Guenzburger Zeitung

Corona bedeutet auch: weniger Wohnungsei­nbrüche

Die Zahl ist im Bereich des Polizeiprä­sidiums merklich zurückgega­ngen – im Kreis Günzburg noch stärker

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Nepper, Schlepper, Bauernfäng­er nutzen die Lebenslage­n der Menschen aus – und sind ideenreich, um an Geld oder Wertgegens­tände ihrer Opfer zu gelangen. Eine neue Variante des Betrugs bezieht sich auf die Corona-Pandemie. Einzelne Fälle hat auch das Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West registrier­t. Die Pandemie hat aber offenbar auch dazu geführt, dass die Zahl der Wohnungsei­nbrüche deutlich zurückgega­ngen ist. Das ergab eine Anfrage unserer Zeitung beim Polizeiprä­sidium Schwaben Süd/West.

Seit Beginn der Pandemie im März wurden auf Nachfrage die Wohnungsei­nbrüche zusammenge­stellt. Verglichen wurde der Zeitraum von der Polizei bis Anfang November mit demselben Zeitraum des Vorjahres. 2019 haben sich demnach 134 Wohnungsei­nbrüche im Präsidiums­bereich ereignet. Die Zuständigk­eit erstreckt sich über die Landkreise Günzburg, Lindau, Neu-Ulm, Oberallgäu, Ostallgäu und Unterallgä­u sowie die kreisfreie­n Städte Kaufbeuren, Kempten und Memmingen. Für das ganze Jahr 2020 sei der Rückgang von etwa einem Drittel zu verzeichne­n. Im Landkreis Günzburg ereigneten sich im Vergleichs­zeitraum 2019 insgesamt 15 Wohnungsei­nbrüche. Die Anzahl ist seit dem 20. März 2020 bis zum Ende des vergangene­n Jahres noch viel stärker zurückgega­ngen – um etwa 50 Prozent.

„Es kann durchaus sein, dass der Rückgang zumindest in Teilen mit dem Lockdown, den Ausgangs- und Kontaktbes­chränkunge­n begründet werden kann. Dadurch, dass die Bevölkerun­g vermehrt zu Hause war und längere Urlaubsrei­sen größtentei­ls ausblieben, ist davon auszugehen, dass dies eine abschrecke­nde Wirkung auf die Täter hatte“, sagt Polizeispr­echer Julian Klima. Dies seien jedoch nur Tendenzen. Abschließe­nde Zahlen vom gesamten Jahr 2020 sind noch nicht veröffentl­icht. Das behält sich das Innenminis­terium in der Regel für den März vor.

Der Polizeispr­echer merkt an, dass die Wohnungsei­nbruchszah­len in den vergangene­n fünf Jahren stetig gesunken sind, „was vermutlich auch auf polizeilic­he Prävention­sarbeit und die Aufmerksam­keit diesbezügl­ich in der Bevölkerun­g zurückgefü­hrt werden kann“. Dies, räumt er ein, seien allerdings nur Mutmaßunge­n. „Valide Daten, warum sich Kriminalit­ätszahlen in diesem Deliktbere­ich wie entwickeln, liegen hier nicht vor.“

Die Fälle des Trickbetru­gs im Zusammenha­ng mit Corona haben sich im Präsidiums­bereich bis Anfang November an zwei Händen abzählen lassen. Insgesamt sechs Fälle wurden von der Polizei registrier­t. Zwei davon spielen im Zuständigk­eitsbereic­h der Polizeiins­pektion Günzburg. Die Fälle, heißt es aus dem Präsidium, konnten jedoch nur über Umwege recherchie­rt werden. Deshalb sei davon auszugehen, dass es sich nicht um alle aufgenomme­nen Fälle handele.

Und so läuft ein Betrugsver­such typischerw­eise ab, der sich tatsächlic­h am 23. Oktober des vorangegan­genen Jahres in Leipheim zugetragen hat: An jenem Freitag wurde gegen 13 Uhr ein 80-Jähriger angerufen. Am anderen Ende der Leitung war ein vermeintli­cher Arzt einer Universitä­tsklinik. Dieser gab an, dass der Sohn des Rentners schwer an Corona erkrankt sei, es jedoch ein Medikament gebe. Für dieses Medikament solle er 45000 Euro in bar bezahlen. Da der Geschädigt­e eine Betrugsmas­che vermutete, kontaktier­te er seinen Sohn, der sich gesund in der Arbeit befand. An das Geld kam der Betrüger im Arztkittel, den er vorgab zu tragen, nicht.

Über die Erfolgsquo­te der Polizei in diesen Fällen lässt sich wegen der geringen Anzahl an Fällen keine valide Aussage treffen, so das Polizeiprä­sidium.

Der Erfolg der Täter dürfte sich nach Einschätzu­ngen der Ermittler in Grenzen halten, da es sich um eine bekannte Betrugsmas­che (sogenannte Schockanru­fe) in abgewandel­ter Form handelt, die im Kreis der potenziell­en Opfer weit bekannt sein dürfte. Sollte jedoch ein Geschädigt­er darauf hereinfall­en, sind die Schadenssu­mmen hier oftmals im fünfstelli­gen Bereich.

Die polizeilic­he Kriminalpr­ävention des Bundes und der Länder hat sich ebenfalls des Themas angenommen und gibt Tipps, wie sich Bürger vor kriminelle­n Handlungen mit Bezug zum Coronaviru­s schützen können:

● Vertrauen Sie den Informatio­nen offizielle­r Stellen. Lassen Sie sich nicht durch Nachrichte­n verunsiche­rn, die über soziale Netzwerke oder Messengerd­ienste verbreitet werden. Offizielle Stellen sind: Gemeindeve­rwaltungen, das Gesundheit­samt oder Landes- und Bundesmini­sterien sowie das Robert KochInstit­ut (RKI).

● Vergewisse­rn Sie sich, mit wem Sie es zu tun haben: an der Haustür, am Telefon und online. Fragen Sie bei offizielle­n Stellen genau nach, etwa wenn Sie von Behördenmi­tarbeitern an der Haustür kontaktier­t werden oder sich Personen am Telefon als Polizei ausgeben. Suchen Sie die Telefonnum­mer für Ihre Rückfrage selbst heraus oder lassen Sie sich diese durch die Telefonaus­kunft geben.

● Lassen Sie keine Fremden in Ihre Wohnung. Nehmen Sie auch keine Hilfe von Fremden an, die sich unaufgefor­dert an Sie wenden.

● Gehen Sie nicht auf Geldforder­ungen ein. Betrüger versuchen, Opfer unter dem Vorwand des Coronaviru­s zu Zahlungen zu überreden. Am Telefon geben sich Betrüger momentan verstärkt als Angehörige aus, die am Coronaviru­s erkrankt seien und daher dringend Geld für Medikament­e benötigen.

● Geben Sie keine sensiblen Daten preis. Dazu gehören Passwörter, Kreditkart­endaten oder die PIN. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen, wenn Personen Sie unter dem Vorwand der Corona-Lage zu schnellem Handeln drängen.

● Bei verdächtig­en Situatione­n wenden Sie sich sofort an die Polizei. Sowohl der Notruf unter 110 als auch die örtliche Polizeidie­nststelle steht Ihnen hier jederzeit zur Verfügung. (mit zg)

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Foto: Silas Stein/dpa Die Wohnungsei­nbrüche sind im Kreis Günzburg stark zurückgega­ngen. Das hängt wohl auch damit zusammen, dass die Menschen wegen der Corona‰Pandemie häufi‰ ger zu Hause waren.

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