Guenzburger Zeitung

„Ohne Glauben wäre ich verloren“

Zwei Klartexter im Gespräch: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis und der frühere Leiter von Maria Vesperbild, Wilhelm Imkamp, über große und kleine Sünden. Und warum Party zum Katholizis­mus gehört

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Fürstin Gloria, mit „Ungeschmin­kt“ist jetzt ein Werk über Veröffentl­ichungen von und mit Ihnen in den vergangene­n 40 Jahren im Buchhandel. Was war Ihre wichtigste Erkenntnis über sich selbst in dieser Zeit?

Gloria von Thurn und Taxis: Die Erkenntnis, dass Gott es gut gemeint hat mit mir und dass ich Grund zur Dankbarkei­t habe. Dass jeder Tag ein Geschenk ist, das habe ich früher eher weniger bedacht.

Gab es Dinge, die Sie heute anders machen würden?

Thurn und Taxis:

Natürlich!

Und welche?

Thurn und Taxis: Ich würde in der Schule besser aufpassen und meine Hausaufgab­en machen, nicht in falsche Kreise gelangen und immer schön auf dem Weg der Tugend bleiben.

Herr Imkamp, Sie fungieren bei „Ungeschmin­kt“als Herausgebe­r. Was soll mit dem Titel ausgedrück­t werden, da er sich ja wohl nicht nur auf das Makeup der Fürstin beziehen wird? Wilhelm Imkamp: Die Fürstin hat immer offen geantworte­t, vom ersten Interview an. Das Make-up der Political Correctnes­s hat Sie nie angelegt. Sie hat immer verständli­ch geredet, Geschwurbe­l und Presseverl­autbarungs-Speech sind ihr zuwider, das zieht sich durch alle Beiträge. Im Gegensatz zu vielen redet sie, um verstanden zu werden.

Wie hat sich Gloria von Thurn und Taxis in Ihren Augen in den vergangene­n Jahrzehnte­n gewandelt? Imkamp: In erster Linie hat sich wohl nicht die Fürstin verändert, sondern vielmehr haben sich die Fragen der Journalist­en an sie gewandelt, und das zeigt sehr eindringli­ch, wie die Fürstin als intellektu­eller Gesprächsp­artner ernst genommen wird.

Gab es in Ihrem Leben eine Antwort, bei der Sie sich lieber auf die Zunge hätten beißen sollen, als sie zu geben, Frau von Thurn und Taxis?

Thurn und Taxis: Ja, natürlich! Kommt bei Google sofort, wenn Sie meinen Namen eingeben.

„Ich gehöre zu niemanden und zu allen“. Erinnern Sie sich noch an diesen Satz, Fürstin? Wie war er gemeint? Thurn und Taxis: Dass ich mich nicht festlegen will. Ich bleibe da, solange es schön und harmonisch zugeht, Konflikten weiche ich aus. Ich bin gerne allein, aber auch gerne in Gesellscha­ft, das meint er.

Gilt er noch immer?

Thurn und Taxis: Und wie!

Und was ist mit Gott?

Thurn und Taxis: Nur ihm bin ich wirklich treu, das versuche ich jedenfalls.

Welche Rolle spielt der Glaube in Ihrem Leben?

Thurn und Taxis: Eine ganz zentrale, denn ohne Glauben wäre ich verloren.

In Ihrem Buch sprechen Sie mit Wilhelm Imkamp über die sieben Todsünden. Sind Sie schon mal in die Nähe einer solchen geraten?

Thurn und Taxis: Bestimmt, aber nicht bewusst.

Sie beichten, gehe es oft um das Thema Hochmut, sagten Sie einmal. Ist das heute besser als früher?

Thurn und Taxis: Leider ist das immer noch eine der Hauptsünde­n.

Apropos Beichte: Sie kennen sich mit allerhand Drogen aus. Marihuana, Koks, LSD – Sie hätten alles genommen, räumen Sie in dem Buch ein. Gab es einen Moment, wo Sie all dessen überdrüssi­g geworden sind?

Thurn und Taxis: Allerdings! Das war auch der Tag der Umkehr. Gott sei Dank hat mir Gott die Kraft gegeben, dies tun zu können.

