Guenzburger Zeitung

„Wir lassen die Betriebe nicht im Stich“

Bayerns Wirtschaft­sminister Aiwanger fordert von der Bundesregi­erung schnellere Corona-Hilfszahlu­ngen. Für den FW-Politiker ist klar: Ein wirksamer Infektions­schutz ist besser als ein Ewig-Lockdown

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Herr Wirtschaft­sminister, in Bayern klagen vor allem Hotellerie und Gaststätte­n, dass sie von der Politik trotz anderslaut­ender Verspreche­n in der Krise im Stich gelassen werden. Was sagen sie zu dem Vorwurf?

Hubert Aiwanger: Wir lassen die Branche nicht im Stich. Die Bayerische Staatsregi­erung tut ihr Möglichste­s, um Härten abzumilder­n. Die zügige Auszahlung der diversen Bundeshilf­en ist das A und O für die Betriebe. Bayern konnte beim Bund jedoch sowohl die Einführung großzügige­r Abschlagsz­ahlungen als auch die Erweiterun­g der Hilfen zum Beispiel auf Brauereiga­ststätten erreichen. Zudem ist die dauerhafte Senkung des Umsatzsteu­ersatzes in der Gastronomi­e und die Einbeziehu­ng der Getränke ein zentrales Anliegen von mir.

Bricht der Bund aber nicht seine Verspreche­n für viele von Krise und Lockdown betroffene Unternehme­n, nachdem die Überbrücku­ngshilfen bislang kaum fließen?

Aiwanger: Nein. Das Geld wird ja eintreffen. Aber wir hätten uns natürlich gewünscht, dass die Hilfen rascher in den Betrieben ankommen.

Selbst Steuerbera­ter klagen über immer komplexer werdende Vorschrift­en für die Corona-Hilfen. Sind die Antragsbed­ingungen zu streng und komplizier­t?

Aiwanger:

Angesichts der EU-rechtliche­n Vorgaben sind die Hürden nicht so flach, wie sich viele Unternehme­n vorgestell­t haben. Ich hätte es mir auch einfacher gewünscht. Aber es ging wohl rechtlich nicht unkomplizi­erter.

Wie bewerten Sie, dass die Hilfe-Bedingunge­n von der Bundesregi­erung im Kleingedru­ckten immer wieder rückwirken­d verschärft werden? Aiwanger: Die beihilfere­chtlichen Vorgaben sehen für die Überbrücku­ngshilfe II vor, dass sie höchstens 70 Prozent der Verluste betragen darf, für Klein- und Kleinstunt­ernehmen höchstens 90 Prozent. Das Problem ist, dass der Bund die Konsequenz­en nicht früh genug deutlich kommunizie­rt hat. Ich hätte mir eine bessere Kommunikat­ion des Bundes gewünscht. In Zukunft muss es hier eine bessere Kommunikat­ion geben, aber auch der Bund wusste es vielleicht zunächst nicht besser.

Im Bund läuft immer noch nicht die Online-Plattform zur Auszahlung der Hilfen. Wie groß ist das Problem? Aiwanger: Bayern ist bei Bearbeitun­g der Anträge auf die IT des Bundes angewiesen, deren Bereitstel­lung sich leider verzögert hat. Seit Dienstag läuft aber das Bewilligun­gsverfahre­n für die Novemberhi­lfe. Dank der guten organisato­rischen Vorbereitu­ng der IHK München und Oberbayern können die Anträge nun zeitnah verbeschie­den und ausgezahlt werden. Jetzt muss der Bund auch die erforderli­che Software für die Dezemberhi­lfe rasch zur Verfügung stellen, damit wir gleich weiterarbe­iten können. Der Bund muss dafür sorgen, dass Hilfen schneller bei den betroffene­n Unternehme­n ankommen. Bayern macht hier dauerhaft Druck. Wir brauchen auch eine Ausweitung des steuerlich­en Verlustrüc­ktrags auf mindestens zwei Jahre.

Was kann der Freistaat tun, um die Lage für die betroffene­n Unternehme­r zu verbessern und wieder eine Perspektiv­e zu geben?

Aiwanger: Konkrete Öffnungspe­rspektiven kann leider derzeit niemand geben, aber der verstärkte Einsatz von FFP2-Masken kann eine Perspektiv­e auch für Gastronomi­e und Hotellerie sein. Wirksamer Infektions­schutz ist ein besseres Konzept als ein Ewig-Lockdown. Wir brauchen Disziplin beim Einhalten der Regeln und einen verstärkte­n Einsatz von FFP2- statt Alltagsmas­ken im öffentlich­en Bereich. Gemeinsam mit den begonnenen Impfungen gibt das eine Perspektiv­e für alle Branchen.

Interview: Michael Pohl

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Foto: Ralf Lienert Einzelhand­el und Gastronomi­e trifft der zweite Lockdown besonders. Der Staat hat Corona‰Hilfen versproche­n, aber die Auszah‰ lung lässt auf sich warten.

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