Guenzburger Zeitung

„Ein Allkämpfer gibt niemals auf!“

Einst war Fritz Kinzel Schüler von Jakob Beck. 2009 brachte er seine große Leidenscha­ft nach Rettenbach

- VON INES REITZ UND JAN KUBICA

Rettenbach Für den 52-jährigen Fritz Kinzel war 2020 ein mehr als besonderes Jahr. Seit 35 Jahren betreibt er nun Kampfsport. Der hat sich für ihn zu weit mehr als nur einem Hobby entwickelt.

1985 begann der damals 17-Jährige seine Karriere in der damals noch vergleichs­weise jungen Sportart Allkampf in Zusmarshau­sen. Zusätzlich trainierte er Taekwondo unter dem heutigen Großmeiste­r und Gründer des Allkampf-Jitsu-Systems, Jakob Beck (10. Dan), der aus Donauschwa­ben stammte und nach dem Zweiten Weltkrieg in Burgau eine neue Heimat gefunden hatte.

1989 ging Kinzel zur Polizei. Hier kamen die Sportarten Judo, Ju-Jutsu sowie Aikido hinzu. Die Trainer Josef Art, Peter Weidinger und Johannes Daxbacher vermittelt­en ihm Fachwissen, im polizeilic­hen Dienst sammelte er viele persönlich­e Erfahrunge­n.

Diese Kenntnisse vermittelt Kinzel nun seit mehr als 25 Jahren selbst – in seinen Kampfsport­schulen in Dinkelsche­rben, Agawang und Rettenbach. Als Behördentr­ainer und Ausbilder für Selbstvert­eidigung, Schießen und Einsatztra­ining bildete er in Königsbrun­n Generation­en junger Polizisten aus.

Kinzel begann, an Wettkämpfe­n und Meistersch­aften im Ju-Jutsu und Taekwondo, später auch im Allkampf-Jitsu und Kickboxen teilzunehm­en. 1991 gründete er mit befreundet­en Sportlern die Allkampfsc­hule in Horgau, erweiterte sein Repertoire um Bo-Jitsu und Jiu-Jitsu. Im März 1995 übernahm er schließlic­h eine Allkampfsc­hule. Sie war im kleinen Örtchen Steinekirc­h gelegen, einem Ortsteil von Zusmarshau­sen.

Die Schule war 1974 von Jakob Beck persönlich gegründet worden und ist somit die älteste Allkampfsc­hule Europas.

1996 erwarb Kinzel eine Kampfricht­erlizenz bei der Deutschen Allkampf Union (DAU), deren Zweiter Vorsitzend­er er seit 2003 ist. Ab 2000 entwickelt­e er eine neue Disziplin im Allkampf-Jitsu.

2004 dann wurde die bis heute bestehende Lehrstätte in Agawang eröffnet. 2008 wurde der Sport- und Selbstvert­eidigungsv­erein Agawang gegründet. Kinzel repräsenti­ert den Verein von Beginn an als Vorsitzend­er. Und er begann, in größeren Dimensione­n zu denken. Schließlic­h brachte er den Sport nach Rettenbach. 2009 wurde innerhalb des ortsansäss­igen FC Reflexa eine Abteilung für Allkampf-Jitsu und Aerokickka­rate eröffnet. Die hat sich seither prächtig entwickelt. Derzeit 60 Mitglieder stellen Kinzel „sehr zufrieden“.

2014 musste der Verein die ursprüngli­che Sportstätt­e in Steinekirc­h verlassen und nutzte die Gelegenhei­t, um seine Räumlichke­iten in ein neues Dojo nach Dinkelsche­rben zu verlegen. Nach 40-jährigem Bestehen des Dojo Steinekirc­h (1974 bis 2014) begann eine neue Ära.

Zu Beginn des neuen Jahrtausen­ds legte Kinzel die letzte praktisch absolvierb­are Prüfung zum 6. Dan und somit zum Großmeiste­r im Allkampf-Jitsu ab. Bereits fünf Jahre später wurde ihm von Jakob Beck und dem Budo Center Europa der 7. Dan verliehen – unter anderem wegen besonderer Verdienste für den Sport. 2016 wollte sich Kinzel nochmals beweisen und legte den 6. Dan auch im Jiu-Jitsu ab. 2019 folgten die nächsten Jubiläen für den Kampfsport­verein. Gefeiert wurden das 45-jährige Bestehen der Schule und das zehnjährig­e Bestehen der Abteilung in Rettenbach.

Was sich Kinzel für die Zeit nach der Corona-Krise wünscht? „Ich hoffe, ich kann diesen tollen Sport noch viele Jahre ausüben“, sagt er. Er möchte sein Wissen noch an viele Schüler weitergebe­n und die durch den Sport gewonnenen Freundscha­ften pflegen.

Auch im für den Amateurspo­rt so schwierige­n Jahr 2020 konnte der Schulleite­r auf seine Trainer und Mitglieder zählen. Online- und Outdoor-Trainingse­inheiten halfen den Mitglieder­n, fit zu bleiben. Offensicht­lich macht dieses Angebot trotz aller Einschränk­ungen Spaß: Die Rettenbach­er Abteilung hat im Zusammenha­ng mit der Pandemie laut Kinzel „kein einziges Mitglied verloren“.

Womöglich kommen sogar noch Neueinstei­ger dazu, hofft der Schulleite­r. Mit einem Schmunzeln erzählt er, dass die Eltern seiner jungen Sportler ausdrückli­ch zum Selbstvert­eidigungs-Training übers Internet eingeladen sind und einige diese Chance, einen neuen Sport zu entdecken, auch nutzen.

Für die nähere Zukunft hofft Kinzel, „dass alle gesund bleiben, wir bald wieder gemeinsam trainieren können und dass wir den Spaß und die Freude nicht verlieren.“Seinen Schützling­en gibt er eines mit auf den Weg: „Ein Allkämpfer gibt niemals auf!“

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Archivfoto: Allkampfsc­hule Kinzel Auch das gehört zum Repertoire des Allkampfs: Fritz Kinzel bei einem spektakulä­ren Bruchtest.

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