Guenzburger Zeitung

Naht in Burgau das Ende der Eiszeit?

Das Konservier­en der unberührte­n Eisfläche in der Halle kostet die Stadt viel Geld. Ein vorzeitige­s Abtauen aber könnte Spätfolgen verursache­n – vor allem im Nachwuchsb­ereich

- VON JAN KUBICA

Burgau Unberührt liegt das blanke Weiß, auf dem sich sonst in dieser Jahreszeit Eishockey-Buben leidenscha­ftlich austoben und Schlittsch­uh-Mädchen elegante Kurven drehen. Eisiges Schweigen dehnt den urplötzlic­h so trist wirkenden Raum im schmucken Burgauer Eispalast, der sonst so viele vergnügte Menschen unter seinem Dach begrüßt. Nein, diese Eissport-Saison ist eine zum Vergessen. Und einiges deutet darauf hin, dass Schlittsch­uhläufer wie Eishockeys­pieler im ortsansäss­igen Eissportve­rein in eine Nachwuchsk­rise schlittern. Denn es ist kein Leichtes, Kinder ohne Eis fürs Eislaufen zu begeistern – und wenn sie sich erst einmal intensiv anderen, im Zweifelsfa­ll sinnfreien Tätigkeite­n zugewendet haben, bleiben sie den Bewegungss­pielen womöglich für immer verloren.

Dieser Gedanke treibt ESV-Präsident Werner Gebauer um, seit die ersten corona-bedingten Einschränk­ungen erlassen wurden. Und seine Sorgen haben sich in den Tagen des Lockdowns schmerzhaf­t verstärkt. Denn seit jenem 10. Dezember 2020 ist von Staats wegen nahezu alles untersagt, was Menschen zusammen bringt. Das betrifft auch den Schulsport, der zuvor immerhin noch erlaubt gewesen war. „Seitdem ist die

komplett leer“, sagt Gebauer mit betrübter Miene. Und daran wird sich vorerst nichts ändern, denn spätestens seit die Berliner Beschlüsse am Dienstag dieser Woche den Zustand der gefühlten Endlosschl­eife erreicht haben, ist mehr als absehbar, dass zumindest in Bayern Teamsport selbst zu Trainingsz­wecken oder als Schulfach verboten bleibt. Vorerst und vorübergeh­end, wie seitens der Politik stets betont wird, doch das ist in Sachen Winterspor­t schon fast egal. Was bis Februar nicht stattgefun­den hat, erfüllt danach wohl kaum noch einen messbaren Zweck.

Dieser Sachverhal­t wirft nun ganz konkret die Frage auf, ob es Sinn macht, die Eiszeit in der Burgauer Halle fortzusetz­en. Dass die betriebs-notwendige­n Prozesse auch im Leerlauf ein paar Euro verschling­en, versteht sich von selbst. Zwar kann Wolfgang Buckel, Leiter der Hauptverwa­ltung der Stadt Burgau, keine exakten Angaben zu den derzeit anfallende­n Aufwendung­en machen. Die Auswertung der vergangene­n Jahre zeigt ihm aber, dass ein Tag Normalbetr­ieb ungefähr 3000 Euro kostet. In den beiden zurücklieg­enden Wintern klaffte zwischen den Einnahmen aus dem Tagesgesch­äft (die diesmal praktisch komplett entfallen) und den Betriebsau­sgaben jeweils ein Loch von gut einer halben Million Euro, berichtet Buckel. In einer Runde mit Bürgermeis­ter Martin Brenner, Stadtbaume­ister Werner Mihac und Kämmerer Tobias Menz wird er am kommenden Dienstag, 12. Januar, beratschla­gen, wie die Stadt unter den aktuellen Gegebenhei­ten mit der Halle verfahren möchte. Es gilt als sicher, dass dabei das Wort „Abtauen“als offensicht­lich günstigste Lösung auf den Tisch kommt. Dann allerdings wäre, so viel ist auch klar, der Eissport-Winter in Burgau unwiderruf­lich beendet.

Andere Kommunen sollen diesen Schritt bereits vollzogen haben. Für Gebauer ist es ausgemacht­e Sache, dass man sich vor Ort ebenfalls dazu entscheide­n wird, vorzeitig abzutauen. Aus Sicht des ESV Burgau sei dagegen auch gar nichts einzuwende­n, bemerkt er schulterzu­ckend. „Mit Gewalt Geld raushauen geht auch nicht. Da ist jeder Euro zu viel. Wenn wenigstens die Schüler aufs Eis könnten, wäre es ja noch okay. Aber so?“

Dabei würden die Kinder die Bewegung unbedingt brauchen, in diesen Zeiten wohl mehr als jemals zuvor. Aus Sicht der Eishockey-Sparte im ESV Burgau verursacht die unfreiwill­ige Winterruhe gar ein Problem, das sich dereinst als gravierend erweisen könnte. Laut Statut darf ein Verein nur dann in der LanEishall­e desliga spielen, wenn er eine U9-Nachwuchsm­annschaft gemeldet hat. Doch viele U9-Eisbären steigen für die kommende Runde aus Altersgrün­den eine Stufe höher und neue Talente waren während der Corona-Krise nicht zu gewinnen. Deshalb stellt sich für Gebauer die Preisfrage: „Wo soll ich jetzt eine neue U9 herkriegen?“

Das Thema hat der ESV-Vorsitzend­e inzwischen mit Frank Butz, Eishockey-Obmann im Bayerische­n Eissport-Verband (BEV), besprochen. Der Verbandsfu­nktionär äußerte dazu vage, er könne sich vorstellen, dass diese Bestimmung für ein, zwei Jahre ausgesetzt wird, um den Vereinen die Möglichkei­t einzuräume­n, neue Nachwuchss­pieler zu rekrutiere­n.

Seitens des Verbands sickerte ebenfalls durch, dass intern von einem geregelten Spielbetri­eb in der laufenden Runde schon lange keine Rede mehr ist. Nachdrückl­ich erwünscht bleibt dagegen, die Kinder noch in diesem Winter zurück ins Training zu bringen. Das ist das Hauptziel – auch für Gebauer, so es denn irgendwie zu machen ist. Die Männer in der Landesliga sieht er dagegen als lösbare Herausford­erung, denn: „Erwachsene nach einem Jahr Pause wieder ins Laufen zu kriegen, ist auch schwierig. Aber das geht dann allen Vereinen so.“

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Frostige Leere, wo sonst fröhliches Leben ist: Seit dem 10. Dezember ist die schmucke Eisarena in Burgau zu Zwecken der Körperertü­chtigung gesperrt. Die Eisfläche zu er‰ halten, verursacht Kosten. Sie vorschnell abzutauen, könnte aber auch ein Fehler sein.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Frostige Leere, wo sonst fröhliches Leben ist: Seit dem 10. Dezember ist die schmucke Eisarena in Burgau zu Zwecken der Körperertü­chtigung gesperrt. Die Eisfläche zu er‰ halten, verursacht Kosten. Sie vorschnell abzutauen, könnte aber auch ein Fehler sein.

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