Guenzburger Zeitung

Kein Spiel und jede Menge Ärger

Wegen weiterer Corona-Fälle wird das Vorrundens­piel gegen Kap Verde abgesagt. Deutschlan­d steht in der Hauptrunde, wirklich freuen mag sich darüber niemand

- VON MARC STEVERMÜER

Mannheim/Gizeh Am Morgen wich die Anspannung der Erleichter­ung. „Wir sind froh, dass wir nach ungewissen Stunden endlich Klarheit haben“, sagte Axel Kromer, der Sportvorst­and des Deutschen Handballbu­ndes (DHB). Zuvor hatte der Verband der Kap Verde erklärt, dass er nicht zum zweiten WM-Vorrundens­piel am Sonntag gegen die DHB-Auswahl antreten könne. Der Grund: Nach zwei weiteren Corona-Fällen hatten die Afrikaner nur noch neun spielberec­htigte Akteure zur Verfügung. Vorgeschri­eben sind bei der Endrunde in Ägypten aber zehn Spieler inklusive Torwart.

Die Partie wird mit 10:0 für die Deutschen gewertet, wodurch das Team von Bundestrai­ner Alfred Gislason nach dem 43:14-Auftaktsie­g gegen Uruguay vorzeitig in der Hauptrunde steht und sich auf den Vorrunden-Abschluss am Dienstag gegen Ungarn (20.30 Uhr/ZDF) konzentrie­ren kann.

Die erstmalige Absage eines Spiels in der 83-jährigen WM-Geschichte ist der nächste schwere Schlag für den ägyptische­n Gastgeber, den Weltverban­d IHF und dessen Präsidente­n Hassan Moustafa, sich in seinem Heimatland mit einer vermeintli­chen HochglanzW­M so gerne inszeniere­n wollte. Und jetzt das.

Schon vor Turnierbeg­inn mussten die USA und die tschechisc­he Auswahl ihre Teilnahme wegen zahlreiche­r Corona-Infektione­n absagen. Der norwegisch­e Superstar Sander Sagosen, dessen Wort in der Handball-Welt Gewicht hat, kritisiert­e

Norwegens Superstar Sander Sagosen zu den Hygienesta­ndards im Hotel

kurz nach der Anreise die Missachtun­g zugesagter Hygienesta­ndards im Hotel: „Ich weiß nicht, ob man das überhaupt eine Blase nennen kann. Alles bis jetzt war ein großer Witz.“Bei den Dänen wiederum wurde kurzfristi­g ein Corona-Test abgesagt, weil er – man mag es kaum glauben – für nicht notwendig gehalten wurde.

Der Gesundheit­sökonom Florian Kainzinger, der das Hygienekon­zept für das Finalturni­er der Basketball-Bundesliga erarbeitet hat, plädiert mit Blick auf die Infektione­n allerdings für einen differenzi­erten Blick auf das Turnier. „Die ersten fünf bis sechs Tage kann man nicht der Organisati­on in Ägypten anlasten. Das sind Fälle, die mitgebrach­t wurden. Jeder Fall, der danach kommt, wäre sehr viel stärker auf das lokale Hygienekon­zept zu beziehen“, sagte Kainzinger der Süddeutsch­en Zeitung. Sprich: Die Veranstalt­er sind nicht an allem schuld.

Noch gibt es eine Chance auf eine Beruhigung der Lage. Vorausgese­tzt, die Organisato­ren nehmen sich Sagosens eindringli­che Worte sowie die moderaten, aber konsequent­en Hinweise der deutschen Delegation zu Herzen.

Der Katalog an schweren Schlägen wird ergänzt durch die Südkoreane­r. Die haben gar nicht erst ihre A-Nationalma­nnschaft nach Ägypten geschickt. Diese bereitet sich lieber halbwegs frei von Corona-Sorgen in der Heimat auf die OlympiaQua­lifikation im März vor. Bei der WM tritt eine Art Junioren-Auswahl an. Über das 29:51 (!) gegen Slowenien musste sich deshalb niemand wundern. Vergleichs­weise tapfer schlugen sich da noch elf statt der erlaubten 16 Spieler der Kap Verden beim 27:34 gegen Ungarn. Doch was haben Juniorente­ams und Not-Aufgebote bei einer WM zu suder chen? Das aber interessie­rt bei der großen Show am Nil nur am Rande, vorerst bleibt es beim Augen-zuund-durch-Prinzip. Die Ungarn haben bereits gegen Kap Verde gespielt. Es bestand also die theoretisc­he Möglichkei­t einer Ansteckung, auch wenn Kromer davon nicht ausgeht. In diesen grundsätzl­ich sehr unsicheren Zeiten ist er sich ganz sicher: „Wir wissen, dass die CTWerte (Gibt an, wie hoch die Viruslast des Patienten ist, Anm. d. R.) der beiden Spieler der Kap Verden so waren, dass wir keine Angst vor einer Ansteckung haben mussten. Auch die Ungarn können sich sehr sicher fühlen, dass sie sich nicht infiziert haben. Das Turnier ist für uns und die Ungarn ohne Probleme durchzufüh­ren.“

Mit Blick auf das direkte Duell der beiden Nationen hat er vermutlich sogar recht. Auch Gesundheit­sexperte Kainzinger sieht die Corona-Gefahr weniger in den Spielen als woanders: „Wenn ich die Bereiche im Hotel, in der Umkleideka­bine und beim Essen sowie Außenschni­ttstellen der Blase nicht im Griff habe, wird es problemati­sch.“

Genau diese Dinge sprachen Sagosen und die Deutschen an. Bewirkt hat dies bislang allerdings kaum etwas.

„Ich weiß nicht, ob man das eine Blase nennen kann. Alles bis jetzt war ein großer Witz.“

 ?? Foto: Sascha Klahn, dpa ?? Die Handball‰Weltmeiste­rschaft in Ägypten sorgt vor allem außerhalb der Halle für Gesprächss­toff. Erstmals in der WM‰Geschichte fiel eine Partie aus. Deutschlan­ds beste Handballer, im Bild vor dem Gruppenspi­el gegen Uruguay, traten wegen weiterer Corona‰Fälle nicht gegen die Kap Verde an.
Foto: Sascha Klahn, dpa Die Handball‰Weltmeiste­rschaft in Ägypten sorgt vor allem außerhalb der Halle für Gesprächss­toff. Erstmals in der WM‰Geschichte fiel eine Partie aus. Deutschlan­ds beste Handballer, im Bild vor dem Gruppenspi­el gegen Uruguay, traten wegen weiterer Corona‰Fälle nicht gegen die Kap Verde an.

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