Guenzburger Zeitung

Der Loipen‰Papst von Winzer

Niemand weiß so viel über das winterlich­e Haseltal wie Hans Wiedemann. Der 81-Jährige sorgt seit 15 Jahren für optimale Langlaufbe­dingungen dort. Was das Geheimnis der beliebten Loipe ist

- VON ALOIS THOMA

Winzer „Heute haben wir Bedingunge­n wie im Tannheimer Tal.“Hans Wiedemann ist die Freude und auch ein bisschen der Stolz ins Gesicht geschriebe­n. Die Loipe, die der 81-Jährige und seine beiden Helfer Jürgen Wiedemann und Karl Zellhuber im wahrsten Sinne des Wortes in den Schnee gezaubert haben, lässt bei den Langläufer­n aber auch wirklich keine Wünsche offen. Nicht umsonst kommen Winterspor­tler auch von außerhalb des Landkreise­s zahlreich nach Winzer, um dort im Haseltal ihre Runden zu drehen, sobald die ersten Schneefloc­ken gefallen sind.

„Ganz wichtig ist, dass der Untergrund nicht nass ist.“Hans Wiedemann weiß, wovon er spricht. Er kann auf 15 Jahre Erfahrung als „Loipenmach­er“im Auftrag des Sportkreis­es Günzburg zurückblic­ken. Am günstigste­n sei es, wenn der Boden tief gefroren oder zumindest – wie etwa in diesem Winter dank des regenarmen Herbstes – trocken ist. „Es ist halt schlecht, wenn du mit dem Spurgerät in den Schnee hinein fährst und hinten drückt es dann das Wasser raus“, erklärt Wiedemann. Wenn es sein muss, fährt er zuerst die Strecke nur mit dem Spurschlit­ten ab und erkundet die Schwachste­llen, ehe er dann die schwere Walze anhängt.

Wer glaubt, dass es damit getan ist, mit Spurschlit­ten, Walze oder Diagonalsp­urgerät das Haseltal aufund abzufahren, den belehrt Wiedemann, der das „Amt“des Loipenspur­ers einst von seinem Bruder Anton übernommen hat, eines Besseren. „Nicht nur Nassstelle­n, sondern auch Maulwurfsh­ügel und durch Wildschwei­ne aufgewühlt­e Passagen sollte man umgehen, wenn man eine plane Spur erzeugen will“, betont er. Ein weiteres Problem: Pappschnee. „Da kann es schon mal sein, dass sich die Walze aufstellt und dadurch im schlimmste­n Fall der Schlitten nicht mehr manövrierf­ähig ist“, weiß Wiedemann. Optimal sei es, wenn es wie am Wochenende, auf die gezogene Spur nochmals drauf schneit, dann nochmals gespurt wird und es zumindest in der Nacht Minusgrade hat.

Das Haseltal hat gegenüber anderen Langlaufge­bieten einen entscheide­nden Vorteil. Während im Allgäu mit schweren Pistenwalz­en gespurt wird und mindestens 30 bis 40 Zentimeter Grundlage vorhanden sein müssen, kommt man in Winzer mit halb so viel Schnee aus. „Wenn der Boden richtig gefroren oder trocken ist, können wir bereits bei einer Schneehöhe von nur zehn Zentimeter­n eine Skatingspu­r walzen. Für die Diagonalsp­ur sollte es allerdings etwas mehr sein“, gibt Wiedemann Einblick in sein Metier. Dass das von Süd nach Nord verlaufend­e, im Schnitt nicht mehr als 50 Meter breite Haseltal fast durchweg aus Wiesen besteht und auf beiden Seiten von Wald gesäumt ist, ist ein weiterer Standortvo­rteil. „Bei Westströmu­ng bringt der Wind den Schnee über die Bäume“, hat Wiedemann schon oft festgestel­lt – und auch nachgemess­en. „Während es direkt hinter dem Wald zum Beispiel 20 Zentimeter sind, sind es ein Stück weiter weg oft nur noch zehn.“Dann kommt auch noch die Höhe dazu, schließlic­h zählt Winzer mit fast 600 Metern zu den höchstgele­genen Orten im Landkreis.

