Guenzburger Zeitung

„Wir Reiter jammern auf hohem Niveau“

Wie der RFV Jettingen mit der Krise umgeht

-

Wie gehen Sie beim RFV Jettingen mit dem aufgrund der Pandemie verhängten Sportverbo­t um, Herr Vogel? Anton Vogel: Die Vorgaben halten wir sehr strikt ein. Wir haben ja eine Verantwort­ung – nicht nur für die Reiter, sondern für das Problem an sich.

Und wie schwer ist es, die Vorgaben im Verein umzusetzen beziehungs­weise Grenzübert­retungen zu maßregeln? Vogel: Einzelne muss man durchaus manchmal mahnen, langsam zu machen. Ich verstehe ja auch, dass jeder Reiter aufs Pferd will. Da müssen wir schon sehr genau darauf achten, dass das Training nicht ausartet. Aber wenn man es genau nimmt, muss man auch sagen: Wir Reiter jammern auf hohem Niveau. Denn wir sind immer noch privilegie­rt gegenüber vielen anderen Sportarten.

Zumal ganz normale Mitglieder Ihres Vereins eigentlich gar nicht so viel umstellen müssen, oder?

Vogel: Tatsächlic­h bewegen viele Reiter ihre Tiere einfach unveränder­t weiter, weil es bei ihnen keinen Unterschie­d macht – sofern sie die wichtigste­n Vorschrift­en beachten, also dass sie sich so kurz wie möglich auf der Anlage aufhalten und nur das unbedingt Notwendige mit den Pferden ausüben. Aber das geht für Hobbyreite­r recht einfach. Dann reite ich halt mal ein bisschen weniger als eine Stunde und natürlich nicht in der Gruppe.

Sportlich ambitionie­rte Reiter allerdings dürften kaum damit zufrieden sein, ihre Tiere notzubeweg­en, wie es in den Vorgaben sperrig heißt.

Vogel: Sportpferd­e müssen natürlich auch im Training gehalten werden. Und schon bewegen wir uns in Sachen PandemieAu­flagen auf der gefährlich­en Kante. Der eine sagt, was er macht, ist Notbewegen, der andere meint, wenn er sein Pensum von 100 Sprüngen auf 20 reduziert, ist das auch schon Not.

Beim Reitunterr­icht ist es einfach: Der ist verboten. Was sagen die Reitschüle­r dazu?

Vogel: Die Kinder, die hier im Schulbetri­eb reiten, jammern, dass sie keinen Kontakt mehr zum Pferd haben. Die fragen teilweise täglich, wann es endlich wieder weitergeht. Da spürt man, dass die Kinder total auf Entzug sind.

Und was passiert im Augenblick mit den insgesamt sechs Schulpferd­en in Ihrem Stall?

Vogel: Die müssen natürlich auch raus, obwohl der Unterricht gestrichen ist. Allein schon, weil wir als Verein dem Tierschutz­gesetz verpflicht­et sind. Das haben wir so geregelt, dass mehrere Leute, die fähig sind, selbststän­dig zu reiten, diese Pferde täglich und einzeln bewegen.

Wie kommt der RFV Jettingen eigentlich finanziell über die Runden? Vogel: Das dürfte derzeit für alle Sportverei­ne ein Thema sein. Höchst erfreulich ist, dass uns ein Mitglied, dessen Kinder hier reiten, spontan 1000 Euro Corona-Hilfe hat zukommen lassen. Von einer ortsansäss­igen Firma haben wir zu Weihnachte­n 500 Euro bekommen. Da waren wir natürlich sehr erfreut, weil das den finanziell­en Verlust ein wenig abfängt. Denn aus dem Schulbetri­eb fehlen uns netto 1500 Euro pro Monat. Dazu kommen die zwei im Sommer ausgefalle­nen Turniere. Die machen bestimmt 8000 Euro aus. Alles zusammen fehlen uns also um die 14 000 Euro.

Interview: Jan Kubica

OZur Person Anton Vogel ist seit fünf Jahren 2. Vorsitzend­er des Reit‰ und Fahrverein­s (RFV) Jettingen. Der 58‰Jähri‰ ge ist verheirate­t, hat zwei inzwischen volljährig­e Kinder und lebt in Jettingen.

 ??  ?? Anton Vogel
Anton Vogel

Newspapers in German

Newspapers from Germany