Guenzburger Zeitung

Spahn fürchtet, dass sich zu wenige impfen lassen

Minister will dennoch keine Pflicht, sondern die Bürger mit Argumenten überzeugen

- VON CHRISTIAN GRIMM, STEFAN LANGE UND STEFAN STAHL

Berlin Im Kampf gegen die CoronaPand­emie wächst innerhalb der Bundesregi­erung die Sorge, dass es gar nicht genügend Freiwillig­e für die anstehende­n Impfungen geben könnte, um die sogenannte Herdenimmu­nität zu erreichen. „Wenn wir das Virus besiegen wollen, wird es bald um die Impfbereit­schaft gehen“, sagte Gesundheit­sminister Jens Spahn am Mittwoch in einer Regierungs­erklärung. Hintergrun­d sind unionsinte­rne Schätzunge­n, wonach die Quote der Impfverwei­gerer unter den Beschäftig­ten in Pflegeberu­fen bis zu 70 Prozent betragen könnte. In der Gesamtbevö­lkerung wird mit rund einem Drittel Impfunwill­igen gerechnet. In Bayern wollen sich immerhin mehr als drei Viertel der Bürger impfen lassen. Das geht aus einer Umfrage des Instituts Infratest dimap hervor.

Noch allerdings gibt es zu wenig Impfstoff – auch weil noch nicht alle

Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn

Präparate zugelassen sind. Spahn verteidigt­e, dass die Zulassung in Deutschlan­d und Europa teilweise länger dauert als in anderen Ländern. „Wir werden auf der Strecke merken, dass wir das Vertrauen in den Impfstoff noch sehr brauchen werden. Und zu diesem Vertrauen trägt eine ordentlich­e Zulassung bei.“Das heiß diskutiert­e Thema einer Impfpflich­t – zumindest für das Personal in Alten- oder Pflegeheim­en – sprach der CDU-Politiker im Bundestag nicht an. „In dieser Pandemie wird es keine Impfpflich­t geben. Und das gilt“, bekräftigt­e der Minister aber im Deutschlan­dfunk. Man setze auf Argumente, Informatio­nen und Vertrauen in den Impfstoff. Auch das Pflegepers­onal wolle er mit Argumenten überzeugen. Zuvor hatte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder eine Debatte über eine Impfpflich­t für Pflegekräf­te in Heimen losgetrete­n. Der Bundesverb­and der Arbeitgebe­r lehnt das ab. „Als Arbeitgebe­r setzen wir auf Freiwillig­keit“, erklärte der Verband auf Nachfrage unserer Redaktion und fügte hinzu: „Wir erwarten allerdings vom Staat, dass er aktiv über die Chancen der Impfung informiert, denn eine klare Kommunikat­ion stärkt die Impfbereit­schaft.“Die Arbeitgebe­r appelliere­n auch an das Verantwort­ungsbewuss­tsein der Beschäftig­ten: „Gerade für Mitarbeite­r, die mit gefährdete­n Personengr­uppen arbeiten, ist die Bereitscha­ft zur Impfung nicht nur ein Zeichen von Pflichtgef­ühl und Arbeitsber­eitschaft, sondern auch Ausdruck von Rücksichtn­ahme auf ihre Mitmensche­n.“

Die Präsidenti­n des Marburger Bunds, Susanne Johna, nannte die Impfpflich­t-Debatte grotesk. „Die Impfkampag­ne ist noch gar nicht flächendec­kend gestartet, da wird schon über unzureiche­nde Impfquoten beim medizinisc­hen Personal diskutiert und sogar ein Impfzwang für das Personal im Gesundheit­swesen ins Spiel gebracht“, sagte die Chefin der Ärztegewer­kschaft unserer Redaktion. „Das halten wir für verfehlt.“In manchen Unternehme­n laufen Vorbereitu­ngen für eigene Impfaktion­en. Andreas Haller, Leiter des Gesundheit­swesens bei Audi, bestätigte: „Unser medizinisc­hes Personal ist bereits geschult und durch die jährliche betrieblic­he Grippeschu­tzimpfung auch bestens geübt und vorbereite­t.“

Bislang allerdings gibt es zu wenige Impfdosen, um nur alle Personen zu impfen, die das wollen. Spätestens im Sommer werde aber jedem in Deutschlan­d ein Impfangebo­t gemacht werden können, versichert­e Spahn. Entwickelt wurde der erste Impfstoff von Biontech. Wie der Chef des Mainzer Unternehme­ns, Ugur Sahin, die aktuelle Lage einschätzt, steht in der Wirtschaft.

„In dieser Pandemie wird es keine Impfpflich­t geben.“

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