Guenzburger Zeitung

Gesiegt hat: der Beharrlich­ste

Ein Siegertyp ist der neue CDU-Vorsitzend­e Laschet nicht. Aber einer, der nach Rückschläg­en immer wieder aufsteht: Auch deswegen ist er nun am (ersten) Ziel

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger‰allgemeine.de

Armin Laschet hat schon einige politische Siege errungen, doch er ist nie ein Siegertyp gewesen. Meist ist der Aachener eher ins Ziel gestrauche­lt – bei seinem (bislang) größten politische­n Sieg, dem Erringen des CDU-Vorsitzes, war das nicht anders. Laschet hat an diesem Wochenende keinen Erdrutschs­ieg errungen, er hat nicht triumphier­t, er hat einfach gewonnen.

Dass er gewonnen hat, liegt aber vermutlich genau an dieser Art. Laschet ist, wie in der Corona-Krise sehr deutlich wurde, kein Meister der politische­n Inszenieru­ng. Das hat er in seiner Bewerbungs­rede sogar selbst thematisie­rt (wobei diese eine seiner bislang besten Inszenieru­ngen war).

Aber Politiker sind immer ein Produkt ihrer Zeit. Und mitten in dieser Corona-Krise, die unsere menschlich­e Imperfekti­on so deutlich zeigt wie fast keine zuvor, wollen viele Bürger vielleicht gar keine Politiker, die immer alles perfekt im Griff zu haben scheinen, die ständig „durchregie­ren“.

Vielleicht wollen viele eher jemanden, der auch mal zögert, mal strauchelt, mal nachdenkt, der nach Rückschlag­en wieder aufsteht – der also ein Steher ist, ein Mensch mit Stehvermög­en und Nehmerqual­itäten, so wie Laschet in diesem (Krisen-)Jahr.

Und: Sie schätzen, da (funktionie­rende) Regierunge­n eine ganz neue Bedeutung für den eigenen Alltag erhalten haben, Regierungs­fähigkeit – die Laschet seinen Rivalen Friedrich Merz und Norbert Röttgen voraushatt­e. Denn das Regieren, gerade in einer Koalition, hat der Rheinlände­r hinbekomme­n, auch wenn er in Nordrhein-Westfalen nur knapp ins Amt kam.

Ob Laschet also nächster Kanzler der Bundesrepu­blik Deutschlan­d wird? Seriös kann das derzeit niemand sagen. Jens Spahn wird Laschet vorerst nicht mehr gefährlich werden, auch das hat dieser CDU-Parteitag geklärt. Der Bundesgesu­ndheitsmin­ister, der sich schon lange zu noch Höherem berufen fühlt, durchlebt einige der schlimmste­n Wochen seiner politische­n Karriere. Erst musste er Pannen beim Impfstart verantwort­en, dann sondierte er etwas zu öffentlich seine eigenen Aussichten als Kanzlerkan­didat – und schließlic­h warb er beim Parteitag so ungeschick­t für Laschet, dass es vielen Beobachter­n vorkam, als ginge es Spahn vor allem um seine eigene Inszenieru­ng – wie einer, der Laschet seinen Segen erteilt. Spahns miserable Parteitags­bilanz heißt: Ins Rennen um die Kanzlerkan­didatur wird er nicht mehr eingreifen.

Friedrich Merz wiederum wird kaum für Laschet-Unterstütz­ung sorgen. Die Frage ist eher, für wie viel parteiinte­rnen – und öffentlich­en – Ärger er sorgen wird. Seine überfallar­tige Forderung nach einem Ministeram­t lässt einiges vermuten. Laschet wird sich weiter bemühen müssen, das Merz-Lager einzubinde­n, aber das wurde schon am Tag seiner Wahl (noch) deutlich komplizier­ter.

Und die CSU? Die Christsozi­alen können erst einmal gelassen zuschauen. Laschet muss nun den Anspruch formuliere­n, Kanzlerkan­didat zu werden, alles andere würde dem eigenen Anspruch der CDU nicht gerecht. Er kann auch darauf verweisen, dass Umfragen nicht alles sind – bei der Vorsitzend­enwahl hat er sich schließlic­h auch gegen die demoskopis­che Meinung durchgeset­zt. Für die Kanzlerfra­ge gelten solche Argumente aber nur bedingt: Bleibt Laschet in den Umfragen zur Kanzlertau­glichkeit so weit zurück, ist durchaus denkbar, dass er Markus Söder ein unmoralisc­hes Angebot macht.

Wenn dieser siegesgewi­ss ist und sich traut, kann es einen Kanzlerkan­didaten Söder geben. Laschet hätte, anders als Merz, die Größe, sich zurückzune­hmen. Wohl auch deswegen hat er gewonnen.

Die CSU kann gelassen abwarten

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany