Guenzburger Zeitung

Die Schatten des Zorns

Kiara Lameika schreibt über die düstersten Seiten des Mittelalte­rs

- VON STEFAN KÜMMRITZ

Neu‰Ulm/Günzburg Wer den ersten Mittelalte­r-Kriminalro­man von Kiara Lameika – dies ist nicht ein echter, sondern ein Künstlerna­me, hinter dem sich Lars Stursberg verbirgt – mit dem Titel „Das Mahnmal“gelesen hat, kennt bei der Lektüre von „Schatten des Zorns“, dem neuen Band aus der Reihe „Düstere Lande“, schon die Hauptperso­nen des Buches: den 14-jährigen Mathes Pelker und seine 13-jährige Freundin Ennlin Bruckner. Trotz dieser jungen Protagonis­ten ist „Schatten des Zorns“kein Jugendbuch. Man könnte fast sagen: Im Gegenteil, es kommen in dem Roman sehr viele Untaten vor, es werden Grausamkei­ten geschilder­t, es kommen zig Fragen über Hexentum, Gott und Gerechtigk­eit auf und es werden schlechte Sitten der damaligen Zeit erläutert, sodass Minderjähr­igen das Lesen des 430 Seiten umfassende­n Buches eher nicht geraten werden sollte.

Lameika (oder besser gesagt: Stursberg), die 1979 in Günzburg geboren wurde, später sechs Jahre in Augsburg lebte, weshalb wohl die Schauplätz­e ihrer Geschichte auch dort sind, eine Zeit lang in Nordrhein-Westfalen verbrachte, nun aber wieder im bayerische­n Schwaben lebt, schrieb im ersten Band „Das Mahnmal“über Mathes, der sich als Detektiv betätigt und in eine Mordgeschi­chte verwickelt wird. Mathes überführt den Übeltäter und dessen Handlanger. Der Mörder stirbt im Kerker, aber sein hünenhafte­r Adlatus will seinen Herrn an Mathes rächen.

Hier nun setzt der Krimi „Schatten des Zorns“ein, ist also eine

Fortsetzun­gsgeschich­te. Und die Autorin schafft es, dem Leser eine höchst spannende Geschichte zu liefern. Die vielen Wirren des Mittelalte­rs in Augsburg, die Verbrennun­g einer angebliche­n Hexe auf dem Scheiterha­ufen, der mutige Mathes, der in ständiger Gefahr lebt, vom Hünen, der in die Stadt gekommen ist, geschnappt und wahrschein­lich getötet zu werden, die Härte des völlig verblendet­en Inquisitor­s, der die Schrift „Hexenhamme­r“als eine Art Bibel betrachtet, die Jagd auf einen Buchdrucke­r, der ein Gegenpamph­let plant, der Werwolf, der vor allem hinter Mathes her und in Wirklichke­it der Hüne ist, der sich nach der Einnahme eines bestimmten Tranks auf Zeit zur Bestie entwickelt, Morde, des Scharfrich­ters Versuch, Ennlin unsittlich anzugehen, falsche Anklagen und die Gefahr, in die sich Mathes und Ennlin, die ihren Freund bei der Detektivar­beit kräftig unterstütz­t, ständig begeben – all das fesselt den Leser so, dass er das Buch am liebsten in einem Zug durchlesen würde.

Am Ende stirbt Ennlins Mutter trotz aller Rettungsve­rsuche der beiden Jugendlich­en zu Unrecht als Hexe auf dem Scheiterha­ufen, auf der anderen Seite siegt aber auch so etwas wie Gerechtigk­eit. Der Hüne, gerade wieder als Werwolf beim Angriff auf Mathes, wird von den Stadtwächt­ern und diesem im Kampf getötet, womit auch die Gefahr durch den Hünen vorüber ist.

Und der Inquisitor, der mit seinen Intrigen, falschen Anschuldig­ungen und eigenen Untaten bis hin zum Mord ordentlich zu den Gräueln und der Angst in der Stadt beigetrage­n hatte, kommt ebenso ums Leben wie der Scharfrich­ter. Mathes muss nun Richtung Bodensee in den Krieg gegen die Schweiz ziehen. Ohne Ennlin.

Kiara Lameika schafft es, stets die Spannung zu halten. Es ereignet sich sehr viel in ihrem Krimi, der im Jahr 1499 spielt, aber sie stellt die Zusammenhä­nge in der Geschichte gut dar und sorgt dafür, dass der Leser bei der Fülle von handelnden Personen und Ereignisse­n den Überblick behält. Mal schreibt sie aus der Sicht von Mathes, mal aus der von Ennlin. Hier wird es manchmal etwas schwierig, da sie nicht gleich die Namen nennt. Ihre Sprache ist recht einfach, aber sehr flüssig, verständli­ch und gut lesbar.

Sie hat Augsburgs Stadtgebie­t anhand einer uralten Karte offenbar richtig erfasst und in historisch­en Schriften viel recherchie­rt. Sie fügt zahlreiche Fußnoten mit Erläuterun­gen auf den jeweiligen Seiten an, um es dem Leser schnell leicht zu machen, die historisch­en Hintergrün­de zu verstehen. Der Leser muss sich darauf verlassen, dass die Historie gut dargestell­t ist, will er sie nicht ständig überprüfen. Bürgen tut Kiara Lameika dafür nicht. Was dem Krimi keinen Abbruch tut. Nun hat sie nach eigenen Angaben schon die Fortsetzun­g von „Schatten des Zorns“in Arbeit. O Neuigkeite­n Wer mehr erfahren will, kann die Homepage www.kiara‰lamei‰ ka.de aufrufen oder unter mail@kiara‰la‰ meika.de eine Nachricht schicken.

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Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Gruselfakt­or Mittelalte­r: Kiara Lameika beschreibt in „Schatten des Zorns“, wie hier nachgestel­lt, Inquisitio­n und Hexenverbr­en‰ nung.
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Repro: kümm

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