Große Probleme mit Impfterminen in Bayern
Hausärzte könnten schon bald in Impfkampagne einsteigen und Tempo erhöhen
Berlin/München „Langzeitstrategisch gibt es nur eine Lösung, und das ist Impfen“, sagt Ministerpräsident Markus Söder. Und doch bleibt die Impfkampagne die Schwachstelle der aktuellen Corona-Politik. Knapp vier Wochen nach Beginn der groß angelegten Immunisierungsaktion sind nach Angaben von Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) 231 000 Erstimpfungen im Freistaat verabreicht worden – das sind gerade einmal 1,8 Prozent der Menschen. Und aufgrund von Lieferengpässen der Hersteller wird der Prozess erneut ausgebremst.
Nordrhein-Westfalen sieht sich gar gezwungen, den Start der Impfungen für Über-80-Jährige, die zu Hause leben, um eine Woche nach hinten zu verschieben. Überdies verhängte das Land einen sofortigen Impfstopp in Krankenhäusern. Bayern kann durch eine andere Impfstrategie den Betrieb zumindest am Laufen halten. „Wir haben uns zwar auch vorsichtig von der 50-ProzentRegel gelöst, also nicht mehr zwingend für jede Erstimpfung eine zweite Dosis zurückbehalten“, sagt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in München. Aber man habe stets auf ausreichende Reserven geachtet. „Deshalb kann der Impfbetrieb mit Erstimpfungen jetzt auch weiterlaufen, bedingt durch die gekürzten Liefermengen von Biontech/Pfizer allerdings mit etwas reduzierter Geschwindigkeit.“Allein im Münchner Impfzentrum waren für diese Woche rund 1100 Termine zur Erstimpfung vereinbart, die nun ausfallen mussten.
Ältere Menschen gehen bei der Impfung ohnehin oft leer aus. Sie wissen schlicht nicht, wie sie zu einem Termin kommen sollen. Die Probleme sind vielfältig: Unter anderem ist es bisher nicht möglich, von einer E-Mail-Adresse aus einen Termin für zwei Personen zu vereinbaren. Grund ist der Schutz sensibler personenbezogener Daten. Gesundheitsminister Holetschek sagte am Donnerstagabend jedoch in in einer Online-Sitzung des Augsburger Corona-Bürgerbeirats, dass er die Modalitäten bei der OnlineRegistrierung ändern wolle. Künftig sollen pro Mail-Adresse vier Personen registriert werden können. Die Softwarefirma sei entsprechend beauftragt, allerdings werde sich die Änderung wohl nicht von heute auf morgen umsetzen lassen.
Alternativ lasse sich eine Anmeldung telefonisch erledigen, erklärte ein Ministeriumssprecher. Wer nicht sofort durchkommt, solle nicht gleich verzagen: „Bei den telefonischen Anmeldungen gibt es aktuell einen großen Andrang. Aber das wird jetzt mit jedem weiteren Tag besser.“
Auch ein anderer Hoffnungsschimmer ist in Sicht: Ende nächster Woche könnte der Hersteller Astrazeneca die EU-Zulassung bekommen. Damit dürfte die Impfkampagne an Fahrt aufnehmen. Denn anders als der Biontech-Impfstoff stellen diese Vakzine weniger hohe Ansprüche an Kühlung und Transport. „Auch wir Hausärztinnen und Hausärzte können demnächst in unseren Praxen impfen“, sagt Ulrich Weigeldt vom Deutschen Hausärzteverband unserer Redaktion. „Und das wollen und werden wir auch, denn das Impfen gehört seit jeher zu unseren hausärztlichen Basisaufgaben.“Kanzlerin Angela Merkel sicherte erneut zu, die Corona-Impfungen schnell voranzubringen. Wenn alles wie zugesagt erfolge, könne man es schaffen, „bis Ende des Sommers jedem Bürger ein Impfangebot zu machen“, bekräftigte die CDU-Politikerin. „Ich verstehe die Ungeduld“, sagte Merkel.
Mehr über die Schwierigkeiten, einen Impftermin zu finden, lesen Sie auf Bayern. Auf der Seite Politik blicken wir auf verschiedene Länder und ihre aktuelle Corona-Lage. Lesen Sie außerdem den Kommentar von Christian Grimm.