Ganz wichtig sei zudem, dass die rund 30 Grundstück­sbesitzer mit der Nutzung ihrer Flächen einverstan­den sind. Diesbezügl­ich hat der frühere Aletshause­r Bürgermeis­ter aber stets gute Erfahrunge­n gemacht. „Da gab es noch nie Probleme“, freut er sich und schaltet deshalb auch immer nach Saisonende im Mitteilung­sblatt eine entspreche­nde Danksagung. All das überzeugt den Loipenbeau­ftragten zur Feststellu­ng: „Solche optimalen Voraussetz­ungen findet man im ganzen Landkreis nicht.“

Apropos optimale Voraussetz­ungen: In den letzten Tagen erlebte das Loipenpara­dies Winzer einen Ansturm wie schon lange nicht mehr. Der Einsatz von Hans Wiedemann und seinem Helfer Karl Zellhuber hat sich also gelohnt. Über 20 Stunden saßen sie in den letzten Tagen auf dem Spurschlit­ten, um dem guten Ruf gerecht zu werden. Nicht von ungefähr spricht deshalb der BLSV-Kreisvorsi­tzende Fritz Birkner von einem „Glücksfall, auf solche Leute bauen und vertrauen zu können“. Schließlic­h geschieht dies alles auf ehrenamtli­cher Basis. Nach einer Entlohnung hat Hans Wiedemann noch nie gefragt. Und er will das auch in Zukunft nicht tun. „Ich mache das aus Leidenscha­ft und ich hätte mich geärgert, wenn dieser Tage bei diesen Bedingunge­n jemand gekommen wäre und hätte gesagt, du darfst nicht spuren“, betont Wiedemann. Wegen der CoronaPand­emie war zunächst unklar gewesen, ob das Langlaufen in Winzer erlaubt sein würde.

So aber scheinen die Winterspor­tler froh zu sein, noch einen Ort zu haben, wo sie ihrem Hobby nachgehen dürfen. Für Hans Wiedemann ist das Lohn genug: „Wenn ich sehe, dass das Angebot angenommen wird, und die Langläufer zufrieden sind, bin ich auch zufrieden.“

Das zahlt sich auch bei den Spenden aus. Gute Verhältnis­se lassen die Kasse klingeln. Den Erlös verwendet man zum einen zur Deckung der Spritkoste­n – allein am vergangene­n Wochenende flossen über 60 Liter durch den Vergaser des Spurgeräte­s. Aber auch der Unterhalt des Gerätes ist teuer, die Versicheru­ng kostet 380 Euro pro Jahr, unabhängig davon, ob das Gerät zum Einsatz kommt oder nicht.

Mehr als Geld wiegt für Wiedemann, wenn er von den Läufern persönlich angesproch­en, für die gute Arbeit gelobt und ihm gedankt wird. Aber diese Kompliment­e bezieht er nicht auf sich allein. Wiedemann: „Ich sage dann immer: Bedankt euch auch beim Wettergott, denn ohne ihn wäre ich machtlos.“

 ?? Foto: Alois Thoma ?? Seit 15 Jahren sorgt Hans Wiedemann als Loipenspur­er dafür, dass die Skilangläu­fer in den Fluren seines Heimatorts Winzer ihr Hobby ausüben können. Der 81‰Jährige geht aber auch selbst täglich in die Spur und läuft die gesamte Strecke im klassische­n Stil ab.
Foto: Alois Thoma Seit 15 Jahren sorgt Hans Wiedemann als Loipenspur­er dafür, dass die Skilangläu­fer in den Fluren seines Heimatorts Winzer ihr Hobby ausüben können. Der 81‰Jährige geht aber auch selbst täglich in die Spur und läuft die gesamte Strecke im klassische­n Stil ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany