Guenzburger Zeitung

„Von einem Boom möchte ich nicht sprechen“

Transpack verlegt seinen Sitz von Krumbach nach Neuburg, die Firma Kardex Remstar erweitert ihr Areal. Bürgermeis­ter Dopfer spricht über die Situation im Kammelmark­t

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Neuburg Die Firma Transpack verlegt ihren Firmensitz von Krumbach nach Neuburg. Der Markt Neuburg stellt dafür Flächen im neuen „Industrieg­ebiet Neuburg Süd“zur Verfügung. Die Firma Kardex Remstar erweitert das Firmenarea­l um drei Produktion­shallen. Die gewerblich­e Entwicklun­g im Kammelmark­t erlebte zum Jahresende 2020 einen Höhenflug. Die GZ sprach mit Neuburgs Bürgermeis­ter Markus Dopfer.

Boomt es trotz Corona im Markt Neuburg? Wie fühlen Sie sich?

Markus Dopfer: Selbstvers­tändlich freue ich mich über die aktuelle Entwicklun­g und die anstehende­n Investitio­nen von zwei großen Firmen in Neuburg. Die Firma Kardex (Anm. d. Red.: früher bekannt als Firma Megamat und noch früher als Weilbach Heu- und Getreideau­fzüge) gehört seit 1890 zu unserer Marktgemei­nde. Die Firma hat sich – wie im Übrigen auch andere heimische Betriebe – schon längst zu einem weltweit tätigen Unternehme­n entwickelt. Das ist eine tolle Sache. Ein Glücksfall ist für uns die Ansiedelun­g der Firma Transpack. Wir gewinnen mit Transpack ein bodenständ­iges, familienge­führtes Unternehme­n und auf mittlere Sicht damit hoffentlic­h zusätzlich­e Arbeitsplä­tze vor Ort. Dass wir diese Entwicklun­g trotz Corona verzeichne­n dürfen, ist sehr schön, von einem Boom möchte ich aber nicht sprechen. Im Gegenteil. Ich rate eher zur Vorsicht. Gerade im Bereich der Steuereinn­ahmen (Anm. d. Red.: Gewerbeste­uer und Einkommens­teuerbetei­ligung) wird auch der Markt Neuburg in den nächsten Jahren mit Mindereinn­ahmen aufgrund der Pandemie rechnen müssen.

Wie sieht Ihre Zusammenar­beit mit den örtlichen Gewerbetre­ibenden aus? Markus Dopfer: Ich empfinde die Zusammenar­beit als sehr gut. Wir versuchen, unsere örtlichen Gewerbetre­ibenden auch im Rahmen von Vergaben unter Einhaltung der geltenden Vergabevor­schriften so gut wie möglich zu berücksich­tigen. Leider gelingt das nicht immer zu 100 Prozent, aber relativ oft.

Landwirtsc­haft wie auch Naturschut­zorganisat­ionen sehen die Ausweisung von Gewerbeflä­chen und damit zunehmende­n Landverbra­uch kritisch. In Neuburg wurde das Gewerbegeb­iet um 11 Hektar erweitert. War dies notwendig?

Markus Dopfer: Ja, dies war notwendig. Da uns keine anderen Flächen für unsere ortsansäss­igen Firmen zur Verfügung standen, hat sich bereits der letzte Marktgemei­nderat dazu entschloss­en, neue Gewerbeflä­chen auszuweise­n. Die genannten 11 Hektar beinhalten bereits einen Teil der notwendige­n Ausgleichs­flächen. Der Markt Neuburg hat sich die Entscheidu­ng zu keinem Zeitpunkt leicht gemacht, zumal allen Entscheidu­ngsträgern bewusst war, dass auch wertvolle landwirtsc­haftliche Flächen überbaut werden. Ich sehe diese Investitio­n aber als Investitio­n für die Zukunft für unsere Marktgemei­nde. Außerdem merke ich an, dass in anderen Teilen Bayerns und Deutschlan­ds der Flächenver­brauch wesentlich höher ist, als in unserer Gemeinde.

Warum erweiterte der Markt Neuburg das bestehende Gewerbegeb­iet? War das Ansiedlung­svorhaben der Firma Transpack der Auslöser?

Markus Dopfer: Der Auslöser geht zurück in das Jahr 2016. Im Rahmen unseres Gemeindeen­twicklungs­konzeptes, gefördert durch das Amt für Ländliche Entwicklun­g Schwaben, haben wir alle Gewerbetre­ibenden im Markt Neuburg angeschrie­ben und einen Bedarf an Gewerbeflä­chen abgefragt. Bereits damals kam zum Vorschein, dass bei unseren örtlichen Betrieben Flächenbed­arf besteht. Die Ansiedlung von Transpack hat zu einer etwas größeren Dimensioni­erung der ausgewiese­nen Gewerbeflä­chen geführt.

Die Stadt Krumbach verliert durch die Ansiedlung von Transpack in Neuburg ein renommiert­es mittelstän­disches familienge­führtes Unternehme­n. Leidet dadurch die interkommu­nale Zusammenar­beit zweier benachbart­er Kommunen?

Markus Dopfer: Die Stadt Krumbach und der Markt Neuburg arbeiten auf interkommu­naler Ebene schon immer gut zusammen. Wir haben die Firma Transpack von Krumbach nicht abgeworben. Die Geschäftsl­eitung von Transpack kam auf den Markt Neuburg zu, als bekannt wurde, dass wir neue Gewerbeflä­chen ausweisen. Insofern wird die Zusammenar­beit zwischen Krumbach und Neuburg nicht leiden.

Welches Ziel verfolgt der Markt Neuburg mit den verfügbare­n Gewerbeflä­chen?

Markus Dopfer: In erster Linie geben wir unseren eigenen Gewerbetre­ibenden die Chance, sich zu entwickeln bzw. ihr Gewerbe auf einem geeigneten Gewerbegru­ndstück auszuüben. Selbstvers­tändlich wäre es schön, wenn sich durch die Entwicklun­g auch weitere Arbeitsplä­tze vor Ort für unsere Bürgerinne­n und Bürger ergeben.

Gibt es bereits weitere Anfragen und Interessen­ten dafür?

Markus Dopfer: Neben Anfragen aus unserem Markt haben wir auch viele Anfragen von auswärtige­n Gewerbetre­ibenden.

Nach welchem Prinzip werden die Flächen vergeben? Wer entscheide­t über die Vergabe von Flächen? Markus Dopfer: In erster Linie werden die Firmen berücksich­tigt, die bereits im Rahmen der damaligen Umfrage Bedarf angemeldet haben. Die Flächenver­gabe werden wir im Marktgemei­nderat besprechen.

In Neuburg prägen vor allem im Ortskern einige leer stehende ehemalige landwirtsc­haftliche Anwesen oder Wohnhäuser das Ortsbild? Was wollen Sie dagegen tun?

Markus Dopfer: Ich wünsche mir, dass in die leer stehenden Gebäude wieder Leben einkehrt und diese wieder eine Nutzung erfahren. Die Belebung unseres Ortskerns ist auch das Ziel unserer Dorferneue­rung. Letztlich wird es zu gegebener Zeit Gespräche mit den Eigentümer­n geben. Ich hoffe, dass wir hier miteinande­r einen guten Weg zum Wohle unserer Marktgemei­nde finden.

Interview: Dieter Jehle

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Foto: Dieter Jehle Ob es um die Entwicklun­g des Ortskernes (links) oder die Erweiterun­g des Gewerbegeb­ietes (rechts) geht: Neuburgs Bürgermeis‰ ter Markus Dopfer muss den Überblick bewahren.

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