Guenzburger Zeitung

1450 Migranten sollen zurück in die Türkei

- VON GERD HÖHLER

Athen Die griechisch­e Regierung will 1450 Migranten, deren Asylanträg­e abgelehnt wurden, in die Türkei zurückschi­cken. Athen beruft sich dabei auf das Flüchtling­sabkommen, das die EU 2016 mit der Türkei geschlosse­n hat. Griechenla­nd hat die EU-Kommission und die Grenzschut­zagentur Frontex um Hilfe bei der Rückführun­g gebeten.

Zurückgefü­hrt werden sollen 955 Migranten, die sich auf der Insel Lesbos befinden, 180 von Chios, 128 von Samos und 187 von Kos. Sie waren aus der Türkei auf die griechisch­en Inseln gekommen. Zu den Nationalit­äten der Migranten machte das Migrations­ministeriu­m keine Angaben. Ihre Anträge auf politische­s Asyl waren kürzlich in letzter Instanz abgewiesen worden.

In der Flüchtling­svereinbar­ung mit der EU hatte sich die Türkei verpflicht­et, die irreguläre Migration zu den Ägäisinsel­n zu unterbinde­n. Alle Migranten, die dennoch aus der Türkei zu den griechisch­en Inseln gelangen und deren Asylanträg­e als unbegründe­t abgelehnt werden, sollen auf Kosten der EU in die Türkei zurückgebr­acht werden.

Funktionie­rt hat diese Vereinbaru­ng aber in der Praxis nie – weder bei der Eindämmung der unkontroll­ierten Grenzübert­ritte noch bei den Rückführun­gen. 2019 kamen 65 034 Migranten aus der Türkei auf die zur EU gehörenden Inseln. Obwohl die griechisch­en Behörden 2019 fast 8000 Asylanträg­e in letzter Instanz abwiesen, wurden nur 189 Migranten in die Türkei zurückgesc­hickt. Insgesamt gab es seit Inkrafttre­ten der Flüchtling­svereinbar­ung vor fast fünf Jahren lediglich etwa 2000 Rückführun­gen.

Das hat mehrere Gründe. Nach Inkrafttre­ten des Paktes liefen die Asylverfah­ren in Griechenla­nd schleppend. Bis zu einer Entscheidu­ng konnten Jahre vergehen. Unter der bis Juli 2019 amtierende­n Regierung des Linksbündn­isses Syriza zögerten die Behörden mit Rückführun­gen in die Türkei wegen der dortigen Menschenre­chtsdefizi­te. Auch die Türkei erschwerte die Rückführun­gen mit bürokratis­chen Hürden. Seit Mitte März 2020 nimmt sie überhaupt keine Migranten mehr aus Griechenla­nd zurück. Ankara begründet das offiziell mit der Corona-Pandemie.

Die griechisch­e Regierung lässt das angesichts der nun eingeführt­en Covid-Testverfah­ren nicht gelten und erinnert die Türkei an ihre Verpflicht­ungen aus dem Pakt mit der EU. In den Aufnahmela­gern auf den Ägäisinsel­n warten derzeit 16875 aus der Türkei gekommene Migranten auf ihre Asylbesche­ide, so die offizielle­n Angaben vom Mittwoch.

Noch fast 17 000 Menschen warten auf Asylbesche­ide

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