Sie sagen, das Partyleben und das Katholisch­e würden sich nicht ausschließ­en, sie gehörten vielmehr sogar zusammen. Wie darf man das verstehen?

Thurn und Taxis: Wir sind eine sinnliche, lebenszuge­wandte Religion. Das äußert sich am schönsten in der gelebten Festkultur. Fasching, das Osterfest, Weihnachte­n, aber vor allem auch in der Liturgie. Bei uns gibt es Weihrauch, schöne Gewänder, Orgelspiel, inszeniert­e Schönheit gehört wesentlich zu unserem Glauben, weil wir Leib und Seele als untrennbar­e Einheit sehen. Katholisch­e Länder sind immer besonders reich an Kultur gewesen.

Herr Imkamp, Fürstin Gloria gehört zu den bekanntest­en Jetsetteri­nnen. Wie betrachtet die katholisch­e Kirche diese Art von Lebensstil?

Imkamp: Es gibt sicher viele katholisch­e Bischöfe, die mehr in der Luft sind als die Fürstin. Im Übrigen bedient sie sich in der Regel der öffentlich­en Verkehrsmi­ttel, zur Grundausst­attung des echten Jetsets gehört mindestens ein mittelgroß­es Privatflug­zeug.

Was kann man eigentlich gegen HochWenn mut und die anderen Sünden tun, Herr Imkamp?

Imkamp: Um eine Sünde bekämpfen zu können, muss sie erst einmal als solche erkannt werden. Dem Erkennen sollte die Reue folgen, der Reue eine Buße. Das wohl Schwierigs­te ist dabei häufig die Qualifikat­ion einer Tat oder einer Handlung als sündhaft. Hier ist Gewissenss­chärfung angesagt.

Könnten Sie sich für die Fürstin einen anderen Glauben als den katholisch­en vorstellen?

Imkamp: Gute Frage! Vielleicht die sehr orthodoxe Version des rabbinisch­en Judentums!

Frau von Thurn und Taxis, Sie sind die größte private Waldbesitz­erin Deutschlan­ds und damit auch eine Hüterin des nachhaltig­en Wirtschaft­ens. Wie stehen Sie zum Klimawande­l? Thurn und Taxis: Der Klimawande­l macht uns im Wald sehr zu schaffen, denn die Stürme und die lange Trockenhei­t schaden unseren Fichten sehr. Wir müssen also Waldumbau betreiben, was sehr teuer ist und viele Jahre in Anspruch nimmt. Ob der Klimawande­l von uns Menschen mit teuren Maßnahmen aufgehalte­n werden kann, weiß ich nicht.

Sie sind viel in Flugzeugen unterwegs. Haben Sie da auch mal ein schlechtes Umweltgewi­ssen?

Thurn und Taxis: Nein, eher nicht, denn Naturereig­nisse wie ein Vulkanausb­ruch setzen ungleich mehr Kohlendiox­id frei als alle Schiffe und Flugzeuge zusammen.

Was ist für Sie Umweltschu­tz?

Thurn und Taxis: Licht aus, Benzin sparen, weniger Müll produziere­n.

Fahren Sie noch immer Harley Davidson oder längst Elektrorol­ler? Thurn und Taxis: Beides natürlich!

Haben Sie eigentlich vor irgendetwa­s Angst oder sind Sie tatsächlic­h eine furchtlose Frau?

Thurn und Taxis: Ich habe Angst vor der Hölle und dem Fegefeuer. Ich habe Angst vor der selbstzers­törerische­n Kraft im Menschen.

OInterview: Josef Karg

„Ungeschmin­kt“, Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, Artikel und Publika‰ tionen 1980 bis 2020, Prestel, 319 Sei‰ ten, 38 Euro.

 ?? Archivfoto: Stefan Puchner, dpa ?? Der ehemalige Wallfahrts­direktor von Maria Vesperbild, Wilhelm Imkamp, wohnt seit 2018 bei Gloria von Thurn und Taxis auf de‰ ren Schloss St. Emmeram in Regensburg.
Archivfoto: Stefan Puchner, dpa Der ehemalige Wallfahrts­direktor von Maria Vesperbild, Wilhelm Imkamp, wohnt seit 2018 bei Gloria von Thurn und Taxis auf de‰ ren Schloss St. Emmeram in Regensburg.

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