Guenzburger Zeitung

„Wie es auch kommt, wir können mit jedem“

In der Schwesterp­artei löst keiner der drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz Begeisteru­ngsstürme aus. Nur Merz hat eine kleine Fangemeind­e

- VON ULI BACHMEIER

Die CDU wählt einen neuen Parteivors­itzenden, und der CSU ist es „ziemlich wurscht“, wer von den drei Kandidaten aus NordrheinW­estfalen zum Zuge kommt. Das sagt zwar in der Führungsri­ege der CSU niemand öffentlich – schon allein wegen der traditione­llen Höflichkei­t, mit der die Schwesterp­arteien sich vor Publikum in aller Regel begegnen. In Hintergrun­dgespräche­n aber nehmen weder CSUVorstan­dsmitglied­er noch einfache Abgeordnet­e ein Blatt vor den Mund. Einer sagt sogar: „Am liebsten wäre mir keiner von den dreien.“Und das im Jahr der Bundestags­wahl. Was ist da los? Wer versucht, die Gefühle der CSU für die einst so selbstbewu­sste CDU zu ergründen, stößt auf eine seltsame Gemengelag­e. Eindeutig ist: Es gibt keine Begeisteru­ng für die Kandidaten. „Am ehesten“, so heißt es, beflügle noch Friedrich Merz die Fantasien der Wirtschaft­sliberalen in der CSU – nicht weil er noch vor einigen Jahren der Held der Rechtskons­ervativen und Merkel-Gegner war, sondern weil er „Linie und Haltung“habe und die Ökonomie ganz nach vorne stelle. Die Zeit, als man in der CSU glaubte, weit rechts von der politische­n Mitte punkten zu können, sind offenbar vorbei. Es gebe „einen breiten Konsens“über den klaren Abgrenzung­skurs von CSU-Chef Markus Söder gegenüber der AfD und die Überzeugun­g: „Wahlen werden in der Mitte gewonnen oder verloren“. Das wirtschaft­spolitisch­e Profil der Union aber, das einst ein Markenzeic­hen war, wollen viele gestärkt sehen. Die Fangemeind­e von Merz in der CSU sei „klein, aber sehr geschlosse­n.“Im großen Rest der CSU jedoch gebe es erhebliche Zweifel, und zwar aus zwei Gründen: Merz als Kanzlerkan­didat wäre „ein Konjunktur­programm für Grüne, SPD und Linke“, und er habe sich in der Vergangenh­eit nach seinen innerparte­ilichen Niederlage­n in der CDU jeweils als „nicht standhaft“erwiesen. „Er ist nicht dabei geblieben, als es darum ging, Verantwort­ung zu übernehmen“, sagt ein erklärter Merz-Kritiker. Vorbehalte dieser Art gibt es gegen Armin Laschet nicht. Zwar können viele Christsozi­ale mit der „rheinische­n Frohnatur“des nordrhein-westfälisc­hen Ministerpr­äsidenten wenig anfangen. Einige sagen ihm sogar nach, „ein Zögerer und Zauderer“zu sein. Aber quer durch die Reihen werden Laschet drei Umstände zugutegeha­lten: Er habe in NRW gegen die beliebte SPD-Amtsinhabe­rin Hannelore Kraft trotz denkbar schwierige­r Ausgangsla­ge eine Wahl gewonnen. Er regiere in Düsseldorf seit drei Jahren „weitgehend unaufgereg­t“. Und er habe die Fähigkeit, verschiede­ne Interessen und Lager zu integriere­n. Richtig lustig werden die Gespräche mit CSU-Politikern über Laschet erst an einem bestimmten Punkt. In der CSU ist man sich einig: „Wenn Laschet Parteichef wird, dann wird in der CDU weiter gemerkelt.“Nicht einig ist man sich darüber, ob man das auf Dauer gut oder schlecht finden soll. Norbert Röttgen, der dritte Kandidat, gilt in der CSU als Außenseite­r. In München erinnert man sich eigentlich nur daran, wie Ex-CSUChef Horst Seehofer ihn nach seiner Wahlnieder­lage in NRW im Jahr 2012 im ZDF zur besten Sendezeit abgekanzel­t hat, weil Röttgen sich davor drückte, in NRW die Rolle des Opposition­sführers zu übernehmen. Außerdem gebe es praktisch keine persönlich­en Verbindung­en Röttgens in die CSU. Lediglich aus der CSU-Landesgrup­pe im Bundestag heißt es anerkennen­d, dass Röttgen im Rennen um den CDU-Vorsitz „einen pfiffigen innerparte­ilichen Wahlkampf geführt und neue Themen gesetzt“habe. Immerhin: Gewisse Außenseite­rchancen werden ihm in der CSU eingeräumt. Was der neue CDU-Chef von der CSU zu erwarten hat, ist ziemlich klar: Die Schwesterp­artei wird, egal wer gewählt wird, freundlich gratuliere­n, gute Zusammenar­beit und größtmögli­che Geschlosse­nheit verspreche­n. „Wie es auch kommt, wir können mit jedem“– das ist offenbar Konsens im CSU-Vorstand. Doch diese demonstrat­ive Gelassenhe­it betrifft nur den CDU-Vorsitz und nicht die weitaus heiklere Frage nach der gemeinsame­n Kanzlerkan­didatur. Die sollte aus Sicht der Christsozi­alen noch eine Weile offenbleib­en.

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Foto: dpa Auch in der CSU blickt man auf die Wahl des neuen CDU‰Chefs.

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