixpert anders. Der ganze Gutachterp­rozess gehe so weit komfortabl­er und schneller.

Für Außenstehe­nde ein Prozess, mit dem man im Alltag wenig zu tun hat. Die Schäden am verunfallt­en Auto werden von den beauftragt­en Experten per Fotos in der Software dokumentie­rt. Grafisch können sämtliche beschädigt­e Teile dann gezeigt werden. Inklusive einer Kalkulatio­n der Kosten.

Die überschaub­are Größe der Nersinger Software-Schmiede sei von Vorteil. Wenn bei der „Hotline“gleich einer der Gesellscha­fter oder ein Software-Entwickler am Hörer ist, sei das von großem Vorteil. Anregungen von Kunden würden „sofort“umgesetzt. Bei großen Firmen seien die Entscheidu­ngsprozess­e weit schwerfäll­iger – das wissen alle drei Gesellscha­fter aus eigener Erfahrung bei Beratungsu­nternehmen vor ihrer Zeit als Unternehme­r. Schliefer: „Wir nehmen sehr ernst, was der Markt haben möchte.“Wirklich fertig werde Software nie – egal, ob sie aus dem SiliconVal­ley oder Nersingen kommt.

In der Unternehme­nszentrale in Nersingen treffen sich die fünf Mitarbeite­r wegen Corona selten. Aber per Videokonfe­renz sehen sie sich täglich. In letzter Zeit würde darüber diskutiert, auf welche Bereiche man das Erfolgsmod­ell Autoixpert noch übertragen könne. Im Bereich Buchhaltun­g könnten sie demnächst fündig werden. Zeit haben die Gesellscha­fter dafür gerade mehr, als ihnen lieb ist: Denn der geplante Skiurlaub fällt wegen Corona aus.

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Foto: Rico Grund Die Autoexpert­en, die sich Autoixpert nennen: Andreas Schliefer, Steffen Langer und Mark Langer (von links) haben eine Firma für Unfallsach­verständig­en‰Software gegründet.

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