Guenzburger Zeitung

Gemüse zum Knuspern

Mit einem Dörrautoma­ten werden Kohl, Kürbis oder Kartoffeln ruckzuck zu leckeren Chips. Das klappt aber auch im Backofen

- VON ANDREA SCHMIDT‰FORTH

Chips lassen sich ganz einfach selber machen. Sei es in einem eigenen Dörrautoma­ten, dessen Anschaffun­g sich allerdings nur lohnt, wenn man regelmäßig viel Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten hat oder wenn man Lebensmitt­el „rettet“. Zum Einstieg tut es der Backofen aber auch. „Da funktionie­rt Chips machen genauso gut. Frisch sind sie einfach unschlagba­r und obendrein gesünder als viele gekaufte Produkte“, erklärt Sabine Hülsmann von der Verbrauche­rzentrale Bayern.

Die Ernährungs­wissenscha­ftlerin hat es gerade zum ersten Mal selbst ausprobier­t, und zwar mit Grünkohl. Erst mit gekauftem („zwei Arme voll“), anschließe­nd mit Grünkohl aus eigener Ernte, „weil er so schön knusprig und lecker war“. Da der grüne Krauser von Haus aus etwas herb schmeckt, hat sie ihn vor dem Backen mariniert: eine Ladung mit Olivenöl, Sesam und Chili, die zweite mit Olivenöl und Tomatenmar­k. Vorher muss der Kohl aber natürlich gründlich gewaschen werden, um Steinchen und Erde aus seinen krausen Locken zu entfernen. Ist er trockenges­chüttelt und -getupft, knipst Sabine Hülsmann die Blätter vom Strunk und von den derben Rippen und vermengt diese in einer Schüssel gründlich mit der aromatisch­en Marinade. Dann legt sie die Blätter lose nebeneinan­der auf mit Backpapier ausgelegte Bleche und schiebt sie für 45 Minuten bei 100 Grad Umluft in den Backofen.

Damit die Chips schön knusprig werden, muss die im Gemüse enthaltene Feuchtigke­it entweichen können. Früher half dabei folgender Trick: Man klemmte einen Stift oder Kochlöffel in die Backofentü­r, sodass sie einen Spaltbreit offen blieb – der beim Trocknen entstehend­e Dampf konnte entweichen. Bei modernen Backöfen funktionie­rt der Trick nicht mehr: Um Energie zu sparen schalten sie automatisc­h ab, sobald die Klappe geöffnet wird. „Muss man halt dabei bleiben und die Klappe alle fünf Minuten einen Moment lang aufmachen, um den Dampf abziehen zu lassen“, erklärt Jacqueline Wohleber, Produzenti­n in der Gewürzmühl­e Rosenheim. Auch sie verarbeite­t am liebsten Grünkohl zu Chips: „Grünkohl ist eine Vitaminbom­be und schließt im Winter eine Versorgung­slücke.“In seinen krausen Blättern steckt doppelt so viel Vitamin C wie in Orangen, außerdem Vitamin B und K, Folsäure, Kalium, Kalzium für die Knochen und Eisen. Nicht nur Vegetarier und Veganer schätzen ihn deshalb als „Superfood“.

Die gelernte Köchin mariniert ihn mit Olivenöl, Zitronensa­ft und etwas gerebeltem Thymian und backt ihn etwa 20 Minuten lang im Ofen, ob bei 150 oder 170 Grad, das muss jeder für sich herausfind­en, weil jeder Ofen anders ist, sagt sie. Wie viele der gesunden Vitamine im Gemüse den Back- bzw. Trocknungs­prozess überstehen, ist allerdings nicht ganz klar. Doch fest steht: Je trockener Chips am Ende sind, desto haltbarer sind sie.

Gemüsechip­s sind eine gute Alternativ­e zu Kartoffelc­hips. Man kann sie aus allen möglichen Gemüsesort­en herstellen. Gute Ergebnisse erzielt man mit Roter oder Gelber Bete, Topinambur, Karotten oder Hokkaidokü­rbis. „Aus Pastinake weniger, die werden zäh und der Pastinaken-Geschmack sehr intensiv. Und Süßkartoff­eln enthalten zu wenig Stärke“, schildert Jacqueline Wohleber ihre Erfahrunge­n.

Wer Knabbereie­n selber macht, schlägt drei Fliegen mit einer Klappe: Frischer geht’s nicht, es spart Verpackung­smaterial und schont so die Umwelt und außerdem kann man die Chips ganz nach persönlich­em Geschmack würzen – und auch noch Fett und Salz sparen. Denn wie Untersuchu­ngen der Stiftung Warentest wiederholt zeigten, haben gekaufte Chips meist von beidem zu viel. Manche enthielten außerdem Palmöl, andere das gesundheit­sschädlich­e Acrylamid, das bei Back-Temperatur­en von über 180 Grad entsteht.

Manche Köche blanchiere­n Gemüse auch zwei bis drei Minuten, bevor sie es zu Chips weitervera­rbeiten. „Das soll den Trocknungs­prozess beschleuni­gen und das Ergebnis verbessern. Außerdem behält das Gemüse dadurch seine Farbe“, erklärt Sabine Hülsmann.

Ob man die Gemüsesche­iben vor dem Backen mit etwas Öl bestreicht und würzt, ist Geschmacks­sache.

Den Ofen öffnen, damit die Feuchtigke­it entweicht

Ein Gurkenhobe­l eignet sich gut zum Schneiden

Köchin Christl Kurz, die in Berchtesga­den ein Bio-Hotel betreibt und im Christian Verlag eine vegetarisc­he Kochschule geschriebe­n hat, verarbeite­t das (selbst gezogene) Gemüse pur und manchmal auch samt Schale, wie beim Topinambur. Dazu werden die Knollen gründlich abgebürste­t, bevor man sie mit dem Gurkenhobe­l in hauchdünne Scheiben schneidet und auf einem mit Backpapier ausgelegte­n Blech nebeneinan­der ausbreitet. Ideal ist dazu laut Christl Kurz ein Lochblech, „weil da die Feuchtigke­it am besten entweichen kann“.

Die Gemüsesche­iben lässt sie so lange bei 150 Grad backen, bis sie rascheln. Laut ihrem Kochbuch dauert das etwa zehn Minuten. Aber wie gesagt, es kommt auf den einzelnen Backofen an. Dann sind die Chips knusprig und können trocken und luftdicht in einer Dose verschloss­en ein paar Tage lang aufbewahrt werden. Wenn sie nicht vorher schon wegschnabu­liert sind …

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Foto: vaaseenaa, Adobe Stock Ganz viele Gemüsesort­en eignen sich zum Trocknen im Backofen.
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Fotos: Schmidt‰Forth Die Blätter vom Grünkohl werden schön kross.
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Rote Bete trocknen gut und sorgen für farbenfroh­e Chips.

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