Ein Stachel im Fleisch Putins
Alexei Nawalny macht Ernst. An diesem Sonntag will der prominenteste noch lebende russische Oppositionelle in seine Heimat zurückkehren. Den einen flößt die Entscheidung Bewunderung ein. Andere fragen: Ist er lebensmüde? Beide Reaktionen haben ihre Berechtigung. Schließlich ist Nawalny im Sommer nach einem Giftanschlag nur um ein Haar dem Tod entronnen. Warum also begibt sich Nawalny auf dieses Himmelfahrtskommando? Die Antwort ist einfach: Er hat keine echte Wahl. Würde der 44-Jährige in Deutschland Asyl beantragen, käme das nicht nur einer Kapitulation vor Putin gleich, sondern auch einer Selbstaufgabe. Schließlich hat sich Nawalny schon vor vielen Jahren dem Kampf gegen Korruption und Willkürherrschaft in Russland verschrieben, wohl wissend, dass der Kampf gegen die Kreml-Clans rund um Putin lebensgefährlich ist.
Auch wenn sein Handlungsspielraum so eng bleiben wird, wie der Kreml ihn definiert: Es reicht vorerst, wenn er ein Stachel im Fleisch der Staatsmacht bleibt. Zuletzt hat sich in Belarus gezeigt, wie schnell sich das Blatt selbst in Ländern wenden kann, in denen eine Diktatur zementiert zu sein scheint.