So viel ist das Haus des Nachbarn wert
Ein Start-up-Unternehmen aus München veröffentlicht im Internet Schätzwerte von fast allen privaten Immobilien – auch im Landkreis Günzburg. Was hinter der Idee steckt
Landkreis Die Frage nach Wohnraum ist im Kreis Günzburg seit Jahren ungebrochen – doch das (bezahlbare) Angebot ist äußerst überschaubar. Wie schön wäre es da, einen Informationsvorsprung zu haben und Objekte zu finden, die noch gar nicht richtig auf dem Markt sind. Einen Schritt in diese Richtung geht das Münchner Start-up-Unternehmen Scoperty, welches Schätzwerte zu fast allen Wohnimmobilien im Kreis Günzburg zur Verfügung stellt.
Das Unternehmen ist stolz darauf, Objektdaten und Schätzwerte zu deutschlandweit mehr als 35 Millionen Immobilien online anbieten zu können. Scoperty kombiniert via Google Maps Online-Ansichten von etwa 1,1 Millionen Straßen und deren Objekten mit Schätzwertdaten, die auf Grundlage von Algorithmen bestimmt werden. Dies geschieht auf Basis von Datenmengen wie unter anderem Grundstücksgröße, Wohnfläche, der Lage und dem öffentlichen Mietspiegel. Eigentümer der Immobilie können diese Daten weiter verfeinern, indem sie noch das Baujahr, die Grundstücksgröße oder etwaige Renovierungen angeben. „So wie Wikipedia von der Veröffentlichung und Mithilfe der Community Wissen neu zugänglich gemacht hat, werden wir mit unserem Angebot den Immobilienmarkt in Günzburg völlig neu darstellen“, teilt Michael Kasch, Gründer und Geschäftsführer von Scoperty, mit.
Nach einer einjährigen Testphase in den fünf Großstädten München, Frankfurt am Main, Hamburg, Berlin, Köln und Nürnberg steht der neue Online-Marktplatz seit wenigen Wochen für mehr als 11500 Städte und Gemeinden zur Verfügung – so auch im Landkreis Günzburg. „Indem wir die Informationen allen gleichermaßen bereitstellen, können wir erstmals den tatsächlichen Immobilienmarkt in seiner ganzen Größe und Vielfalt sichtbar machen. Bisherige Portale bilden mit ihren Inseraten nur etwa ein Prozent und damit einen Bruchteil des Marktes für Wohnimmobilien ab“, so Kasch. Gerade in kleineren
Städten gebe es bisher kaum ein sichtbares Angebot, obwohl es viele Objekte und damit einen Markt gebe.
Der Unternehmensgründer möchte eigenen Angaben zufolge eine völlige Transparenz auf dem Immobilienmarkt herstellen sowie Interessenten und Eigentümer schneller zusammenbringen und das Angebot verfügbarer Wohnimmobilien vergrößern. „Eigentümer können erstmals ohne Zutun den aktuellen Marktwert ihres Wohneigentums erfahren und ein reales Marktinteresse testen – ohne in einen verbindlicheren Kaufprozess einsteigen zu müssen und ohne Geld zu investieren. Interessenten sehen zudem erstmals den gesamten Markt und nicht nur klassische Verkaufsangebote, die oft nur einen
Bruchteil des Marktes darstellen“, sagt Kasch.
Um auf der anderen Seite den richtigen Zeitpunkt für einen Verkauf zu finden und eine Preisvorstellung zu erhalten, können Eigentümer auf Scoperty ihre Immobilie auf einem realen Markt „testen“, indem sie ihre Wohnung oder ihr Haus für Gebote öffnen. Dabei veröffentlichen sie kein verbindliches Verkaufsangebot, sondern signalisieren lediglich die Bereitschaft, von Kaufinteressenten kontaktiert zu werden.
Immobilieneigentümer, die nicht mit einem Preisschild bei Scoperty versehen werden wollen, müssen selbst aktiv werden und sich auf der Internetseite anmelden. Erst wenn die Eigentümer ihre Immobilie auf „inaktiv“stellen, verschwindet die
Preisschätzung. Doch für Kritiker ist dieses Vorgehen nicht akzeptabel. Es können nicht angehen, dass Betroffene erst einen Antrag stellen müssen, um die Daten aus dem Internetportal der Firma löschen zu lassen.
Ein weiterer Kritikpunkt, den Betroffene aus den Städten der einjährigen Testphase geäußert haben: Die veröffentlichten Immobilienwerte seien realitätsfern – die angegebenen Preise seien teilweise viel zu niedrig, teilweise aber auch deutlich zu hoch angesetzt.
Dass sich das Unternehmen noch in der Anfangsphase befindet, macht ein Blick auf den Kreis Günzburg deutlich. Zwar sind dort fast alle Immobilien bewertet, doch keine einzige Wohnung und kein einziges Haus werden dort zum Verkauf angeboten. Immerhin zwei Immobilienbesitzer in Neuburg haben die Funktion „Offen für Gebote“aktiviert, um sich mögliche Kaufangebote zukommen zu lassen.
Wer weder auf der Suche nach neuem Wohnraum ist, noch seine eigenen vier Wände verkaufen will, möchte häufig wissen, wie viel seine eigene Wohnung oder sein Häuschen wert ist. Und wenn man schon dabei ist, würde es so manchen interessieren, wie viel das schmucke Haus des Nachbarn eigentlich kosten würde. Oder gar das Eigenheim des Vorgesetzten. Ob das allerdings den Besitzern gefällt, ist eine andere Sache.
IInformationen zu den Schätzwerten von Immobilien sind online unter www.scoperty.de abrufbar.