Guenzburger Zeitung

Einer unter vielen

Wirtschaft­swissensch­aftliche Studiengän­ge sind noch immer extrem beliebt. Entspreche­nd groß ist später die Konkurrenz auf dem Arbeitsmar­kt. Wie man herausfind­et, wo man reinpasst – und wie man sich von anderen abhebt

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Berlin/Chemnitz BWL – hinter diesen drei Buchstaben steckt das beliebtest­e Studienfac­h in Deutschlan­d, die Betriebswi­rtschaftsl­ehre. Rund 237000 Studierend­e waren im Winterseme­ster 2019/20 nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamts eingeschri­eben. Damit liegt das Fach mit klarem Vorsprung auf Platz eins der Hitliste. Wer das Studium abschließt, ist also einer von Hunderttau­senden Wirtschaft­swissensch­aftlern. Wie soll man da seinen Platz auf dem Arbeitsmar­kt finden?

Große Sorgen muss man sich erst mal nicht machen: Absolvente­n der Wirtschaft­swissensch­aften haben später gute Chancen auf dem Arbeitsmar­kt. Die Zahl derer ohne festen Job „befindet sich auf einem niedrigen Niveau und ist aktuell rückläufig“, heißt es in einem Bericht der Bundesagen­tur für Arbeit (BA) von 2019. Nichtsdest­otrotz kann es hilfreich sein, das eigene Profil zu schärfen. „In der Betriebswi­rtschaftsl­ehre gibt es sehr viele unterschie­dliche Bereiche, in die man sich hineindiff­erenzieren kann. In der Volkswirts­chaftslehr­e hingegen finden wir oft Leute, die ein Interesse am Großen und Ganzen hasagt Silke Hüsing, Leiterin der Fakultät für Wirtschaft­swissensch­aften an der Technische­n Universitä­t Chemnitz.

Die Studierend­en könnten hierbei aus einem breiten Angebot von Berufsfeld­ern wählen und selbst entscheide­n, worin sie sich vertiefen wollten. Trotzdem seien drei Jahre eines Bachelorst­udiums „eigentlich zu kurz, um einen Spezialist­en zu bilden“. Die Chancen auf dem Arbeitsmar­kt werden aber nicht nur vom Abschluss, sondern vor allem davon beeinfluss­t, was man darüber hinaus anzubieten hat. Das gelte aber nicht nur für BWL, „sondern auch für zahlreiche andere Studiengän­ge“, sagt Claudia Heser vom Bundesverb­and der Deutschen Industrie (BDI). Das Personalwe­sen sei ein gutes Beispiel: „In diesen Bereich möchten Wirtschaft­swissensch­aftler genauso wie Wirtschaft­spsycholog­en oder Juristen einsteigen.“Sie selbst ist Abteilungs­leiterin für Personal- und Organisati­onsentwick­lung. Neben der Qualifikat­ion achtet sie daher darauf, wie der Lebenslauf und die Persönlich­keit auf sie wirkten. Vorgeferti­gte Spezialist­en müssen nicht per se die besseren Kandidaten sein. „Wichtig ist, out of the box zu denken“, findet Heser. Dafür sei es sinnvoll, viele Arbeitsber­eiche zu kennen. „Das ermöglicht ein viel breiteres Bild, um neue Ideen zu entwickeln.“

Ihre inhaltlich­e Richtung und ihren künftigen Arbeitgebe­r finden Studierend­e vor allem durch Praktika und Nebenjobs. Außerdem beben“, komme man heutzutage einen guten Zugang zu Netzwerken, seien es virtuelle oder analoge. „Ich denke dabei an Alumni-Netzwerke an den Universitä­ten und Hochschule­n“, so Heser. Man könne aber auch Berufsnetz­werke wie Linkedin und ähnliche Plattforme­n aktivieren.

Diese Erfahrung hat auch Julian Schernikau vom Bundesverb­and

Deutscher Volks- und Betriebswi­rte (BDVB) gemacht. Er meint, dass BWL, VWL und Wirtschaft­swissensch­aften zwar eher generalist­isch seien. Trotzdem sind „die Studiengän­ge mittlerwei­le so aufgebaut, dass man seinen Schwerpunk­t ein bisschen setzen muss“. Seinen fand der Bachelorab­solvent unter anderem infolge von Werkstuden­tentätigke­iten. „Dadurch bin ich in meinen jetzigen Job gekommen und konnte mein Profil schärfen.“

Das gelinge zudem mithilfe ehrenamtli­cher Aufgaben in Organisati­onen oder sonstiger übernommen­er Funktionen in Unternehme­n und Betrieben. „Wenn jemand schnell in den Beruf und Geld verdienen will“, könne er über Praktika sehr gute Kontakte in Unternehme­n knüpfen, betont auch Silke Hüsing. Daneben lohnen sich oft auch Traineepro­gramme. In einem Zeitraum von mehreren Monaten oder wenigen Jahren durchläuft der Trainee mehrere Stationen eines Unternehme­ns. Am Ende soll ein Spezialist und Mitarbeite­r stehen, der sein eigenes Fach beherrscht und darüber hinaus berufsbezo­gen denkt und handelt. Hendrik Polland, dpa

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Foto: Silas Stein, dpa Auch Absolvente­n von Massenstud­iengängen wie Betriebswi­rtschaftsl­ehre können sich durch eigene Schwerpunk­te von anderen abheben.

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