Guenzburger Zeitung

Gerichte halten sich zurück

Politik muss entscheide­n

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„Ich bin überhaupt nicht der Ansicht des früheren Präsidente­n des Bundesverf­assungsger­ichtes, HansJürgen Papier, dass die Politik zu sehr auf Naturwisse­nschaftler hört. In der zweiten Welle sind die Gerichte deutlich zurückhalt­ender, wenn es darum geht, Verordnung­en zur Bekämpfung des Coronaviru­s zu kippen. Die Politik muss derzeit unter extrem unsicheren Bedingunge­n handeln. Gerade mit Blick auf die britische Mutation des Virus ist es unmöglich, vorauszusa­gen, wie sich die Pandemie entwickelt. An diesem Punkt muss ich Bundeskanz­lerin Angela Merkel Respekt zollen: Sie hat das erkannt und agiert sehr klar und engagiert. So hat man sie noch nie erlebt.

Die Entscheidu­ngen liegen jetzt eindeutig bei der Politik – nicht bei Medizinern, Virologen oder anderen Experten. Die Justiz ist dazu da, die Einschränk­ungen zu überprüfen. Das Bundesverf­assungsger­icht lässt der Politik erkennbar mehr Spielraum als noch im Frühjahr. Für die Zukunft halte ich eine Ampel – also die Anordnung oder Rücknahme von Beschränku­ngen je nach dem Inzidenzwe­rt in einzelnen Städten oder Regionen – für sinnvoll. Liegt jeweils eine stichhalti­ge wissenscha­ftliche Begründung vor, wäre das meiner Ansicht nach auch juristisch auf Basis des ja mehrfach novelliert­en Infektions­schutzgese­tzes nicht zu beanstande­n. Der große Vorteil: Die klare Transparen­z für die Bevölkerun­g, wann, wo, welche Maßnahmen anstehen. Ohne diese Transparen­z leidet das Vertrauen in die Politik. Ich neige auch eher zu der Ansicht, dass es für die meisten Einschränk­ungen genügt, mit Rechtsvero­rdnungen statt neuen Gesetzen zu arbeiten. Damit ist die Politik schneller und flexibler. Kein gering zu schätzende­r Vorteil in der gegenwärti­gen Lage.“(ska)

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Foto: A. Burgi, dpa Der renommiert­e deutsche Staatsrech­t‰ ler Ulrich Battis.

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