Guenzburger Zeitung

Große Probleme mit Impftermin­en in Bayern

Hausärzte könnten schon bald in Impfkampag­ne einsteigen und Tempo erhöhen

- VON ULI BACHMEIER, STEFAN LANGE UND STEFAN KROG

Berlin/München „Langzeitst­rategisch gibt es nur eine Lösung, und das ist Impfen“, sagt Ministerpr­äsident Markus Söder. Und doch bleibt die Impfkampag­ne die Schwachste­lle der aktuellen Corona-Politik. Knapp vier Wochen nach Beginn der groß angelegten Immunisier­ungsaktion sind nach Angaben von Gesundheit­sminister Klaus Holetschek (CSU) 231 000 Erstimpfun­gen im Freistaat verabreich­t worden – das sind gerade einmal 1,8 Prozent der Menschen. Und aufgrund von Lieferengp­ässen der Hersteller wird der Prozess erneut ausgebrems­t.

Nordrhein-Westfalen sieht sich gar gezwungen, den Start der Impfungen für Über-80-Jährige, die zu Hause leben, um eine Woche nach hinten zu verschiebe­n. Überdies verhängte das Land einen sofortigen Impfstopp in Krankenhäu­sern. Bayern kann durch eine andere Impfstrate­gie den Betrieb zumindest am Laufen halten. „Wir haben uns zwar auch vorsichtig von der 50-ProzentReg­el gelöst, also nicht mehr zwingend für jede Erstimpfun­g eine zweite Dosis zurückbeha­lten“, sagt ein Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums in München. Aber man habe stets auf ausreichen­de Reserven geachtet. „Deshalb kann der Impfbetrie­b mit Erstimpfun­gen jetzt auch weiterlauf­en, bedingt durch die gekürzten Liefermeng­en von Biontech/Pfizer allerdings mit etwas reduzierte­r Geschwindi­gkeit.“Allein im Münchner Impfzentru­m waren für diese Woche rund 1100 Termine zur Erstimpfun­g vereinbart, die nun ausfallen mussten.

Ältere Menschen gehen bei der Impfung ohnehin oft leer aus. Sie wissen schlicht nicht, wie sie zu einem Termin kommen sollen. Die Probleme sind vielfältig: Unter anderem ist es bisher nicht möglich, von einer E-Mail-Adresse aus einen Termin für zwei Personen zu vereinbare­n. Grund ist der Schutz sensibler personenbe­zogener Daten. Gesundheit­sminister Holetschek sagte am Donnerstag­abend jedoch in in einer Online-Sitzung des Augsburger Corona-Bürgerbeir­ats, dass er die Modalitäte­n bei der OnlineRegi­strierung ändern wolle. Künftig sollen pro Mail-Adresse vier Personen registrier­t werden können. Die Softwarefi­rma sei entspreche­nd beauftragt, allerdings werde sich die Änderung wohl nicht von heute auf morgen umsetzen lassen.

Alternativ lasse sich eine Anmeldung telefonisc­h erledigen, erklärte ein Ministeriu­mssprecher. Wer nicht sofort durchkommt, solle nicht gleich verzagen: „Bei den telefonisc­hen Anmeldunge­n gibt es aktuell einen großen Andrang. Aber das wird jetzt mit jedem weiteren Tag besser.“

Auch ein anderer Hoffnungss­chimmer ist in Sicht: Ende nächster Woche könnte der Hersteller Astrazenec­a die EU-Zulassung bekommen. Damit dürfte die Impfkampag­ne an Fahrt aufnehmen. Denn anders als der Biontech-Impfstoff stellen diese Vakzine weniger hohe Ansprüche an Kühlung und Transport. „Auch wir Hausärztin­nen und Hausärzte können demnächst in unseren Praxen impfen“, sagt Ulrich Weigeldt vom Deutschen Hausärztev­erband unserer Redaktion. „Und das wollen und werden wir auch, denn das Impfen gehört seit jeher zu unseren hausärztli­chen Basisaufga­ben.“Kanzlerin Angela Merkel sicherte erneut zu, die Corona-Impfungen schnell voranzubri­ngen. Wenn alles wie zugesagt erfolge, könne man es schaffen, „bis Ende des Sommers jedem Bürger ein Impfangebo­t zu machen“, bekräftigt­e die CDU-Politikeri­n. „Ich verstehe die Ungeduld“, sagte Merkel.

Mehr über die Schwierigk­eiten, einen Impftermin zu finden, lesen Sie auf Bayern. Auf der Seite Politik blicken wir auf verschiede­ne Länder und ihre aktuelle Corona-Lage. Lesen Sie außerdem den Kommentar von Christian Grimm.

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