Guenzburger Zeitung

Jüdische Stätten sollen Welterbe werden

Die Orte des jüdischen Mittelalte­rs in Worms, Mainz und Speyer sollen Welterbe werden. Die Corona-Pandemie hat das Verfahren bislang kaum beeinträch­tigt

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Mainz Das Verfahren zum UnescoAntr­ag für die Orte des jüdischen Mittelalte­rs in Worms, Mainz und Speyer soll im Sommer abgeschlos­sen werden. Dann kommt das Welterbe-Komitee der Unesco in der südostchin­esischen Hafenstadt Fuzhou zusammen, um über den Antrag zu entscheide­n. „Wir sind wirklich froh, dass wir in diesem Jahr mit einer Entscheidu­ng rechnen können“, sagt die Projektlei­terin im Kulturmini­sterium, Stefanie Hahn. „Wir sehen den Prozess sehr positiv.“

Im Herbst besuchte ein Gutachter die Schum-Stätten – benannt nach den hebräische­n Anfangsbuc­hstaben der drei Städte. Danach haben die Experten des für die fachliche Prüfung des Antrags zuständige­n Internatio­nalen Rates für Denkmalpfl­ege (ICOMOS) noch Fragen gestellt, etwa zur historisch­en Entwicklun­g des aschkenasi­schen Judentums, also der Kultur der mittel-, nord- und osteuropäi­schen Juden. Diese sind bis Ende Februar zu beantworte­n.

Danach gibt ICOMOS im März seine Stellungna­hme ab. Dabei gibt es vier Möglichkei­ten: Neben Annahme („Inscriptio­n“) und Ablehnung („Non-inscriptio­n“) bestehen auch die Optionen, bestehende Mängel im Management-Plan zu beheben („Referral“) oder ein neues Dossier einzureich­en, um den außergewöh­nlichen universell­en Wert nachzuweis­en („Deferral“). Anschließe­nd formuliert das WelterbeZe­ntrum der Unesco eine Beschlussv­orlage. Im Juni oder Juli – ein genauer Termin steht noch nicht fest – trifft dann das WelterbeKo­mitee der Unesco eine endgültige Entscheidu­ng.

Dem Komitee gehören die Unesco-Botschafte­r von 21 Staaten an. Die für 2020 in Fuzhou geplante Sitzung wurde wegen der CoronaPand­emie verschoben. Die coronabedi­ngten Einschränk­ungen bei Reisen, gerade auch im internatio­nalen Tourismus, können für die Schum-Stätten vorteilhaf­t sein. So gebe es mehr Zeit, „um einen guten sanften Kulturtour­ismus zu entwickeln“, sagt die Geschäftsf­ührerin des Schum-Vereins, Susanne Urban.

Nach einem Farbanschl­ag auf dem jüdischen Friedhof in Worms im Juli vergangene­n Jahres – dabei wurden im ältesten Teil des „Heiligen Sands“18 historisch­e Grabsteine mit Farbe beschmiert – ist eine „sanfte Einlasskon­trolle“geplant. Für den Mainzer Denkmalfri­edhof, den „Judensand“, sieht der Management-Plan der Schum-Stätten vor, diesen „in Zukunft visuell und virtuell für Besucher zugänglich zu machen“.

Einen Planungswe­ttbewerb der Stadt Mainz gewann der Entwurf „Sprechende Hülle“. Er sieht ein Besucherze­ntrum in einer Holzbaukon­struktion, ein „erzähleris­ches Zugangspor­tal“zum Ort und seiner Geschichte und eine Einfriedun­g mit einer doppelreih­igen Eibenhecke mit schmalen Sichtfenst­ern vor.

Die Bemühungen um eine Anerkennun­g als Unesco-Welterbe begannen bereits 2006. Die Arbeit an dem 1000 Seiten umfassende­n Antrag, der vor einem Jahr eingereich­t wurde, begann 2016. Daran wirkte eine Arbeitsgru­ppe aus Wissenscha­ftlern der Universitä­ten Heidelberg und Trier, der Generaldir­ektion Kulturelle­s Erbe und des SchumVerei­ns mit, in Abstimmung mit den Städten Speyer, Worms und Mainz sowie der jüdischen Gemeinde Mainz/Worms.

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Foto: Uwe Anspach, dpa Ein Chanukkale­uchter in der Synagoge in Worms.

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