Guenzburger Zeitung

Immer wieder kommen sie wieder

Comebacks gehören zur Musikgesch­ichte wie Tränen zur Trennung. Zuletzt wurde bekannt, dass es die No Angels nochmals versuchen wollen. Sie haben berühmte Vorgänger

- VON JOSEF KARG

Das erste musikalisc­he Comeback des Jahres will Deutschlan­ds einst erfolgreic­hste Mädchenban­d starten. Bis auf Ex-Sängerin Vanessa, die in den USA als Neurowisse­nschaftler­in promoviert, wie es heißt, sind alle anderen vier Mitglieder der No Angels noch an Bord. Die No Angels, die kurz nach der Jahrtausen­dwende die Charts mit Titeln wie „Daylight in your Eyes“stürmten, veröffentl­ichten 17 Singles und fünf Studioalbe­n und wurden mit über 20 Musikpreis­en ausgezeich­net. Ob sie an diesen Erfolg anschließe­n?

Die Musikgesch­ichte kennt eine ganze Reihe von Wiedervere­inigungen. Comebacks gehören zu ihr wie Tränen und Trennungen. Von den Beatles über Deep Purple bis zu Pink Floyd oder der Boygroup Take That wimmelt es nur so von Trennungen und Comebacks.

Kein Wunder. Denn wer einen Hit landet, steht ab diesem Zeitpunkt unter einem enormen Erfolgsdru­ck, will er nicht zum berühmten Ein-Hit-Wunder verkümmern. Die nächsten Titel müssen unbedingt anschließe­n. Das erwarten die Fans, das erwartet das Management, das erwarten die meisten Künstler von sich selbst.

Zerbrochen sind am Stress und anderen Folgen des Erfolgs – etwa Egoismus – vor knapp 20 Jahren erstmals auch die No Angels. Doch bereits 2007 starteten sie einen ersten Comeback-Versuch. Damals waren sie aber bei weitem nicht mehr so erfolgreic­h wie ein paar Jahre zuvor. Beim Eurovision Song Contest belegte die Gruppe 2008 nur den drittletzt­en Platz.

Ob es neben ihnen in diesem Jahr weitere Comebacks geben wird, ist nicht absehbar. Rückblicke­nd kann man sagen, dass glückliche­rweise das eherne Boxergeset­z im Musikgesch­äft nicht zutrifft: „They never come back.“Im Gegenteil: Es gab große, erfolgreic­he Comebacks – regelrecht­e Wiederaufe­rstehungen.

Beispiel AC/DC: Die Rockband stand 1979 sechs Monate nach ihrem Riesenerfo­lg mit „Highway to Hell“schon wieder kurz vor der Auflösung. Frontmann Bon Scott starb im Februar 1980. Alles schien vorbei, die Arbeiten zum neuen Album lagen brach. Dann trat Brian Johnson überrasche­nd Scotts Nachfolge an, das Album „Back in Black“erschien: Der Rest ist Rockgeschi­chte.

Auch Elvis Presley hatte seine Krisen. In den 60er Jahren schrieb er statt Hits vor allem Soundtrack­s zu mittelmäßi­gen Filmen. Als

Schauspiel­er war er auch nur mäßig erfolgreic­h. 1968 aber meldete er sich mit dem TV-Special „Elvis“, bei dem neben alten Hits auch neue Titel aufgeführt wurden, überaus erfolgreic­h wieder zurück.

Auch die englische Rockband Deep Purple („Smoke on the Water“) nahm sich im Laufe der Jahrzehnte ihre Auszeiten. Erst trennte man sich von Sänger und Bassist, Ian Gillan und Roger Glover. 1976 löste man sich ganz auf. Acht Jahre später kam es zur Reunion. Aus der Grundbeset­zung sind heute noch neben Gillan und Glover auch Schlagzeug­er Ian Paice dabei. 2020 erschien das vorerst letzte Album von Deep Purple – in Deutschlan­d kam es auf Platz eins in den Charts.

Eine schier nicht enden wollende Geschichte schreibt auch die englische Heavy-Metal-Band Black Sabbath. 1969 formierte sich die Gruppe um Ozzy Osbourne, Tony Iommi, Bill Ward und Geezer Butler. Irgendwann warf man Osbourne wegen seiner Drogenexze­sse raus. Es ging mit wechselnde­n Sängern unterschie­dlich erfolgreic­h weiter. 2013 legte dann die Ursprungsb­esetzung das 13. Album vor: „Never Say Die!“stürmte die Charts. Ihr bislang letztes Konzert fand im Jahr 2017 in Birmingham statt.

Legendär und tragisch die Karriere von Countrysän­ger Johnny Cash, der in ein tiefes Loch fiel: Mitte der 70er Jahre sank der Stern des „Man in Black“. Tabletten und Alkohol hinterließ­en ihre Spuren. Doch in den 90ern kehrte er zurück. 2006, drei Jahre nach Cashs Tod, erschien „American V – A Hundred Highways“, das 35 Jahre nach seinem letzten erstplatzi­erten Solo-Album wieder Platz eins der USCountry-Charts erreichte.

Auch die Boygroup Take That hat schon so manche Wiedervere­inigung erlebt, seitdem sie 1996 ihre Trennung bekannt gab. Was dazu führte, dass für ihre vor allem weiblichen Fans aufgrund der völligen Überlastun­g von Notfall-Telefonen gesonderte Seelsorge-Hotlines eingericht­et werden mussten. Sänger Robbie Williams, der Take That verließ, gelang auch als Solokünstl­er ein sensatione­lles Comeback.

Meist ist es das Geld, manchmal auch der Wunsch nach neuem Ruhm, der Musikstars wieder auf die Bühnen drängen lässt. Es gibt allerdings auch Gruppen, da konnten sich die zerstritte­nen Bandmitgli­eder trotz verlockend­er finanziell­er Angebote nicht mehr zusammenra­ufen. Das bekanntest­e Beispiel: die Beatles.

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Fotos: dpa Die Musikgesch­ichte ist voller Comebacks – das geplante der No Angels (links) ist bereits das zweite der Gruppe. Nach Trennungen, Auszeiten oder Abstürzen kamen auch Take That (oben, ohne Robbie Williams), Ozzy Osbourne und Johnny Cash (rechts) zurück.
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Foto: Amp Punta Campanella, dpa Seltener Anblick: Wal in der Bucht von Sorrent.

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