Guenzburger Zeitung

Wird Google in Australien bald abgeschalt­et?

Google und Facebook sollen ihre Werbeerlös­e mit Medienunte­rnehmen teilen. Das sieht ein geplantes Gesetz vor. Der Konzern droht nun mit Abschaltun­g der Suchmaschi­ne – und die Welt schaut gebannt auf das Land

- VON YANNICK DILLINGER

Canberra Netzpoliti­ker und Nachrichte­nanbieter weltweit blicken dieser Tage aufmerksam nach Australien: Die dortige Regierung lässt es gerade auf eine Machtprobe mit dem Internetgi­ganten Alphabet ankommen. Sie will den Quasi-Monopolist­en dazu zwingen, Medienhäus­ern Verwertung­sgebühren zu zahlen. Nur dann soll es Alphabet erlaubt bleiben, auf Google Zusammenfa­ssungen, Snippets genannt, von Fremdinhal­ten auf Suchergebn­isseiten anzuzeigen. Auch Facebook als Marktführe­r unter den sozialen Netzwerken steht diesbezügl­ich im Kreuzfeuer. Der Ausgang des Streits könnte die Netzökonom­ie und die Internetnu­tzung von Grund auf verändern. Zum Guten oder Schlechten? In dieser Frage gehen die Meinungen auseinande­r. Sowohl Alphabet als auch die australisc­he Regierung haben jedenfalls harte Bandagen angelegt.

Wer verstehen will, wieso der Streit um das geplante australisc­he Mediengese­tz so entscheide­nd für viele Internetnu­tzer sein kann, der

zunächst die Vormachtst­ellung und das Geschäftsm­odell von Google verstehen. Für mehr als 85 Prozent der Smartphone­nutzer weltweit ist die Suchmaschi­ne Google das Tor zum Internet. Hier finden sie Rat, wenn der Rücken zwickt. Hier bleiben sie auf dem Laufenden, wenn die Bundesliga spielt. Hier entdecken sie Zusammenfa­ssungen von Nachrichte­n, die Journalist­en und Blogger auf ihren Seiten veröffentl­ichen. Für GoogleNutz­er ist der News-Snack kostenlos – zumindest auf den ersten Blick.

Wer Google nutzt, zahlt mit Daten. Google analysiert das Such- und Bewegungsv­erhalten seiner Besucher, spielt darauf aufbauend personalis­ierte Werbung und bezahlte Suchergebn­isse ein und verdient damit Milliarden. So schlau, so legal: Auch Nachrichte­nseiten analysiere­n das Verhalten ihrer Nutzer, um ihnen maßgeschne­iderte Inhalte und Werbung auszuspiel­en. Allerdings – und das ist der Unterschie­d, auf den die Australier gerade abheben: Sie bauen ihr Geschäftsm­odell auf eigens hergestell­ten Inhalten auf.

Google ist mit seinem Geschäfts

so erfolgreic­h wie kein anderer Mitspieler, die Marktmacht ist erdrückend: Trotz der Sperrung aller Googledien­ste im bevölkerun­gsreichen China ist der Abstand auf die mobil am zweithäufi­gsten genutzte Suchmaschi­ne Baidu aus China riesig (zehn Prozent Marktantei­l). Auf Platz drei folgt abgeschlag­en Bing (1,51 Prozent Marktantei­l). Der Marktantei­l der weiteren Konkurrent­en liegt jeweils unter einem Prozent. „The winner takes it all“: In kaum einem anderen Feld gilt dieses Prinzip so gnadenlos wie im Suchmaschi­nen-Wettbewerb.

Betreiber von Webseiten wiederum investiere­n viel Kraft, um ihre Inhalte für Google interessan­t zu machen. Was ein Webseiten-Betrieb ohne die Weiterleit­ung von GoogleBesu­chern bedeutet, erleben gerade der Sydney Morning Herald und die australisc­he Version des Guardian: Aus Protest gegen die Pläne der Regierung hat Google Nachrichte­n dieser und weiterer Medien kurzerhand aus ihrem Index genommen. Während Experten das als Erpressung­sversuch des Internetgi­ganten werten, nennt der das lediglich „ein Exsollte periment, das nur wenige Nutzer betrifft“.

Klein beigeben wird Google in diesem Streit jedenfalls nicht, das hat die für Australien und Neuseeland zuständige Managerin Mel Silva bei einer Anhörung im australisc­hen Senat schon mal deutlich gemacht: „Sollte diese Fassung der Medienrich­tlinie Gesetz werden, dann hätten wir wirklich keine andere Wahl, als die Google-Suchfunkti­on in Australien nicht mehr zugänglich zu machen“, sagte sie. Besonders umstritten ist ein Passus in dem geplanten Gesetz, der ein verpflicht­endes Schlichtun­gsverfahre­n vorsieht, wenn Google und Facebook sich mit den Verlagen nicht binnen drei Monaten über die Höhe der Nutzungsen­tgelte einigen können.

Aber auch die Gegenseite ist wild entschloss­en: „Australien legt die Regeln fest für das, was man in Australien tun darf. Das geschieht in unserem Parlament“, sagte der Premodell mierminist­er Scott Morrison. „So läuft das hier in Australien.“

Google möchte mit seiner harten Haltung auch ein Signal in andere Teile der Welt senden. Zum Beispiel nach Europa, wo seit Jahren ebenfalls ein Streit um die entgeltfre­ie Darstellun­g von Fremdinhal­ten durch Google tobt. Netzpoliti­ker und Verlage pochen – analog zu Australien – auf eine obligatori­sche Verwertung­sgebühr für Nachrichte­nurheber. Bislang aber noch ohne Erfolg. Unter anderem argumentie­ren die Gegner mit einem Grundrecht auf Informatio­n. Zudem könne jeder Webseiten-Betreiber technisch ausschließ­en, dass Google die eigenen Inhalte in seinen Index aufnehme. Laut Mathias Döpfner, Vorstandsv­orsitzende­r von Axel Springer und Präsident des Bundesverb­andes Digitalpub­lisher und Zeitungsve­rleger e.V. (BDZV), wäre ein europaweit geltendes Urheberrec­ht allerdings Grundbedin­gung dafür, „dass die besten Journalist­en ihre Arbeit auch digital anbieten wollen“. Und so wird auch Mathias Döpfner dieser Tage sicherlich aufmerksam nach Australien blicken.

Manche Politiker sprechen bereits von „Erpressung“

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Foto: Christoph Dernbach, dpa Google verdient Milliarden mit Onlinewerb­ung. Nun steht das marktbeher­rschende Unternehme­n immer mehr in der Kritik.

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