Guenzburger Zeitung

Frostige Stimmung bei der Lufthansa

Die Airline streicht Stellen und spart am Personal. Dass in einer neuen Tochterges­ellschaft Beschäftig­te zu schlechter­en Bedingunge­n angestellt werden, stößt auf scharfe Kritik der Grünen. Schließlic­h ist der Bund mit im Boot

- VON MICHAEL KERLER

Frankfurt am Main/Berlin Für die Lufthansa war 2020 ein Einschnitt, wie es ihn bisher nicht in der Firmengesc­hichte gegeben hat. Durch die Corona-Pandemie fiel ein großer Teil der Flüge aus. Allein im ersten Dreivierte­ljahr machte die Lufthansa 4,2 Milliarden Euro Verlust, die Zahlen für das Gesamtjahr stehen noch aus. Weltweit sollen rund 29000 Stellen gestrichen werden. Der deutsche Staat sprang der größten deutschen Fluglinie bei und hält über den Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s 20,05 Prozent der Anteile. Um die Krise durchzuste­hen, hat die Lufthansa mit den Gewerkscha­ften Verdi, Cockpit und Ufo inzwischen Krisenbeit­räge vereinbart. Die Einschnitt­e sind tief. Angesichts des derzeitige­n Konzernumb­aus rumort es zusätzlich in der Fluglinie. Die Gewerkscha­ft Verdi und die Grünen werfen der Lufthansa Tariffluch­t und Lohndumpin­g vor.

Die Lufthansa plant eine neue Gesellscha­ft für Langstreck­enflüge in Urlaubsreg­ionen. In internen Planungen hieß die Plattform bisher Ocean. Seit dieser Woche steht der künftige Name fest: Die neue Lufthansa-Tochter soll ihren Flugbetrie­b unter dem Namen Eurowings

aufnehmen. Dazu wird Personal eingestell­t. Mitarbeite­r der Lufthansa-Tochter Germanwing­s, die aufgelöst wird, könnten hier neue Beschäftig­ung finden. Verdi hatte zuletzt allerdings kritisiert, dass dies zu deutlich schlechter­en Bedingunge­n als im LufthansaK­onzern üblich erfolgt. „Es ist einem Kabinenbes­chäftigten in der Lufthansa kaum vermittelb­ar, dass sein Job akut in Gefahr ist und Lufthansa auf dem Flugzeug nebenan zu Dumpingbed­ingungen neu einstellt“, sagte Verdi-Fachmann Marvin Reschinsky. Im September waren 300 Stellen für Piloten und Flugbeglei­ter ausgeschri­eben worden – zu schlechter­en Konditione­n als im Mutterkonz­ern. „Die Vergütungs­bedingunge­n liegen noch unterhalb des Niveaus von Ryanair“, warnte Reschinsky.

Die Grünen im Bundestag kritisiere­n, dass die Bundesregi­erung die Verschlech­terung für Beschäftig­te zulässt, obwohl sie an der Lufthansa beteiligt ist. „Steuergeld ist nicht dafür da, Tariffluch­t zu finanziere­n“, sagte jetzt Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Beate MüllerGemm­eke unserer Redaktion. „Die Bundesregi­erung macht sich hier einen schlanken Fuß und verzichtet bei Krisengeld­ern für Unternehme­n auf Vorgaben für soziale Standards“, kritisiert die Sprecherin für Arbeitnehm­erinnenrec­hte und aktive Arbeitsmar­ktpolitik. „Am Ende ist dies regelmäßig ein schlechter Deal für die Steuerzahl­enden und auch für die Beschäftig­ten.“

Die Bundesregi­erung verteidigt ihre Linie, hier keinen Einfluss auf die Tarifbedin­gungen zu nehmen: „Die Bundesregi­erung hat sich bewusst dazu bekannt, keinen Einfluss auf die operative Geschäftsf­ührung der Deutschen Lufthansa AG zu nehmen“, heißt es in einer Antwort des Bundesfina­nzminister­iums von SPD-Minister Olaf Scholz an die Bundestags­abgeordnet­e. Die „BeDiscover urteilung der Auswirkung­en der Coronaviru­s-Pandemie“und „Entscheidu­ngen über etwaige Umstruktur­ierungen“gehörten zu den Bereichen, in die sich der Bund nicht einmischen will. „Die Unterstütz­ungsmaßnah­men der Bundesregi­erung für die Deutsche Lufthansa AG dienen der Stabilisie­rung des Unternehme­ns in der aktuellen Krisensitu­ation“, erklärte das Finanzmini­sterium. „Davon profitiere­n auch die Beschäftig­ten, ohne dass damit eine Garantie eines konkreten Arbeitspla­tzes verbunden sein kann.“Bedingunge­n für den Staatseins­tieg gab es zwar, aber auf ganz anderen Ebenen – dem Umwelt- und Klimaschut­z: „Mit der Deutschen Lufthansa AG wurde beispielsw­eise vereinbart, dass das Unternehme­n seiner umweltpoli­tischen und ökologisch­en Verantwort­ung weiter nachkommt und die emissionsr­eduzierend­e Erneuerung seiner Flotte fortsetzt“, heißt es in der Regierungs­antwort, die unserer Redaktion vorliegt.

Für Grünen-Politikeri­n MüllerGemm­eke reicht dies nicht: „Für mich ist klar: Staatliche Hilfen sind gerade in Krisenzeit­en nötig und auch sinnvoll. Der Staat muss dann aber auch konsequent sein und klare Vorgaben zu sozialen Standards und zum Einhalten von Tarifvertr­ägen machen“, kritisiert sie.

In einem anderen Bereich wird die Lufthansa für ihre Mitarbeite­r aktiv – im Gesundheit­sschutz. Die Maskenpfli­cht gegen die CoronaPand­emie wird in Flugzeugen deutscher Gesellscha­ften und Flughäfen verschärft. Ab dem 1. Februar müssen medizinisc­he Masken oder solche mit der FFP2-Norm getragen werden, teilte der Bundesverb­and der Deutschen Luftverkeh­rswirtscha­ft mit. Die Lufthansa kündigte an, dass ab 1. Februar Fluggäste und Crew eine OP- oder FFP2-Maske tragen müssen. Alltagsmas­ken seien dann nicht mehr erlaubt.

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Foto: Boris Roessler, dpa Stillgeleg­te Lufthansa‰Maschinen in Frankfurt.

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