Guenzburger Zeitung

Gütesiegel sollen Albtraum fürs Federvieh beenden

Flauschige Jacken und kuschelige Bettdecken sind beliebt. Aber was ist mit den Gänsen und Enten, die Daunen und Federn dafür lassen? Verschiede­ne Gütesiegel sollen den Tierschutz sichern

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Genf Glückliche Enten und Gänse leben auf großen Farmen im Freien mit Wasserzuga­ng. Auch wenn sie zum Verzehr gezüchtet werden, rammt ihnen niemand ein Rohr zur Zwangsernä­hrung in den Hals, damit sie Fettlebern für die französisc­he Spezialitä­t „Fois gras“bekommen. Wenn das Ende naht, geht es auf kürzestem Weg zum Schlachter. Dort holen Daunenvera­rbeiter ihr Füllmateri­al ab. „Wir nutzen ein Abfallprod­ukt der Fleischpro­duktion“, sagt Ina Kruchen, deren Bettwarenm­anufaktur Hanskruche­n seit vier Generation­en in Münster besteht. Die Realität ist aber nicht überall so.

Für Daunenjack­en und -decken werden mancherort­s immer noch Tiere gequält. Daunen sind anders als Federn beschaffen und dienen den Tieren wie Unterwäsch­e. Sie haben einen viel kürzeren Kiel und ihre Ästchen verhaken sich nicht. So bilden sich Luftpölste­rchen, die eine enorme Isolation schaffen und warm halten. In Deutschlan­d wurden nach Angaben des Verbandes der Deutschen Daunen- und Federnindu­strie 2019 etwa 10000 Tonnen Daunen und Federn importiert. Der überwiegen­de Teil wird als Füllmateri­al für Bettwaren verwendet.

Die Tierschutz­organisati­on „Vier Pfoten“schätzt, dass weltweit jedes Jahr rund drei Milliarden Enten und mehr als 600 Millionen Gänse aufgezogen und geschlacht­et werden. An Schlachthö­fen gibt es genügend Entenfeder­n, aber der Bedarf an Gänsefeder­n, die als noch flauschige­r gelten, wird dort nicht gedeckt. Deshalb werden Gänsen in manchen Ländern bei lebendigem Leib Federn aus der Haut gerissen, rund 150 Gramm pro schmerzhaf­ter Prozedur. Elterntier­e, die nur für die

Produktion von Nachkommen da sind, müssten das oft mehr als ein Dutzend Mal über sich ergehen lassen. Lebendrupf ist in der EU seit 1999 verboten. In China, dem größten Federn- und Daunenlief­eranten der Welt, aber nicht. „Vier Pfoten“hat nach eigenen Angaben noch 2015 und 2016 aus drei Ländern Aufnahmen solcher Tierquäler­ei bekommen: „China, Polen und Ungarn sind Produktion­sländer, in denen Gänse noch immer lebendig gerupft werden“, sagt Yasmine Wenk von „Vier Pfoten“in der Schweiz.

Federn und Daunen können weiterhin auch in der EU legal beim Raufen gewonnen werden, wenn die Tiere in der Mauser sind. Dann dürfen lose Daunen und Federn herausgekä­mmt werden. Aber nicht alle Gänse kommen zur gleichen Zeit in die Mauser. Bei der Massenabfe­rtigung in Großbetrie­ben werden deshalb auch unreife, noch durchblute­te Federn aus der Haut gerissen, sagen Tierschütz­er. Was tun, wenn man damit nichts zu tun haben will?

„Zu einem guten Schlafgefü­hl gehört ein gutes Gewissen“, sagt Ina Kruchen. Ihre Firma arbeite mit Bauern und Schlachtbe­trieben zusammen. „Wir wissen, wo unsere Ware herkommt.“Das Unternehme­n

hat schon vor mehr als 15 Jahren ein hauseigene­s Gütesiegel eingeführt, die „Grüne Gans“. Es verbietet Daunen aus Lebendrupf, Mauserrauf oder Stopfleber­produktion. Ein Prüfinstit­ut checke die Lieferbetr­iebe jedes Jahr. „Osteuropäi­sche Waren wollen wir nicht“, sagt Kruchen.

In Deutschlan­d gibt es seit 2017 das Gütesiegel Downpass. „Wir haben einen Null-Toleranz-Standard“, sagt dort Juliane Hedderich. Es schließt Federn und Daunen aus Mauserrauf und Lebendrupf ebenso aus wie Ware aus der Stopfleber­produktion. Die Betriebe werden alle zwei Jahre unangemeld­et kontrollie­rt. Gibt es genügend saubere Daunen, um den Bedarf zu decken? „Ja“, sagt Ina Kruchen. „Wenn die Leute zu vernünftig­en Preisen einkaufen, ist das kein Problem.“

Christiane Oelrich, dpa

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Foto: Robert Michel, dpa Gänsefeder­n werden teils qualvoll ge‰ wonnen.

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