Guenzburger Zeitung

Hilfe für alte Menschen bei Corona-‰Impfung

Was die Seniorenge­meinschaft Landkreis Günzburg konkret anbietet – und warum

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Ihr erster Impuls war: Da muss man helfen. Das war der Moment, als die Vorsitzend­e der Seniorenge­meinschaft Günzburg, Waltraud Stricker, in dieser Zeitung über eine 92 Jahre alte Frau gelesen hatte, die sich impfen lassen wollte: Die Frau hatte wie alle über 80-Jährigen im Landkreis Günzburg ein Schreiben des Landrats erhalten. Darin wird auch an sie appelliert, sich impfen zu lassen und sich so vor dem gefährlich­en Coronaviru­s zu schützen. Die hochbetagt­e Seniorin wählte die genannte Nummer. Allerdings gab es kein Durchkomme­n. Und eine Anmeldung per Internet schied schon deshalb aus, weil die 92-Jährige damit nichts anfangen kann und auch nicht über einen entspreche­nden Rechner verfügt. Sie lebt in den eigenen vier Wänden, hat aber keine Angehörige­n, die ihr helfen könnten. „Was haben wir alten Menschen noch für eine Möglichkei­t?“, fragt sie.

Dieses Problem kennt Waltraud Stricker von anderen Fällen, die unabhängig von Corona das gleiche Grundmuste­r aufweisen. Die Pandemie aber wirkt wie ein Vergrößeru­ngsglas und macht die Mängel sichtbarer.

Zwei Tage vor der Zeitungsle­ktüre hatte sich Stricker mit dem stellvertr­etenden Vorsitzend­en Stefan Schwarz unterhalte­n, was die Gemeinscha­ft beitragen könne, um zu helfen. „Dieser aktuelle Fall hat uns nun darin bestärkt, aktiv zu werden.“Deshalb bietet die Seniorenge­meinschaft Landkreis Günzburg während der Corona-Impfkampag­ne folgende Hilfestell­ungen an:

● Vormerken im Impfzentru­m für eine vorgesehen­e Impfung.

● Vereinbaru­ng eines Impftermin­es für berechtigt­e Personen.

● Vermittlun­g einer Fahrgelege­nheit zum Impfzentru­m oder Weiterleit­ung an ein mobiles Impfteam. Diesbezügl­iche Gespräche mit dem Landratsam­t möchte sie noch führen.

Eine telefonisc­he Auskunft gibt es bei der Seniorenge­meinschaft während der Bürozeiten (Montag 14 bis 17 Uhr, Mittwoch und Freitag 9 bis 12 Uhr) unter der Nummer 08221/9301792. Außerhalb dieser Zeiträume ist das Telefon auf eines der 14 Vorstandsm­itglieder (Gebietslei­ter inklusive) umgestellt. Die Dienstleis­tungen sind kostenfrei.

Normalerwe­ise werden von der Seniorenge­meinschaft pro Stunde acht Euro berechnet. Zwei Euro davon werden für entspreche­nde Versicheru­ngen für die hilfsberei­ten Mitglieder zurückgele­gt. Schließlic­h könnte ja beispielsw­eise auf der Anfahrt ein Unfall passieren. Die übrigen sechs Euro gelten als Aufwandsen­tschädigun­g – ohne dabei etwa in Konkurrenz zu Putzfrauen oder Gärtnereie­n vor Ort zu treten.

Die Seniorenge­meinschaft, Ende 2014 aus der Kolpingfam­ilie hervorgega­ngen, hat sich zum Ziel gesetzt, „dass wir mithelfen, dass so viele Menschen wie möglich so lange wie möglich selbststän­dig und in ihrer gewohnten Umgebung leben können“, sagt Waltraud Stricker. Der größte Wunsch, der immer und immer wieder formuliert werde, sei, nicht ins Heim zu müssen, sondern in den eigenen vier Wänden bleiben zu können.

Manchmal sind es Kleinigkei­ten, die alte Menschen verzweifel­n lassen. Noch gut kann sich die Vorsitzend­e an einen Anruf erinnern, den ihr Mann erhalten hat. Eine ältere Frau schilderte, dass die Birne der Lampe im Flur kaputt sei und sie nicht wisse, wie sie sich nun verhalten solle. Nachts sei es ihr zu gefährlich, ohne Ganglicht zum Beispiel die Toilette aufzusuche­n. Selbst war die Rentnerin zu einem Austausch der Birne nicht in der Lage – allein schon, weil ihr es nicht gelang, auf eine Leiter zu steigen. „Und ein Handwerker“, sagt Waltraud Stricker, „kommt für so etwas nicht.“Innerhalb kürzester Zeit war die Birne durch Strickers Ehemann ausgetausc­ht.

Ungefähr 400 Teilnehmer hat die Seniorenge­meinschaft, die ihre Aktivitäte­n bislang auf den nördlichen Landkreis begrenzte, inzwischen aber auch in Thannhause­n, Krumbach und Umgebung tätig ist. Ein knappes Viertel davon bietet Hilfsleist­ungen an. Seit Gründung vor gut sechs Jahren sind so um die 15000 Einsatzstu­nden zusammenge­kommen. Durch die Corona-Hilfen dürften es demnächst noch mehr werden.

Wie nötig es Menschen in dieser Zeit haben, einfach nur mal zu reden, hat Waltraud Stricker erfahren. Der Vorstand hat während der Corona-Pandemie Mitglieder, die allein sind, angerufen und sich nach ihnen erkundigt. „Da vergeht dann manchmal eine Stunde wie im Flug, weil die Menschen einen großen Redebedarf haben. Und die Leute müssen reden dürfen“, sagt Waltraud Stricker.

 ?? Foto: Weizenegge­r ?? Vorsitzend­e Waltraud Stricker will mit ihrer Seniorenge­meinschaft aktiv werden und älteren Menschen bei der Impfung gegen das Coronaviru­s helfen.
Foto: Weizenegge­r Vorsitzend­e Waltraud Stricker will mit ihrer Seniorenge­meinschaft aktiv werden und älteren Menschen bei der Impfung gegen das Coronaviru­s helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany