Guenzburger Zeitung

Traumberuf Straßenwär­ter

Emil Trautmanns­heimer arbeitet seit 30 Jahren auf der A 8. Bereits sein Vater war dort drei Jahrzehnte tätig. Was sich in der Zeit alles verändert hat und was die Schattense­iten in seinem Beruf sind

- VON BERNHARD WEIZENEGGE­R

Emil Trautmanns­heimer arbeitet seit 30 Jahren auf der A 8 – wie zuvor bereits sein Vater. Was er alles zu erzählen hat.

Jettingen‰Scheppach Gut 700 000 Kilometer hat Emil Trautmanns­heimer in seinem Berufslebe­n auf der Autobahn zurückgele­gt. Rein beruflich. „Straßenwär­ter war schon immer mein Traumberuf“, sagt der 61-Jährige, der die Autobahn zwischen Ulm-Elchingen und Augsburg-West wie kein anderer kennt.

„Schon als Kind bin ich mit meinem Vater auf der Autobahn unterwegs gewesen“, erinnert sich Emil Trautmanns­heimer über 50 Jahre zurück. Sein Vater Emil hatte den gleichen Beruf. Ein Jahr lang war er dann der Junior, bis der Papa nach 31 Jahren Straßenwär­ter in Rente ging. Doch die Affinität der Familie zur Autobahn hat wohl Opa Josef begründet. Er war 1936 dabei, als in Leipheim in Höhe der Waldvogelk­urve eine Start- und Landebahn für die Messerschm­itt-Flugzeuge gebaut wurde. Das waren die Anfänge des Autobahnba­us im Landkreis. So haben sich die drei Generation­en nahtlos den Arbeitspla­tz auf der wichtigen Ost-West-Achse übergeben können.

Viel hat sich natürlich verändert in dieser Zeit: „Die Sicherungs­technik ist heute viel besser als vor 30 Jahren. Dafür gibt es aber auch viel mehr Verkehr“, sagt der Straßenwär­ter. Mussten zu seinen Anfangszei­ten die Vorwarner an den Warnleitan­hängern noch von Hand aufgestell­t werden, geht das heute vollautoma­tisch vom Cockpit der Multifunkt­ionsfahrze­uge aus. Die dreifache Absicherun­g bei Arbeiten im Bereich der Fahrbahnen minimiert zwar die Risiken, doch fahren diese jeden Tag mit.

Die vielfältig­en Aufgaben werden durchgewec­hselt, um für Abwechslun­g zu sorgen. Doch am liebsten ist der Unterknöri­nger als Streckenwa­rt mit seinem Dienstwage­n unterwegs. Dann fährt er die etwa 120 Kilometer lange Runde vom Betriebsho­f in Jettingen-Scheppach bis zur Anschlusss­telle AugsburgWe­st. Er kehrt dort um und fährt Richtung Stuttgart bis zum Autobahnkr­euz Ulm-Elchingen. Dann wieder eine 180-Grad-Wende und auf der südlichen Fahrbahn bis zum Ausgangspu­nkt Jettingen-Scheppach. Von der Standspur aus lässt er seine aufmerksam­en Augen über die drei Fahrstreif­en und die Randbereic­he schweifen. „Ich bin dafür da, dass die Strecke sicher ist“, weiß er aus Erfahrung. „Seine“Strecke hält er sauber. Weil das für ihn selbstvers­tändlich ist, bemerkt er auch jede Kleinigkei­t, wenn er privat mal auf anderen Autobahnen unterwegs ist. „Da sieht es teilweise fürchterli­ch aus“, dann ’bitzelt’ es ihn, anzuhalten und gefährdend­e Teile von der Fahrbahn zu räumen.

„Er ist ein Allrounder mit Liebe für Details“, lobt Pansuevia-Geschäftsf­ührer Robert Schmid seinen langjährig­en Mitarbeite­r. Kein anderer kenne die Strecke so gut und habe den Ausbau von der alten Strecke bis heute so intensiv begleitet. „Da kann der Emil uns immer wieder sachkundig­e Auskünfte geben, die nirgends dokumentie­rt sind“, weiß Schmid aus etlichen Planungen. „Wir sind stolz und froh, ihn im Team zu haben“, sagt Schmid. „Der Emil sieht nicht nur die Arbeit, er erledigt sie auch gleich, er packt an, bevor andere das erledigen müssen“, ergänzt Autobahnme­ister Günther Heinze.

Nur wenn große Teile über die Fahrbahnen verstreut sind, muss der Straßenwär­ter die Autobahnpo­lizei um Hilfe rufen. Dann veranlasst die Besatzung eines Streifenwa­gens eine Drosselfah­rt und bremst so den Verkehr aus, damit eine Pause im fließenden Verkehr entsteht, um die Gefahrenst­elle zu beseitigen. Hängengebl­ieben sind in den 30 Jahren auch zahlreiche tragische Begebenhei­ten. „Jedes Jahr gab es durchschni­ttlich etwa einen Todesfall auf meiner Strecke. Besonders schlimm war der Tod eines jungen Pärchens, das bei Leipheim einen Reifen am Fahrbahnra­nd wechseln wollte und dann von einem Lastwagen überrollt wurde“, erinnert sich Trautmanns­heimer.

Diese Erlebnisse zählen zu den Schattense­iten seines Berufs. „Unsere Mitarbeite­r sind meist nicht an vorderster Front, sondern sichern die Unfallstel­len ab“, erklärt Martin Schulz, der Leiter Betrieb. Zu den schönsten Erlebnisse­n des Straßenwär­ters zählt, wenn er verlorene

Gegenständ­e wiederfind­et, ob am Straßenran­d oder auf einem Parkplatz. Etliche Geldbörsen haben so ihren glückliche­n Besitzer wieder erreicht. Manchmal gibt es dafür ein Dankeschön in Form eines Finderlohn­s. Kurioses bleibt ebenfalls auf der Strecke liegen. Von ganzen Wohnzimmer­garnituren bis hin zur aufblasbar­en Gummipuppe reichen die Fundstücke.

Und wie lange ist die A 8 noch sein Revier? „20 Monate habe ich vor mir. Aber wenn es geht, werde ich ab und zu auch aushelfen“, sagt der begeistert­e Fußballfan. Wenn es so weit ist, hat er mehr Zeit für die Enkel. Dann geht es entweder auf den Fußballpla­tz oder eben zur A 8. Da ist immer was los.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Emil Trautmanns­heimer aus Unterknöri­ngen arbeitet seit 30 Jahren auf der A 8 als Straßenwär­ter – „das ist mein Traumberuf“sagt der 61‰Jährige. Etwa 700 000 Kilometer hat er in dieser Zeit auf der Autobahn zurückgele­gt.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Emil Trautmanns­heimer aus Unterknöri­ngen arbeitet seit 30 Jahren auf der A 8 als Straßenwär­ter – „das ist mein Traumberuf“sagt der 61‰Jährige. Etwa 700 000 Kilometer hat er in dieser Zeit auf der Autobahn zurückgele­gt.
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MONTAG, 11. JANUAR 2021

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